Das Thema der Friedhofserweiterung an der Thanner Straße inklusive einer Aussegnungshalle trägt die Marktgemeinde laut Bürgermeister Olaf von Löwis “schon lange mit sich”. Ein Mitarbeiter aus dem Rathaus gibt auf der Gemeinderatsitzung am Dienstag einen Überblick über die Planungen in der Vergangenheit.
Rückblick
1994 wurde ein Ideen- und Realisierungswettbewerb für den Friedhof mit einer Aussegnungshalle durchgeführt, den der Landschaftsarchitekt Prof. Michael Gaenßler gewann. Drei Urnengräber, fünf Erdbestattungsgrabfelder, ein Parkplatz mit 25 Stellplätzen sowie ein Wirtschaftshof und ein Nebengebäude wurden im ersten Bauabschnitt verwirklicht.
2007 und 2014 kamen Urnenwände hinzu und ein Gemeinschaftsgrabfeld für anonyme Bestattungen wurde angelegt. Anonyme Bestattungen finden ohne das Beisein von Angehörigen und Freunden statt. Diese können auch nach der Beerdigung nicht ausfindig machen, wo der Verstorbene begraben wurde. “Einige Bürger möchten ihren Verwandten nicht zur Last fallen und wünschen deshalb eine anonyme Bestattung”, so Landschaftsarchitekt Wolfgang Ritz, der ebenfalls an der Erweiterung des Friedhofs beteiligt ist.
2007 kam die Aussegnungshalle dann wieder ins Gespräch, konnte aus finanziellen Gründen jedoch nicht verwirklicht werden. Letztes Jahr im Januar dann der Beschluss, den nördlichen Bereich des Nebengebäudes zumindest zu überdachen. Denn Trauergemeinden müssen derzeit auf dem Parkplatz stehen. Im August 2015 entschied sich der Gemeinderat jedoch wieder gegen die provisorische Überdachung und beschloss, sich der Verwirklichung einer Aussegnungshalle und einer Erweiterung des Friedhofs zu widmen – und für diese wird es allerhöchste Zeit, denn der Bedarf ist groß. Aktuell verfüge der Friedhof über sechs Urnenerdgräber, 49 Urnennischen und 110 Erdgräber, erklärt der Mitarbeiter. Platz brauche man im Jahr für insgesamt 40 Urnenbestattungen und 50 Erdbestattungen.
Bestattung mit Panoramablick
Zudem wünschen sich immer mehr Holzkirchner ein Grab auf dem Friedhof in der Thanner Straße. Mehr als eine Bestattung auf dem alten Friedhof am Oskar-von-Miller-Platz. Das sei etwas ungewöhnlich, so Ritz. Normalerweise würden die Leute gerne im Zentrum bestattet werden. Doch “der sagenhafte Blick zu den Bergen” an der Thanner Straße spreche für sich. Irmi Ammer (SPD) nannte ein Grab auf dem neuen Friedhof:
Die letzte Wohnung mit Bergblick. Die Lage ist etwas Besonderes.
Die schöne Natur und der Panoramablick sind auch Teil des neuen Konzeptes. Zur Steindlallee Richtung Süd-Osten soll der neue Friedhof erweitert werden. Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der einzelnen Fraktionen, verschiedenen Konfessionen, der beiden Landschaftsarchitekten und Mitarbeiter aus dem Bauhof erarbeiteten einen Entwurf. Laut Gaenßler wurde der neue Friedhof strahlenförmig geplant, sodass die Landschaft und der Panoramablick südlich bei Bestattungen vor einem liegen. Ritz erklärte, dass Schatten auf Friedhöfen zwar immer wichtig sei, um auch in den heißen Monaten hier verweilen zu können, trotzdem wolle man einen freien Blick. Deshalb möchten die Landschaftsarchitekten die Bäume als Art Korridor anordnen.
Im Norden soll dann die 148 Quadratmeter große Aussegnungshalle in elliptischer Form plus einer Sakristei entstehen. In der Halle werden zirka 100 Leute Platz finden. Der Feierplatz davor soll überdacht werden (230 Quadratmeter). Den Weg vom Vorplatz zum Friedhof soll man laut Gaenßler “als Schwelle” empfinden. Es sei wichtig zu spüren, wo die Welt aufhöre und die Welt anfange, so der Landschaftsarchitekt. Im Osten und Westen kommen zwei schlichte, schmiedeeiserne Tore. Gaenßler erklärt:
Ziel ist es, nicht den Bau als Konzept zu sehen, sondern eine Reduzierung auf einfache Formen und Materialien. Wir haben den Friedhof nicht vergoldet. Es soll ein schlichter Bau werden, der sich zurückhält.
Auch das Sternchengrab, ein Ort an dem man verstorbenen oder totgeborenen Kindern gedenkt, soll nicht kitschig werden und die Besinnung stören. Der Bereich soll eine Stele bekommen und durch eine Hecke und Bänke abgegrenzt werden. In der Mitte will man ein Blumenfeld pflanzen. Zudem sollen im Zuge der Erweiterung neue Urnenwände, ein Feld für Erdbestattungen mit Grabpflegeverpflichtung und ein Feld für Wiesengräber entstehen. Diese seien günstiger und pflegefrei, so Ritz. Der Trend gehe derzeit hin zu Urnenbestattungen, weiß der Landschaftsarchitekt. Deswegen wollen die Planer einen Bereich etablieren, in dem verschiedene Formen der Urnenbestattungen möglich sind. Ritz betont:
Naturbestattungen wie Baum- oder Wiesenbestattungen sind derzeit sehr gefragt. Sie liegen in einem natürlichen Umfeld und der Pflegeaufwand ist minimal. Das wird ein Thema sein, was kommt.
Volle Flexibilität sei in einer Zeit, in der Individualismus immer mehr an Bedeutung gewinne auch für die Gemeinde wichtig, so Ritz.
Muslimische Gräber Richtung Mekka
Ebenfalls neu hinzu, soll ein Feld für muslimische Bestattungen inklusive ritueller Waschungen kommen. Die Ausrichtung der Gräber erfolgt Richtung Mekka. “Es gibt eine App, die anzeigt wo Mekka liegt, die haben wir uns natürlich auch runtergeladen”, lacht Ritz. Des Weiteren soll der Parkplatz um 20 Stellplätze erweitert werden. Der Architekt erklärt:
Der Weg zur Steindlalle ist hoch frequentiert und Viele parken vor dem Friedhof. Außerhalb des Friedhofs sind zwei Bänke geplant, die doppelt genutzt werden können – von Spaziergängern und Besuchern.
Martina Neldel (Grüne) freute sich über die “konstruktive Umsetzung” und wünschte sich im Namen der Fraktion, dass die Erweiterung “auf den Weg gebracht wird”. Elisabeth Dasch (SPD) gefiel vor allem die Flexibilität des neuen Friedhofs gut. Hubert Müller (FWG) war der Meinung, dass die Gemeinde nun “Geld für eine würdige Aussegnungshalle” in die Hand nehmen müsse.
Das muss die Gemeinde im Zuge der Erweiterung wirklich. Zirka 2,2 Millionen Euro kostet das Projekt insgesamt. Irmi Ammer (SPD) habe laut eigener Aussage nicht gedacht, dass die Aussegnungshalle so lange dauern würde. “Das ist eine teure Geschichte, aber wichtig”, betonte sie. Bürgermeister Olaf von Löwis machte klar, dass man “die Kostenfrage immer im Auge” hatte. “Wir haben versucht, die Kosten so günstig wie möglich zu gestalten”. Sepp Sappl sen. (CSU) war es “schon immer ein Anliegen”, eine “würdige Bestattung” zu ermöglichen.
Das sah auch Robert Wiechmann (Grüne) so:
Die derzeitige Situation empfinde ich als unwürdig. Wir verabschieden unsere Angehörigen momentan auf einem Parkplatz. Die Pläne überzeugen mich. Wir sollten das angehen.
Von Löwis wies darauf hin, dass die Gemeinde den südlichen Hang Richtung Thann ebenfalls erworben hat. Eine erneute Erweiterung wäre bei Bedarf also möglich. Die Kosten für die aktuelle Friedhofserweiterung will man in der Haushaltsplanung beraten. Der Gemeinderat stimmte schließlich einstimmig dafür die Planung zu genehmigen.
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