Silvester 2015: In Köln kommt es zu zahlreichen Übergriffen. Männer begrabschen, umkreisen oder bedrängen Frauen. Oktober 2016: Ein Asylbewerber soll in Freiburg eine Studentin vergewaltigt und umgebracht haben. Ende Januar 2017: Eine Studentin wird auf der Damentoilette der Ludwig-Maximilians-Universität München vergewaltigt.
Und auch in Holzkirchen ist man vor Übergriffen nicht gefeit. Ein Asylbewerber rastete im November völlig aus und schlug auf zwei Passantinnen ein. Eine der beiden Frauen fiel zu Boden und musste anschließend ärztlich versorgt werden.
Seit Vorfällen in Köln – Nachfrage steigt
Gefühlt häufen sich solche Meldungen in der letzten Zeit. Was bleibt, ist ein mulmiges Gefühl. Kann ich mich in Deutschland noch sicher fühlen? Kann ich mich an der eigenen Uni noch alleine auf die Toilette trauen? Immer mehr junge Frauen wollen sich vorbereiten. Selbstverteidigungskurse boomen. Nach Recherchen der deutschen Presse-Agentur hat sich das Kursangebot an Volkshochschulen in Stuttgart verdoppelt, in Mannheim sogar verdreifacht. In Freiburg gebe es sogar Wartelisten. Und wie es scheint sind nicht nur die Städte betroffen.
„Angefangen hat alles mit Köln. Seitdem ist die Nachfrage riesig“, erklärt Johanna Grimm von der Wing Tsun Kampfschule in Holzkirchen. Sie bietet zusammen mit ihrem Kollegen Michael Böffel verschiedene Kampfkurse an. Auch Crashkurse für Frauen sind seit einiger Zeit dabei. Grimm weiß:
Viele Frauen haben Probleme Nein zu sagen oder ihre Stimme zu erheben.
Dabei wollen sie helfen. Im ersten Kurs geht es vermehrt um Mimik, Gestik und Körperhaltung. Frauen sollen hier lernen, auf ihre Sinne zu hören und nichts mitzumachen, was sie nicht wollen. „Da geht es um ganz alltägliche Dinge. Was tue ich beispielsweise, wenn mir ein Kollege zu nah kommt?“, beschreibt Grimm das Kurskonzept. Im zweiten Teil werden dann körperliche Übergriffe behandelt. Die Frauen sollen lernen, Grenzen zu ziehen, den eigenen Körper zu bewachen und erkennen, dass jeder Körperteil, wenn nötig, eine Waffe ist.
Der Kung Fu-Stil, den ihre Schule verfolgt, wurde sogar von einer Frau entwickelt und lehrt, wie man sich als Schwächerer gegen jemanden zu behaupten weiß, der stärker ist. Grimm unterrichtet gemeinsam mit ihrem Kollegen. „Es ist gut, wenn eine Frau dabei ist. Und einen Mann können wir einsetzen, um das Zuschlagen zu üben“, so Grimm. Auch da haben viele Frauen eine Hemmschwelle, sagt sie.
Josef Fichtner bietet in seiner Taekwondo-Schule schon seit 25 bis 30 Jahren Selbstverteidigung an. Er führt viele Gespräche mit Frauen. Auch er weiß:
Viele fühlen sich nicht sicher.
Gerade in der letzten Zeit haben sich die Anfrage wieder verstärkt. Er ist der Überzeugung, dass Selbstverteidigung eine Sache der Einstellung ist. „Niemand hat das Recht, jemandem weh zu tun“, betont er.
Er legt vor allem Wert darauf, dass Frauen lernen, mit verschiedenen Gefühlen umzugehen. „Hier üben sie, wie man reagiert, wenn man sich wie gelähmt fühlt und nicht mehr klar denken kann.“ Seine Teilnehmerinnen sollen raus aus der Opferhaltung. In seiner Schule wird sowohl Theorie als auch Praxis gelehrt. “Das richtige Verhalten hat viel mit Psychologie zu tun”, so Fichtner. Abschließend betont er: „Selbstverteidigung gehört in die Hände von jemandem, der weiß, wie es geht. Einer, der selbst noch nicht in der Situation war, kann das nicht machen.“
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