Schlaflos in Waakirchen

„Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis.“ Wenn in Waakirchen Tourismus passiert, ist das eher zufällig. Selbst Bürgermeister Sepp Hartl gibt zu: „Wir müssen da in die Gänge kommen.“ Deshalb soll es jetzt einen Runden Tisch geben.

Der Lanserhof im Ortsteil Marienstein ist Waakirchens Aushängeschild.Auch wenn einige anfangs geschrieen haben, ist er jetzt in aller Munde. Doch wenn man nicht teuer hungern will, wo schläft man sonst in Waakirchen? Was ist mit dem Tourismus insgesamt? Ein Runder Tisch soll weiterbringen
Der Lanserhof im Ortsteil Marienstein ist Waakirchens Aushängeschild.

Das Eingeständnis, „Wir haben den Tourismus bisher nicht forciert“, kommt dem Waakirchner Gemeinderat nicht zum ersten Mal. Bereits im Jahr 2012, als die Touristiker Georg Overs und Sabine Flossmann in Waakirchen vorstellig geworden waren, hatte man dies erkannt. Passiert ist seitdem – zumindest was nach außen sichtbar wäre – wenig.

Dabei gibt es genug Pensionen in Waakirchen. 32 Vermieter gibt es laut ATS in der Gemeinde. Auch die Touristen kommen. „Wir bekommen unsere Betten leicht voll“, berichtet eine Vermieterin auf Nachfrage unserer Redaktion, bei deren Familie man Urlaub auf dem Bauernhof machen kann.

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Die ATS tut vermeintlich zu wenig für Waakirchen

Geduldig hörten sich die Gemeinderäte den Vortrag Gmeiners an. Wohl wissend, dass dieser – nach dem Scheitern der landkreisweiten Fusion – keine leichte Aufgabe übernommen hat. Mit 850.000 Euro fördert der Landkreis noch in den nächsten zwei Jahren den Tourismus. Dann soll das Budget auf die Hälfte eingedampft werden. Eine ungewisse Zukunft für einen Tourismus, der am Landkreistropf hängt.

Waakirchen sieht sich als einer von siebzehn Orten im Landkreisbundle zu wenig repräsentiert. Mit dem Lanserhof hatte sich die Gemeinde zwar in den vergangenen Jahren ein Leuchtturmprojekt geschaffen. Doch der Luxus-Diät-Tempel über Waakirchen vermarktet sich eigenständig. Also nichts, was sich die Touristiker auf die Fahnen schreiben könnten.

Braucht Waakirchen bessere Rahmenbedingungen?

Was ist mit den „kleinen Vermietern“ in Waakirchen. Werden sie gehört? „Im Gemeinderat sitzt keiner, der selbst vermietet“, kritisiert die Vermieterin vom oben erwähnten Bauernhof. Sie selbst habe in der Vergangenheit versucht, ihr Engagement aktiv einzubringen, damit was vorangehe. Dabei scheitere es nicht daran, dass keine Gäste kämen. Auslastungsprobleme habe man nicht. Aber:

Wir können den Gästen nichts bieten.

Rahmenbedingungen fehlten im Tourismus in Waakirchen, meint sie. Dabei würden da auch schon Kleinigkeiten viel ausmachen. Wo ist der Treffpunkt, wo man sich gern aufhält, wo zum Beispiel ein Café, wo eine öffentliche Stelle, wo Hunde einen Wassernapf bekommen, oder die Eisdiele nebenan? Bereits vor Kurzem war das Thema „Dorfzentrum“ schon einmal gefordert worden.

700 Zugriffe pro Monat Monat, 20 bis 30 Sitzungen täglich, 2.000 Seitenaufrufe pro Monat. Das sind die Fakten zur www.waakirchen-tourismus.de
700 Zugriffe pro Monat, 20 bis 30 Sitzungen täglich, 2.000 Seitenaufrufe pro Monat.
Das sind die Fakten zur www.waakirchen-tourismus.de.

„Wir müssen die Leute organisieren.“ So könnte ein Geheimrezept lauten. Individuelle Pakete für bestimmte Gruppen wären die Lösung, meint sie: „Durchfahrtouristen“, „Senioren“, „Familien“, „Hundebesitzer“, „Wellnessurlauber“.

So könne man mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Der Gast sei zufrieden und obendrein winke auch noch so etwas wie eine „Umweg-Rentabilität“ – Friseure, Wirte, Ladenbesitzer… alle hätten sie etwas von den Touristen im Ort. Momentan beläuft sich die Zahl der Übernachtungen pro Jahr laut ATS-Erhebungen auf 15.000 (ohne Lanserhof).

In dasselbe Horn stößt auch Gemeinderätin Gisela Hölscher. Auch ihr schweben individuelle Pakete für Touristengruppen vor. Geschnürt sollten diese Pakete von der ATS werden. Diese lege indes die Hände für Waakirchen in den Schoß. Hölscher outet sich als eine der offenen Kritikerinnen, die den Touristikern vorwerfen, Waakirchen nicht ins rechte Licht zu rücken. Gmeiner spreche in seinem Vortrag in Allgemeinplätzen. Außer einer Umstrukturierung erkenne Hölscher keine Unterschiede zu vor zwei Jahren:

Wir haben noch nicht viel dafür gekriegt, schon vor Jahren nicht – in allen Kommunikationen ist das Wort Waakirchen überhaupt nicht erwähnt.

Gmeiner rechtfertigte sich mit einer, nach seinen Worten, aktiven ATS. Vieles, was die 8,5 Mitarbeiter täten, sehe man halt nach außen hin nicht. „Die ATS lebt“, so meinte er. Die ATS sei die Dachorganisation für den ganzen Landkreis und kommuniziere nicht für Waakirchen oder Schliersee als Gemeinden, sondern für den ganzen Landkreis.

Das bezahlt Waakirchen für den Tourismus

Waakirchen beteiligt sich momentan anteilig mit 1.400 Euro an den Bemühungen der ATS. Eine Summe, die gegen andere Gemeinden im Tegernseer Tal gering anmutet. Insgesamt gibt die Gemeinde aber mehr für den Tourismus aus, sieht man sich die weiteren Kosten an. Doch seit 2014 ist der Beitrag – wegen der Umstrukturierung bei den Touristikern – gefallen, wie Kämmerer Toni Demmelmeier erläuterte.

Jetzt bezahle jede Gemeinde danach, wie viele Übernachtungen in der Gemeinde angefallen seien. Beliefen sich Waakirchens Kosten also 2012 noch auf etwa 20.000 Euro, so waren es 2014 noch gerade mal gut 5.000 Euro.

An dem Touchpanel vor dem Waakirchner Rathaus sollen Touristen Orientierung bekommen
An dem Touchpanel vor dem Waakirchner Rathaus sollen Touristen Orientierung bekommen.

Einen größeren Anteil an den Kosten machte das 2013 eigens angeschaffte Touch-Terminal für Touristen aus. 15.000 Euro soll es angeblich gekostet haben. Laut Vize-Geschäftsleiter Markus Liebl kann der Gast an dem Panel das Gastgeberverzeichnis auf der von der ATS eingerichteten Seite www.waakirchen-tourismus.de aufrufen. 14 Vermieter sind momentan gelistet. Der Ferienbauernhof Hinterholz war dabei am beliebtesten mit 39 Seitenaufrufen. Gefolgt vom Golfhotel Margarethenhof mit 37 Aufrufen. Das alles im Zeitraum von 1. Mai bis 31. Oktober 2014.

Außerdem kann der Gast laut Liebl die Gemeindeseite einsehen. Dort waren Veranstaltungen am beliebtesten mit 97 Seitenaufrufen, gefolgt von Gastronomie mit 86 und Aktuelles mit 81 Seitenaufrufen. Der Gast kann zudem an dem Panel auch gleich einen der herausgesuchten Vermieter anrufen. Diesen Dienst nutzten von Mai bis Oktober aber insgesamt nur 32 Teilnehmer.

Die ATS liefert wesentlich höhere Zugriffszahlen zu dem Terminal: Zugriffe fänden circa 3.000 pro Jahr statt. Speziell würden Gastgeberaufrufe erfolgen mit rund 900 pro Jahr, so Chef Harald Gmeiner auf Rückfrage.

Runder Tisch soll Verantwortliche und Vermieter zusammenbringen

Wegen der teuren Anschaffung und der eher geringen Nutzung ist das Panel umstritten. „Wir können auch ohne dieses Terminal leben“, ist sich die Vermieterin von vorhin sicher. Bei ihr am Bauernhof tue nach wie vor das „Zimmer-frei“-Schild einen guten Dienst. Besonders stoßen ihr die jährlichen Wartungskosten von 1.200 Euro auf.

Dass sich die Möglichkeiten bisher auf Langlauf und Golf beschränken, muss für Waakirchen nicht das endgültige Aus für einen funktionierenden Tourismus bedeuten. Bürgermeister Sepp Hartl hat den Handlungsbedarf erkannt. Er setzt einerseits auf die ATS als Dachorganisation. Zusätzlich müsse die Gemeinde an den Rahmenbedingungen arbeiten. Geh- und Radwege sollten da nur den Anfang bilden.

Vielleicht ist auch das von Rudi Reber ins Spiel gebrachte Dorfzentrum ein Baustein im Tourismus-Memory für Waakirchen. „Der Ortsplanungsausschuss soll sich mehr mit Tourismus beschäftigen“, so kündigte es Hartl auf Nachfrage unserer Redaktion an. Nicht zuletzt soll es einen Runden Tisch geben, bei dem die Vermieter zu Wort kommen. „Der Gemeinderat muss was machen, aber die Vermieter müssen das auch wollen.“

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