Nicht nur Naturliebhaber würden sich über einen großen, alten Baum im Garten freuen, der im Sommer Schatten spendet und bestenfalls auch noch Früchte trägt. Doch fällt ein Grundstück mit einem solchen Baum in die Hände so manches Bauunternehmers, kann das schnell sein Ende bedeuten.
Der Bauherr Otto Ebster hoffte darauf, seine Immobilien besser verkaufen zu können. Schließlich müssen Räume heutzutage hell sein. Deshalb ließ er die geschützten Bäume auf zwei seiner Wiesseer Grundstücke, im Klosterjägerweg 6 und in der Jägerstraße, kurzentschlossen fällen.
„Kaltblütige“ Fällung
Doch „einfach so“ ohne Rücksprache einen Baum entfernen, das ist nicht erlaubt. Hat man ein Bauvorhaben geplant, wird ein sogenannter „Grünplan“ erstellt und bestehende Bäume gekennzeichnet, die erhalten werden müssen. Daran muss sich der Grundstückseigentümer halten. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass schützenswerte Bäume gefällt werden.
Ebster ist in diesem Zusammenhang kein Unbekannter für die Gemeinde Bad Wiessee. Er hatte als Entschuldigung vorgebracht, er hätte die Bäume „beim besten Willen nicht erhalten können“. Eine Aussage, die die Gemeinde dem Bauträger nicht abnahm. „Kaltblütig“ seien die Bäume gefällt worden, erklärte Bürgermeister Peter Höß damals gegenüber dem Gemeinderat.
Gerichtstermin wird bald erwartet
Die Gemeinde schickte dem Unternehmer einen Bußgeldbescheid in fünfstelliger Höhe, gegen den Ebster Einspruch einlegte. „Außergerichtlich können wir uns nicht einigen“, so Michael Herrmann, Geschäftsführer von Bad Wiessee. Die Gemeinde warte derzeit auf den Bescheid über einen Verhandlungstermin. Für Herrmann ist es ein unverantwortlicher Baumfrevel, der dort an der Baustelle geschehen ist. Und das mit einem Motiv, das offensichtlich eher der Wertsteigerung einer Immobilie dient als der Sorge um den Erhalt von Bäumen.
Reicht ein Bußgeld aus, um solchen Baumfrevel zu ahnden? Das nicht, weiß der Pressesprecher des Miesbacher Landratsamts, Gerhard Brandl. Wurde ein Baum entfernt, so steht neben dem Bußgeld meist auch die Verpflichtung zu Ersatzpflanzungen an.
Durch Ersatzpflanzungen soll die Natur entschädigt werden.
Eins zu eins wird man den Baum jedoch nicht ersetzen können. Bis ein Baum einen mächtigen Stamm entwickelt hat, dauert es Jahrzehnte. Im Laufe der Jahre wächst so ein stattlicher Wurzelstock heran, der sich unterirdisch meterweit ausbreitet. Einen solchen Baum nachzupflanzen, ist schon rein biologisch nicht möglich.
Zwar kann man den Baumfrevler dazu anhalten, Ersatzpflanzungen vorzunehmen oder durchführen zu lassen. Doch bis die Bäume den ökologischen Wert ihres Vorgängers erreicht haben, braucht man Geduld über mehrere Generationen. Die Experten der Unteren Naturschutzbehörde achten aber darauf, dass der Bestand an Bäumen – nach Art und Größe – wieder hergestellt wird.
Meist werden mehrere kleine Bäume gepflanzt, anstatt eines großen. Diese Erfahrung hat Pressesprecher Brandl gemacht. So haben etliche an die vier Meter hohen Stieleichen in der Wiesseer Jägerstraße den Weg in die Erde gefunden. Kostenpunkt: geschätzt deutlich im vierstelligen Bereich. Zuzüglich des fünfstelligen Bußgeldes dürfte das einen Bauträger aber wohl nicht wirklich abschrecken, weiterhin Bäume zu entfernen.
Denn das Gebäude durfte trotzdem gebaut werden. Der Baum muss nicht an exakt derselben Stelle nachgepflanzt werden. Zudem werden die Kosten vermutlich an die Immobilienkäufer weitergereicht werden.
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