Vergangene Woche berichteten wir von den Bodenbohrungen im Innenhof der Sanktjohanserstraße 10 durch die Gemeinde. Wiessee sei daran interessiert, den hinteren Teil des Grundstücks von der Besitzerin zu kaufen, bestätigte damals Bauamtsleiter Helmut Köckeis. Die Bohrung sollte Proben liefern, um die Bodenqualität zu bestimmen. Bis das geologische Institut die Ergebnisse liefere, werde es noch zwei Wochen dauern, so Köckeis auf Nachfrage.
Jetzt sieht es so aus, als sei der Verkauf in den vergangenen Tagen schon über die Bühne gegangen. Jedenfalls besagen dies die Gerüchte, die derzeit im Umfeld der Sanktjohanserstraße die Runde machen. Die Gemeindeverwaltung will sich dazu auf Anfrage nicht äußern. „Wir wollen die Öffentlichkeit über den Gemeinderat informieren“, erklärte der Bauamtsleiter am gestrigen Donnerstag.
„Diejenigen, die es angeht, erfahren nichts“
Betroffen von dem Kauf sind die Glaserei, die Druckerei und die Hälfte des Sanitätshauses. Einige der Mieter zeigen sich im Gespräch verunsichert und verärgert über die Informationspolitik der Gemeindeverwaltung. „Ich finde diese Politik schon fad“, sagt Werner Thamm, Inhaber der Druckerei: „Diejenigen, die es angeht, erfahren nichts.“ Er befürchtet nun immense Kosten, wenn er mit der Druckerei umziehen müsste.
Ob das so kommt? Die Gemeinde will das Ortsbild schöner gestalten. Dafür hat der Gemeinderat bereits der Umgestaltung der Seepromenade zugestimmt. Desweiteren steht auch der Rathaus-Umgebung eine Umgestaltung bevor. Das Areal sei „keine gestalterische Offenbarung“. Die Bebauung werde daher mittelfristig verschwinden, so Köckeis.
„Existenzen werden zerstört“
Für die Druckerei klingt das nach Umzug: „Das wären immense Kosten mit den Druckmaschinen“, sagt Thamm. Von neuen Tiefgaragen und Parkdecks ist die Rede. Jeder sagt etwas anderes. Was genau mit dem Areal passiert und wie es künftig aussehen soll, ist noch nicht bekannt: Dafür soll der im November gegründete Arbeitskreis Ortsmitte Vorschläge erarbeiten. Wann diese der Öffentlichkeit präsentiert werden? Die Mitglieder sind darüber zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Das Konzept müsse gut sein, sagt Berthold Bohn. Mit seinem Bruder gehört ihm der vordere Teil und damit auch die Durchfahrt zum besagten Gebäude. Insgesamt, mit der Besitzerin des betroffenen hinteren Teils, gibt es drei Besitzer, die den Häuserkomplex neben und hinter dem Rathaus bilden. Bohn sieht das Vorhaben der Gemeinde kritisch: „Hier werden über Jahrzehnte gewachsene Existenzen zerstört.“
„Hätte dem Bürgermeister mehr Feingefühl gewünscht“
So einfach werde es nicht sein, den Glaser, die Druckerei und das Sanitätshaus aus ihren Geschäftsräumen zu werfen, betont Bohn. Er hoffe, dass die Anlieger sich „festkrallen“. Auch den Abriss findet er nicht gut. Das Gebäudeensemble auf dem Areal gehöre zusammen und stehe seit 110 Jahren dort.
Vom Bürgermeister habe er sich bezüglich seiner Informationspolitik und gegenüber den Geschäftstreibenden in der Sanktjohanserstraße mehr Feingefühl gewünscht. Wegen der Durchfahrtsrechte habe es noch keine Anfragen gegeben. Dafür wolle Bohn außerdem erst einen guten Plan sehen. Ihren Teil zu verkaufen, beabsichtigen die Bohns aber nicht: „Was Du von Deinen Vätern erbst, das versuche zu erhalten“, sagt er.
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