Im Schatten der Verantwortung

Kasernenartige Straßenzüge und dunkle Häuserschluchten: das Verwaltungsgericht befasst sich derzeit mit einer schwierigen Entscheidung. Dabei steht nichts weniger als das ländliche Gesicht Rottachs auf dem Spiel.

In der Karl-Theodor-Straße in Rottach fand heute eine Ortsbegehung durch das Bayerische Verwaltungsgericht statt.
In der Karl-Theodor-Straße in Rottach fand heute eine Ortsbegehung durch das Bayerische Verwaltungsgericht statt.

Die Karl-Theodor-Straße war heute Schauplatz eines richtungsweisenden Treffens für die ganze Gemeinde Rottach-Egern. Mit dabei waren Bürgermeister Christian Köck und seine Bauamtsleiterin Christine Obermüller, sowie der gegen die Gemeinde klagende Grundstückseigner und ein Schöffengericht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes. Der Grund für das Treffen: ein Interessenskonflikt zwischen der Gemeinde und dem Bürger.

Während das Rathaus durch den besagten Bebauungsplan das Ortsbild erhalten will, möchte der Rottacher Grundstücksbesitzer für sich möglichst viel Profit herausschlagen. Auf seinem Grundstück würde er gerne das bestehende Einfamilienhaus abreißen und dafür zwei Mehrfamilienhäuser bauen – seine Bauvoranfrage wurde jedoch vom Gemeinderat abgelehnt.

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Der Rottacher sah sich davon stark in seinen Rechten beschnitten und reichte Klage ein. Schon nächste Woche findet in München die Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof statt. Heute traf man sich mit dem Schöffengericht zum Ortstermin in der Karl-Theodor-Straße, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Er wird wohl maßgeblich das Urteil beeinflussen.

Rundgang soll Klarheit verschaffen

Rund eine Stunde lang stand das ganze Viertel, das vom Bebauungsplan der Gemeinde Rottach betroffen ist, unter Begutachtung des Schöffengerichts. Dabei handelt es sich um das Areal, um das die Karl-Theodor-Straße, sowie der Kreuz- und Hubertusweg verlaufen. Die Teilnehmer begutachteten jedes Grundstück samt Bebauung auf ihrem Rundgang, um sich einen Gesamteindruck zu verschaffen.

Nach der Begehung, die auf Wunsch des Klägers unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, hat Bürgermeister Köck den Eindruck, dass sich die Richter umfassend mit der Umgebung beschäftigt hätten. „Dass das gesamte Geviert begutachtet wird, ist für die Verhandlung enorm wichtig“, merkt er an. Damit der Senat beurteilen könne, welche Bauwerke sich in die Umgebung einfügen und welche nicht. „Für eine Einschätzung ist es noch zu früh“, meint Köck aber dann auf Nachfrage. Letztendlich müsse man die mündliche Verhandlung nächste Woche abwarten.

Urteil mit Spannung erwartet

Auch der vorsitzende Richter Hans-Joachim Dösing wollte sich auf Nachfrage der Tegernseer Stimme noch nicht in die Karten schauen lassen. Für ihn steht jedoch fest, dass sich während der Begehung auf Seiten der streitigen Parteien noch „einige Ungereimtheiten“ ergeben haben. Vor der mündlichen Verhandlung nächsten Donnerstag kommt auf die Anwälte daher noch einige Arbeit zu: der Richter erwartet nochmals klärende Schreiben.

Von der Entscheidung des Schöffengerichts um Richter Dösing hängt viel ab. Das ist allen Beteiligten klar. Ansonsten könnten kasernenartige Straßenzüge wie die Kießlingerstraße bald flächendeckend das Ortsbild von Rottach prägen. Dann, so die Befürchtung des Bürgermeisters, könnte sich die Gemeinde optisch zu einer Vorstadt Münchens entwickeln.

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