Wer sucht noch eine Lehrstelle?

Schulabgänger aufgepasst, es ist noch nicht zu spät: Wer für dieses Jahr noch eine Lehrstelle sucht, hat gute Karten im Landkreis Miesbach. Aufgrund der großen Bewerberlücke sind heuer viele Stellen unbesetzt. Unternehmen klagen über fehlenden Nachwuchs. Und auch im Tegernseer Tal werden noch händeringend Azubis gesucht.

Azubis gesucht: Viele Unternehmen aus dem Landkreis haben für 2016 noch Ausbildungsplätze zu vergeben.
Azubis gesucht: Viele Unternehmen aus dem Landkreis haben für 2016 noch Ausbildungsplätze zu vergeben.

Bereits zwei Monate bevor das diesjährige Ausbildungsjahr überhaupt beginnt ist klar, dass im Landkreis Miesbach fast 60 Lehrstellen unbesetzt bleiben. Derzeit sind noch 229 Lehrstellen frei, gleichzeitig gibt es aber nur 170 gemeldete Ausbildungssuchende (Quelle Arbeitsagentur). Petra Reindl, Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Miesbach, wirbt:

Die Chancen, mit einer Lehre ins Berufsleben durchzustarten, sind so gut wie noch nie.

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Angesichts der guten Wirtschaftslage und des drohenden Fachkräftemangels, sei die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen ungebrochen hoch, doch es fehlten immer häufiger die Bewerber, so Reindl. Grund dafür sind vor allem die sinkenden Schulabgängerzahlen und der Trend zum Studium. Zusätzlich verhindern nach wie vor Rechtsunsicherheit und bürokratische Hürden die Besetzung von freien Lehrstellen mit Flüchtlingen.

Oberland vs. Großstadt

Das kann auch Katharina Kristen, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit Rosenheim bestätigen. Doch laut Kristen sind das nicht die einzigen Gründe. Vor allem die fehlende Infrastruktur auf dem Land, sei ein Problem. Sei ein Betrieb mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen oder habe schwierige Arbeitszeiten, würden sich Bewerber schnell nach anderen Stellen umsehen. Vor allem junge Leute mit S-Bahn-Anschluss locke der Münchner Ausbildungsmarkt, so Kristen.

Früher konnten die Firmen die Bewerber schon nach der schriftlichen Bewerbung selektieren. Heute müssen auch die Unternehmen flexibler sein. Wir appellieren deshalb an die Arbeitgeber, auch Schülern mit schlechten Noten eine Chance zu geben. 

Hierfür gebe es von der Arbeitsagentur, für Arbeitgeber und Schüler, spezielle Unterstützung  Die ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) unterstützen Berufsschüler bei schlechten Noten oder anderen Hindernissen. An mindestens drei Stunden in der Woche erhält dieser dann beispielsweise Nachhilfeunterricht oder Unterstützung bei Alltagsproblemen. Ein Bildungsträger mit erfahrenen Ausbildern, Lehrkräften und Sozialpädagogen begleitet die gesamte Ausbildungszeit. Die Kosten übernimmt die Agentur für Arbeit.

Seit Herbst letzen Jahres gibt es auch die Assistierte Ausbildung (AsA). Gerade bei der Einstellung von Flüchtlingen mit Sprachproblemen, helfen hier beauftragte Bildungsträger unter anderen Sprach- und Bildungsdefizite abzubauen oder fachtheoretische Fähigkeiten zu fördern. Der Betrieb erhält die erforderliche Hilfestellungen bei der Verwaltung, Organisation und Durchführung der Ausbildung.

Hohe Ansprüche für Lehrlinge in der Gastronomie

Besonders deutlich zeigt sich der Azubi-Mangel im Hotel- und Gaststättengewerbe. Für angehende Hotel- und Restaurantfachleute sowie Köche sind noch 50 Stellen frei, aber nur drei unversorgte Bewerber äußern einen entsprechenden Berufswunsch. Auch das Althoff Seehotel Überfahrt in Rottach-Egern hat für dieses Jahr noch drei Lehrstellen zu vergeben.

Einen Rückgang in den Bewerberzahlen kann Maria Gottschalk, Coordinator Human Resources jedoch nicht bestätigen. Sie sieht die Schwierigkeiten eher bei den fehlenden Qualifikationen der Bewerber und in der Branche selbst:

Wir haben natürlich gewisse Ansprüche, die andere Betriebe vielleicht nicht haben. Es scheitert streckenweise schon an der englischen Sprache, die bei uns sehr wichtig ist, da wir international sind und der Auszubildende ab Tag eins am Gast ist. Darüber hinaus müssen sich die Lehrlinge bewusst sein, dass dies ein sehr anstrengender Beruf ist. Weihnachten und Silvester kann man während einer Ausbildung im Hotel die nächsten Jahre nicht zu Hause im Kreise der Familie feiern, sondern muss arbeiten. 

Des Weiteren müssten die Auszubildenden volljährig sein. Minderjährige dürften nur bis 22 Uhr arbeiten und so spannende Teile der Ausbildung, wie beispielsweise an der Bar verpassen, so Gottschalk. Doch nicht nur die Gastronomie kämpft mit unbesetzten Lehrstellen. Reindl unterstreicht, dass der Bewerbermangel quer durch alle Branchen geht: “Es werden auch noch angehende Verkäufer, Bankkaufleute oder medizinische Fachangestellte gesucht.”

Banklehre verliert ihren guten Ruf

Auch der Leiter der Personalabteilung der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee, Thomas Forche sucht für September immer noch zwei Azubis zum Bankkaufmann/-frau. Er merke die rückläufigen Bewerberzahlen und vor allem die fehlende Qualität der Bewerber deutlich. Wer einen guten Notendurchschnitt erreiche, beginne in der Regel ein Studium. Die Zeiten, in denen man erst einmal eine Ausbildung mache und dann über ein Studium nachdenke, seien vorbei, so Forche.

Auf Oberland-jobs.de gibt es ebenfalls noch dutzende offene Ausbildungsstellen.
Auf Oberland-jobs.de gibt es ebenfalls noch dutzende offene Ausbildungsstellen.

Dazu komme, dass der Trend in der Bankenbranche allgemein eher rückläufig sei. Das Image der Bankausbildung wäre demnach auch nicht mehr das was es einmal war. Sie würde heute eher als solide Grundausbildung gelten. Doch das ist laut Forche ungerechtfertigt:

Die Ausbildung zur Bankkauffrau ist eine der schwierigsten überhaupt. Der Lernstoff ist sehr umfangreich und man muss in vielen verschiedenen Bereichen, wie zum Beispiel Buchführung, Recht, Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft und Kundenkontakt Bescheid wissen. Da ist es schwierig, den Richtigen zu finden.

Über Einschnitte bei den Bewerberzahlen kann sich die Klinik im Alpenpark in Bad Wiessee laut Personalchefin Sabine Weindl nicht beschweren. Allerdings ist es auch hier nicht immer einfach den passenden Azubi zu finden. Für dieses Jahr hat die Klinik ebenfalls noch eine Ausbildung zur/m Medizinischen Fachangestellten frei. Weindl erklärt:

Es waren schon einige Bewerber da, aber die passende Person haben wir noch nicht gefunden. In erster Linie muss die Sympathie stimmen. Für uns sind nicht immer nur gute Noten ausschlaggebend. Die Chemie muss einfach passen.

Die Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses appelliert indes an die Politik, den Fachkräfte-Aderlass in der Berufsausbildung zu stoppen und die praxisferne Akademisierung auf den Prüfstand zu stellen. Außerdem fordert Reindl die verlässliche und schnelle Umsetzung des „3+2“-Modells für junge Flüchtlinge. Danach dürfen Asylbewerber, die eine Lehre aufnehmen, in den drei Jahren der Berufsausbildung sowie in den folgenden zwei Jahren zum Sammeln von Berufserfahrung nicht abgeschoben werden.

Aktuell bereiten sich im Landkreis Miesbach mehr als 80 jugendliche Asylbewerber in fünf Berufsintegrationsklassen auf das Berufsleben vor. „Viele Unternehmen sehen in diesem Personenkreis Potenzial für ihre freien Ausbildungsplätze, aber Einstellungen scheitern häufig an der mangelnden Planungssicherheit und den vielen bürokratischen Auflagen“, so Reindl.

Wer noch eine Lehrstelle sucht, kann sich unter anderem auch auf der Azubi-Seite Oberland-jobs.de informieren.

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