Tegernseer gerade noch schuldfähig

In letzter Zeit stand er häufiger vor Gericht – und wahrscheinlich ist er dort bald wieder anzutreffen. Ein 56-jähriger Tegernsee wollte seinen neuen Roller ausfahren. Einen Führerschein hat er aber seit Jahrzehnten nicht.

Jedem muss klar sein: Für so einen Roller braucht man einen Führerschein.
Jedem muss klar sein: Für so einen Roller braucht man einen Führerschein.

Zu seinem Termin beim Amtsgericht kam der Frührentner 90 Minuten zu spät. Der Busfahrer habe ihn nicht mitnehmen wollen. Die Gründe dafür kann man nur erahnen. Der Angeklagte erklärte aber gleich am Anfang, wen er für den Schuldigen hält:

Das war mein Ex-Schwiegervater. Er will mich mit seiner Bibel fernsteuern und in negatives Geld locken.

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Damit setzte er die Grundstimmung für die Verhandlung. Tatsächlich hatte der Angeklagte die Tat in einem Schreiben an das Gericht bereits eingeräumt. Bei der eigentlichen Fahrt wurde er nicht gesehen. Ein Nachbar habe ihn wohl angeschwärzt. Als die Polizei kam und ihn fragte, ob er gefahren sei, habe er das zunächst geleugnet. Die Beamten hatten aber am Auspuff gefühlt und der sei warm gewesen.

Mehr als einmal ohne Führerschein unterwegs

So gestand der Angeklagte bereits vorab. Allerdings war nicht ganz eindeutig, welche Fahrt er zugegeben hatte. Vor Gericht erzählte er von weiteren illegalen Ausfahrten. So sei der Tegernseer sogar, um einen Diebstahl anzuzeigen, mit seinem Motorroller zum Revier nach Bad Wiessee gefahren. Dort hätten die Beamten auch gewusst, dass er keinen Führerschein mehr habe. Die Pappe ist seit fast drei Jahrzehnten weg.

Er habe ihnen nach Verlassen der Polizeidienststelle auf seinem Roller sitzend fröhlich zugewunken. Als ihn eine Streife habe verfolgen wollen, versteckte er sich, bis diese vorbei war. Gern zeigte der Angeklagte Richter Walter Leitner Fotos von seinem Roller. Und Leitner hatte auch Fragen dazu:

Das ist aber nicht der einzige Roller, den sie haben, oder? Ich habe sie doch schon mit so einem schönen roten gesehen. Da sind sie mit dem über den Fußweg in Tegernsee gefahren.

Eine Nachfrage, die der Angeklagte fröhlich bestätigte. Er habe sich nun einen neuen gekauft, den er in monatlichen Raten abstottere. Den Führerschein habe er auch schon lange beantragt, nur noch nicht erhalten. Immer fehle den Behörden etwas: Mal sei es eine Fahrstunde, mal ein weiteres Führungszeugnis. Bei der Verlesung des Strafregisters und der zu zahlenden Geldstrafen fuhr dem Angeklagten der Schreck in die Glieder:

Das sind ja in Russengeld…. vier Millionen! Aber Weihnachten ist alles abbezahlt, also nächstes Jahr Weihnachten. Aber das Jahr ist ja ruck-zuck vorbei!

In der Verhandlung wurde auch deutlich, dass sich der 55-Jährige bereits in Behandlung befunden hatte. Immer wieder erwähnt er den Ex-Schwiegervater, der ihn misshandelt und mit „Milliarden Spritzen zu Tode gequält“ habe. Leitner stellte fest, dass es strafrechtlich um den Beschuldigten lange Zeit ruhig gewesen sei, man sich zurzeit aber wieder fast monatlich sehe.

Nächstes Mal Freiheitsstrafe

Der Richtet bewertete in seinem Urteil positiv, dass der Mann geständig gewesen sei und auch nur eine kurze Strecke gefahren wäre. Die Historie sprach gegen den Angeklagten. Leitner erklärte, dass er den Mann in diesem Fall für voll schuldfähig halte, denn er habe wissen können und auch gewusst, dass er den Roller ohne Führerschein nicht habe fahren dürfen.

Unter Anrechnung einer vorherigen Strafe verurteilte das Gericht den Tegernseer zu einer Strafe von 75 Tagessätzen zu je zehn Euro, wobei 60 Tagessätze aus der alten Strafe stammen. Für den Angeklagten scheinbar kein Problem:

Mit Kusshand nehme ich das Urteil an.

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