Lohnbetrug im Wiesseer Medical Park?

Im Wiesseer Medical Park sind Fälle von Scheinselbständigkeit aufgetaucht. Zwischen 2011 und 2014 sollen so Pflegekräfte aber auch Ärzte zu Unrecht beschäftigt worden sein. Nun steht der Geschäftsführer vor Gericht.

Freiberufliche Pflegekräfte und Ärzte sollten im Medical Park in Bad Wiessee beschäftigt werden. Nur haben sie die rechtlichen Bedingungen für diesen Status nicht erfüllt. (Foto: Medical Park AG)
Verantwortliche des Medical Park im Visier der Behörden. Der aktuelle Vorwurf: Beschäftigung von Scheinselbständigen / Foto: Medical Park AG

Die Medical Park AG war in diesem Jahr schon einmal durch eine Hausdurchsuchung und dem Vorwurf manipulierter Abrechnungen in der Presse. Diesmal steht der Wiesseer Geschäftsführer wegen möglicher Beschäftigung von Scheinselbständigen vor dem Miesbacher Amtsgericht.

Die Klinikgruppe bietet in zwölf Häusern und zwei ambulanten Gesundheitszentren deutschlandweit Reha-Leistungen an. Der Schwerpunkt liegt dabei in Bayern . Mehr als 3.000 Mitarbeiter beschäftigt die Gruppe, die laut ihrer Webseite im vergangenen Jahr 70.000 Patienten stationär und ambulant behandelt hat.

Anzeige

Die Mitarbeiter sind dabei nicht notwendigerweise festangestellt, sondern zum Teil im Rahmen sogenannter Mitarbeiter-Überlassungen über Zeitarbeitsfirmen beschäftigt. Dies geschah so auch in den Jahren 2011 bis 2014 in Bad Wiessee. Zusätzlich zu den „Leasing“-Mitarbeitern hatte die Klinik aber auch vermeintlich freiberufliche Mitarbeiter beschäftigt. Diese wurden von einer Miesbacher Firma vermittelt.

Freiberuflich oder abhängig beschäftigt?

Ob diese Mitarbeiter tatsächlich freiberuflich oder abhängig beschäftigt waren, verhandelt nun das Amtsgericht Miesbach. Angeklagt ist Christian G., Geschäftsführer der Medical Park Kliniken im Tegernseer Tal. Er hatte die Leitung der Häuser im Jahr 2011 übernommen.

In diesen Zeitraum fallen auch die ersten Gespräche mit einer Miesbacher Firma, die sich die Vermittlung von freiberuflichen Arbeitskräften aus dem Pflegebereich, aber auch von Ärzten und Physiotherapeuten zur Aufgabe gemacht hatte. Wie die Pflegedienstleiterin der Wiesseer Medical Park-Häuser heute vor Gericht erklärte, sei sie von der Firma angesprochen worden und vereinbarte daraufhin ein Treffen.

Bei dem Gespräch habe sich die Miesbacher Firma vorgestellt und erklärte ausschließlich mit Freiberuflern zu arbeiten. Sie würden streng darauf achten, dass alle Bedingungen zur Einhaltung dieses Status gewährleistet seien. So wurden die Mitarbeiter streng von der Organisation der Kliniken getrennt, hatten ihre eigene Berufskleidung, nahmen nicht an Sitzungen oder offiziellen Feiern der festangestellten Arbeitnehmer teil. Vor allem aber hatten alle – laut der Miesbacher Firma – mindestens drei Arbeitgeber.

Dubiose Rechtsauskunft

So sollte eine vermeintliche Scheinselbständigkeit vermieden werden. Die Pflegedienstleiterin, die die Anforderungen an die Firma schickte und in direktem Kontakt mit deren Geschäftsführer stand, erinnerte sich beim heutigen zweiten Verhandlungstag, dass es durchaus vorkam, dass bestimmte Personen gelegentlich nicht im Haus zu tun hatten. Sie wären sonst zu häufig bei nur einem Arbeitgeber gewesen.

Die Abrechnung erfolgte über die Miesbacher Firma, aber direkt auf die Konten der eigentlich Beschäftigten. Die Firma kassierte für ihre Vermittlungs- und Abrechnungstätigkeit eine Provision. Man habe auch mit dem Rechtsanwalt der Firma gesprochen. Diese habe versichert, dass alles den rechtlichen Vorgaben entspräche.

Die Personalabteilung des Medical Park bestand trotzdem im weiteren Verlauf der Zusammenarbeit auf eine sogenannte Statusfeststellung der Freiberuflichkeit. Diese wird durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) erteilt. Die Miesbacher Firma erklärte daraufhin der Medical Park-Mitarbeiterin, alle Arbeitskräfte hätten den Antrag gestellt.

Ein Bescheid sei aber nie eingegangen. Amtsrichter Walter Leitner wunderte sich bei der heutigen Verhandlung über diese Art des Verfahrens und auch über die juristische Auskunft, die der Anwalt des Vermittlers hätte. Die Pflegedienstleiterin:

Man hat uns gesagt, dass erst nach einem Negativ-Bescheid von der Deutschen Rentenversicherung nicht mehr weiter beschäftigt werden darf.

Nach dem Verhältnis zwischen Festangestellten und den über die Miesbacher Firma Beschäftigten gefragt, schätzte sie, dass auf 50 Vollzeitkräfte ungefähr ein bis zwei Freiberufler gekommen wären.

Vorbildliche Zusammenarbeit

Ebenfalls vor Gericht war heute ein Polizeibeamter. Er erklärte, wie es zu den Ermittlungen im Medical Park gekommen war. Man habe das Beschäftigungsverhältnis einer Pflegekraft in einem Seniorenheim untersucht, die dort als vermeintliche Freiberuflerin gearbeitet hatte. Als man bei der DRV die Statusfeststellung anfragte, kam diese negativ zurück. Die Mitarbeiterin sei also als abhängig Beschäftigte zu führen.

Bei der Untersuchung der Rechnungen der Pflegekraft kam heraus, dass sie auch im Medical Park arbeitete. Daraufhin wurde nach weiteren Fällen gefahndet. Nach einiger Zeit fielen die Nachforschungen dem Medical Park Geschäftsführer Christian G. auf. Der Angeklagte ging dann seinerseits, so der Polizist bei seiner Aussage, auf die Beamten zu und suchte das Gespräch.

Zunächst hatten wir nur vier Fälle. Durch die uns zur Verfügung gestellten Unterlagen kamen wir dann auf gut 50.

Darunter seien überwiegend Pflegekräfte, aber auch einige Ärzte gewesen. Nun sollen weitere Zeugen gehört werden. Das Urteil gegen den Medical Park wird für kommenden Freitag erwartet.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner