Ein Polizeibeamter aus Bad Wiessee, eine Zeugin aus Rottach-Egern, Gerichtsschreiber, Staatsanwältin, zwei Verteidiger extra aus dem Rheinland angereist, Richter Walter Leitner-alle waren pünktlich erschienen. Nur die Angeklagten glänzten durch Abwesenheit.
Mutter und Sohn sollten des Betrugs angeklagt werden und das nicht zum ersten Mal. Ihre Anwälte teilten Richter Leitner mit, dass sie die beiden aufgefordert hätten, rechtzeitig vor dem Termin zu erscheinen, um ein weiteres Vorgehen zu besprechen.
Drei Adressen, keine Telefonnummer
Erschienen waren sie allerdings nicht. Eine Verteidigerin hatte versucht ihre Mandantin telefonisch zu erreichen, musste aber feststellen, dass die Telefonnummer nicht mehr existiert. Der Anwalt des Sohnes hatte gar keine Telefonnummer seines Mandanten, da sämtliche Kommunikation über die Mutter lief.
Prompt kam die Frage auf, wohin denn die Vorladung zu der Verhandlung geschickt wurde beziehungsweise wohin die Anwälte ihre Korrespondenz schicken würden. Dabei stellte sich heraus, dass es drei Adressen, zwei in unterschiedlichen Städten und ein Postfach in einer dritten Stadt.
Nächster Wohnsitz U-Haft
Richter Leitner bat den als Zeugen geladenen Polizeibeamten telefonisch über seine Dienststelle zu klären, wo die mutmaßlichen Betrüger denn derzeit gemeldet seien. Fünf Minuten später hatte der Beamte das Ergebnis:
Die Mutter ist seit 2015 als ‚unbekannt verzogen’ gemeldet, der Sohn seit dem 1. September 2016.
Es folgte eine Diskussion, ob ein Haftbefehl und damit verbundene Untersuchungshaft angemessen seien. Die Verteidigerin fragt Richter Leitner, ob man da nicht irgendwie anders zu einem Ergebnis kommen könne. „Ach, ist im Rheinland schon Karneval?“ fragt Leitner scherzhaft. „Wir in Bayern sind da später dran.“ Auch die Anwältin muss lachen:
Es war eine anstrengende Anreise und vielleicht bin ich noch zu müde. Ich wäre nur so gern mit irgendeinem Ergebnis wieder abgereist.
Vorläufiges Ergebnis ist nun das auch in Bayern nach dem dubiosen Pärchen gefahndet wird. Das ohne Angeklagte die Anklageschrift nicht verlesen wurde, können die Besucher der öffentlichen Verhandlungen nur der Diskussion entnehmen, dass hier ein Delikt verhandelt werden sollte, das ganz und gar keine Bagatelle war.
Der Haftbefehl sei angemessen, da es bereits einschlägige Vorstrafen gibt und eine erhebliche Strafe auch in diesem Fall zu erwarten sei. In Nordrhein-Westfalen versucht man auch schon seit letztem Jahr der beiden habhaft zu werden. Da stehen nämlich aus vorherigen Fällen noch Strafen aus.
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