Ein 57-jähriger Handwerker aus Miesbach hatte im vergangenen Jahr geschäftlich in Kreuth zu tun. Gegen 6.30 Uhr war er damit beschäftigt, die Entrümpelungsarbeiten in einem Haus vorzunehmen. Dann ging er hinein, um sich – nach eigenen Angaben – einen Überblick über die notwendigen Arbeiten zu verschaffen. Plötzlich rief ihn jemand. Als er vor das Haus trat, bemerkte er die Katastrophe.
Sein Transporter war den Hang herabgerollt und fuhr ungebremst in ein Carport, in dem zwei Autos standen. Dort hatten kurz zuvor ein Vater und seine Tochter in das Auto der Tochter steigen wollen. Gestern vor Gericht wollte sich der Handwerker nicht zu dem Vorfall äußern, ließ aber durch seinen Anwalt mitteilen, dass er an der abschüssigen Vorfahrt geparkt und sowohl den ersten Gang eingelegt als auch die Handbremse festgezogen hatte.
Glücklicherweise verletzte sich die Tochter damals nur leicht, der konnte sich vorher ins Auto retten. Gestern wurde die Tochter als Zeugin vernommen. Sie habe sich das Handgelenk gebrochen und hätte sieben Wochen nicht arbeiten können, sagt sie vor Gericht aus. Außerdem habe sie Prellungen und eine Platzwunde am Kopf gehabt. „Ich habe nur meinen Vater rufen hören. Dann traf der Transporter auch schon den Carport“, sagte die Kreutherin. „Ein Balken traf mich am Kopf, dann haben mich die Dachplatten unter sich begraben.“
Fahrlässigkeit oder technisches Versagen
Richter Leitner musste klären, inwiefern den Fahrer des Wagens Schuld am Unfall hatte. Dieser war sich jedoch sicher, alles richtig gemacht zu haben. Immer lege er den Gang ein und ziehe die Handbremse, ließ er seinen Verteidiger erklären.
Ein von der Staatsanwaltschaft beauftragter Sachverständiger ließ daran Zweifel aufkommen:
Mit erstem Gang und Handbremse bleibt das Auto stehen.
Der Sachverständige erklärte weiter, dass er am Fahrzeug selbst nichts habe überprüfen können. “Als ich beauftragt wurde“, erläuterte er, „war das Fahrzeug bereits weiterverkauft und nicht mehr aufzufinden.“ Allerdings sei er sich sicher, dass bei Einhaltung der Vorsichtsmaßnahmen der Wagen nicht den Berg herab gerollt wäre.
„Natürlich kann die Hangabtriebskraft die Trägheit des Motors überwinden, aber bei angezogener Handbremse ist das nicht möglich“, erklärte der Sachverständinge weiter. Eher zog er die Möglichkeit in Betracht, die Bodenbeschaffenheit könne das Fahrzeug zeitweise gestoppt haben. Es sei durchaus vorstellbar, dass aufgrund der speziellen Situation vor Ort, irgendetwas den Wagen gehalten habe – der Reifendruck, ein Stein oder etwas Ähnliches.
Allgemein gültige Aussagen gegen konkreten Vorfall
“Wir haben Tests vor Ort gemacht.”, widersprach der Verteidiger. “Baugleiche Fahrzeuge konnten sich in der Schräge nicht halten und sind immer sofort wieder rückwärts gerollt. Der Verteidiger zweifelte das Gutachten an. So meinte er:
Sie haben das Fahrzeug selbst nicht auf technische Mängel untersuchen können. Sie gehen nur vom allgemeinen Fall aus, können aber nichts Konkretes zum Transporter sagen.
Der Handwerker hatte sich nach dem Unfall bei der Verletzten entschuldigt und ihr sogar zweimal Obstkörbe vorbeigebracht. Auch der Schaden war bereits von der Versicherung abgedeckt. Blieb für Richter Leitner nur noch die Frage der fahrlässigen Körperverletzung offen.
Der Staatsanwalt sah die Anklageschrift bestätigt. Der Miesbacher sei eben seiner Sorgfaltspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Der Verteidiger hielt entgegen, dass man eben das nicht beweisen könne. Es hätten auch technische Mängel sein können, und die Staatsanwaltschaft habe keine Beweise vorbringen können.
Richter Leitner schloss sich der Sichtweise der Staatsanwaltschaft an. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass beide Sicherungen – Handbremse und Gang- versagen“, meinte Leitner. Eher könne sich das Gericht vorstellen, dass ein ungesichertes Fahrzeug vom Untergrund gehalten wird.
Der Handwerker wurde zur Zahlung einer Geldstrafe von 1.200 Euro verurteilt.
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