Mittlerweile handelte es sich um Prozess Nummer Drei wegen nicht gezahlter Miete. Für die Verhandlung ließ sich der Angeklagte aus Tegernsee durch seinen Anwalt vertreten und war selbst nicht anwesend. So waren die Juristen bis auf einen Zeugen unter sich. Es ging um eine Täuschung, die der Tegernseer bei einer Zivilgerichtsverhandlung vorgenommen haben soll.
Ein weiterer Rechtsanwalt, der als Zeuge aussagen sollte, weil er den Beschuldigten in einem vorhergehenden Verfahren vertreten hatte, machte von seinem Zeugenverweigerungsrecht Gebrauch.
Dreivierteljahr keine Miete gezahlt
Der Angeklagte hatte gemeinsam mit seiner Partnerin für eine Wohnung von September 2011 bis Mai 2012 keine Miete gezahlt. 2014 hatte sich sein Vermieter einen Titel zur Zwangsvollstreckung vor dem Zivilgericht in Miesbach erstritten.
Um 10.800 Euro ging es damals insgesamt. Der Beschuldigte wollte die Zwangsvollstreckung allerdings verhindern und reichte eine Vollstreckungsgegenklage mit dem Argument ein, die Schuld sei mittlerweile voll getilgt. Bei der Verhandlung ließ er seinen Rechtsanwalt Kontoauszüge vorlegen, die beweisen sollten, dass die Summe bezahlt sei. Dem zuständigen Zivilrichter und heutigen Zeugen fiel allerdings etwas auf:
Bei einer Überweisung war der Verwendungszweck geschwärzt und so nicht mehr zu erkennen. Es wurde behauptet, dass es sich um Zahlungen im Rahmen der Zwangsvollstreckung handelte.
Der Richter sah sich daraufhin auch die entsprechenden Bankunterlagen des Vermieters an. Hier war der Verwendungszweck deutlich zu erkennen. Die Zahlung war für die Miete August-September 2012 gedacht und nicht zur Tilgung der Schuld. Somit wurde der Vollstreckungstitel aufrechterhalten.
Schaden durch Schwärzung
Der Täuschungsversuch hatte Folgen – die nun vor dem Miesmacher Amtsgericht verhandelt wurden. “Können Sie sagen, wer die Schwärzung vorgenommen hat?”,wollte der Verteidiger von dem damaligen Richter wissen. “Dafür kommen ja mein Mandant, seine Lebensgefährtin oder der Anwalt in Frage.”
Der damalige Richter konnte hierzu auch keine Hinweise geben. Auch der Vermieter war zwar als Zeuge geladen, konnte aber diesbezüglich nicht weiter helfen. Selbst über den aktuellen Schuldenstand war er nicht informiert.
Die Staatsanwaltschaft erklärte in ihrem Schlussvortrag, dass sie meine, der Prozess habe die Anklagepunkte bewiesen. Der Angeklagte habe sich durch die Täuschung dem gerichtlichen Titel entziehen wollen. Die Staatsanwältin forderte eine Geldstrafe über 100 Tagessätze zu 20 Euro. Der Verteidiger sah das ganz anders:
Wir wissen nicht, wer die Schwärzung vorgenommen hat. Es ist auch kein wirtschaftlicher Schaden entstanden. Ich plädiere auf Freispruch, denn das Gesetz sieht vor, dass nur dann bestraft wird, wenn auch ein Schaden entstanden ist.
Richter Leitner fand das sehr wohl wirtschaftlicher Schaden entstanden sei. „Der Angeklagte wollte dem Vollstreckungstitel entgehen und dem Vermieter die Prozesskosten aufbürden“, so Leitner. „Außerdem bin ich mir sicher, dass er zumindest an der Täuschung durch die Schwärzung der Betreff-Zeile beteiligt war.“ So verurteilte der Richter den Angeklagten zu den geforderten 2.000 Euro Strafe und zur Übernahme der Kosten des Verfahrens.
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