Die Schleierfahnder von Kreuth

Rauschgift, Falschgeld, unechte Papiere – gerne auch luxuriöse Autos. Darauf haben es die Kreuther Fahnder abgesehen. Unauffällig schwimmen sie im Verkehr. Meistens auf der Salzburger Autobahn.

Manchmal fällt einer auf. Dann ziehen sie den Autofahrer heraus. Die Schleierfahnder um ihren Chef Thomas Heinrich kennen die Täterprofile genau.

Die Schleierfahnder bei der Arbeit auf der Autobahn
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„Polizei“ steht in kleinen Lettern auf dem Klingelschild des unauffälligen Einfamilienhauses. Es könne zwar jeder wissen, wo sie sitzen, aber für die tägliche Polizeiarbeit sei die Wiesseer Polizeiinspektion zuständig. „Ich sehe uns nicht als Sondereinheit“, erklärt Polizehauptkomissar Thomas Heinrich, der seit Juli 2012 die Truppe leitet.

Es ist einfach ein Zweig von vielen. „Aber wir sind nicht rund um die Uhr besetzt.“ Das sei der Grund, warum sie nicht groß „Polizei“ ans Gebäude schreiben. „Geheim bleiben müssen wir nicht.“

Von der Grenzstation zur verdeckten Fahndung

Was früher einmal die Grenzpolizeistation war, wurde 1997 im Zuge des Schengener Abkommens abgeschafft. Reisen ist in fast ganz Europa im wahrsten Sinne des Worts schrankenlos möglich, sowohl für die “Guten” als auch die “Bösen”. Grenzkontrollen gibt es nicht mehr. Verdeckte Fahndungen aber sehr wohl.

13 Polizisten zwischen 26 und 56 Jahren sind im Einsatz. Rund um die Uhr. Aber zu flexiblen Arbeitszeiten. Und an verschiedenen Orten. Damit die Täter erst gar kein Muster erkennen können und den Fahndern nicht entkommen. Die einzige Frau ist gerade in Mutterschutz, erfahren wir von Heinrich.

Polizeihauptkomissar Thomas Heinrich – seit 1986 bei der Polizei

9.30 Uhr, Schichtbeginn für Marco M. (Name geändert). Er setzt sich ans Steuer des schwarzen BMWs, Kollege Matthias N. (Name geändert) nimmt auf dem Beifahrersitz Platz. Immer zu zweit fahren die beiden Streife. 90 Prozent ihres Arbeitstages verbringen sie in ihrem Wagen. Aufgabe ist es unter anderem, die Einreise von Straftätern zu verhindern.

Im ganzen Landkreis unterwegs

Haupteinsatzgebiet ist die Salzburger Autobahn zwischen Irschenberg und Holzkirchen. Stets sind sie auf der Suche nach Gütern, die manche illegal transportieren. Wenn ihnen ein Fahrzeug komisch vorkommt, ziehen sie es aus dem Verkehr heraus. So wie kürzlich den Kleinbus bei Holzkirchen. “Den schau’n wir uns mal an.“ Wer verdächtig ist, das kommt mit der Erfahrung. Eine spezielle Ausbildung gibt es für die Fahnder nicht.

Die Polizisten zeigen ihre Dienstausweise vor und bitten um Führer- und Fahrzeugschein sowie um die Personalausweise. Im Auto: drei Bulgaren. Doch das Gepäck kommt den Fahndern seltsam vor. Es passt nicht zu den drei Männern, trägt außerdem eine unpassende Adresse.

Diebesgut und Menschenschleuser

Bei genauer Überprüfung stellt sich heraus, dass die Gepäckstücke gestohlen sind. Um über „dunkle Kanäle“ neue – von der Vorgeschichte nichtsahnende – Eigentümer zu finden. Der Besitzer der wertvollen Koffer hatte seinen Verlust bei der örtlichen Polizei angezeigt und erhielt seine Stücke zurück. Häufig macht sich die enge Zusammenarbeit mit Zoll, Bundespolizei, Kriminaldienststellen oder hausinternen Dienststellen bezahlt. „Weitere Ermittlungen machen wir nicht“, bekundet Heinrich. Das erledigen dann die Kollegen.

330 Fahndungstreffer landeten die Kreuther im vergangenen Jahr. „Da war alles dabei“, erzählt der 45-Jährige. 160 illegale Aufenthalte stellten sie fest. Damit geht dann meist auch Urkundenfälschung einher – gefälschte Pässe. Woher die Leute kommen, hängt meist eng mit den weltweit herrschenden politischen Zuständen zusammen. Iraker, Syrier, Menschen aus „Rest-Jugoslawien“ greifen die Beamten auf – und zusätzlich ihre Schleuser.

Rauschgift. Falschgeld. Haufenweise Autos

Die Beamten sind so etwas wie menschliche Grenzschranken. Aufgabe der beiden in Zivil gekleideten Beamten ist es, die “Bösen” unter den Tausenden von Auto-, Bus- oder Lastwagenfahrern herauszufiltern. 60 Rauschgiftfälle hatten sie allein in 2012. „Kokain, Heroin, Haschisch, aber auch Dopingmittel – da war alles dabei“, weiß Heinrich. „Designerdrogen“ ziehen eher die Kollegen im Osten heraus.

Auch Falschgeld konnten die Kreuther sicherstellen. Und Autos, die ihren rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben wurden. Den Rottacher freuen solche Erfolge. Trotz aller Erfahrung – bei der Schleierfahndung gehört zum Erfolg auch immer ein Quäntchen Glück dazu. Mit jedem Zugriff lernt man schließlich immer dazu. „Der Rumäne fälscht jetzt so oder so.“ Und so machen Heinrich und seine Kollegen an sieben Tagen in der Woche weiterhin ihre Touren – und sind da, auch wenn man sie nicht sieht.

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