Aus Europa ins Oberland

Aktualisierung vom 24. April / 8:57 Uhr
Schaftlach, Rottach-Egern, Gmund, Dürnbach und nun Kreuth. In den letzten zwei Jahren haben viele Freiwillige Feuerwehren rund um den Tegernsee ihre Fahrzeuge ausgetauscht.

Dabei ist der Bedarf in den meisten Fällen gut begründet, die Feuerwehrautos sind oft mehrere Jahrzehnte alt und fallen manchmal komplett aus.

Neues Löschfahrzeug für Kreuth

Über 100 aktive Feuerwehrler bei 122 Quadratkilometer Gemeindefläche hat die Kreuther Feuerwehr. Vier Gerätehäuser und sechs Fahrzeuge für diverse Ortsteile und vor allem eine Bundesstraße mit einer Länge von über 23 Kilometern.

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Nun hat die seit 137 Jahren bestehende Freiwillige Feuerwehr ein neues Löschgruppenfahrzeug bewilligt bekommen. 34 Jahre alt sei das alte des Weissacher Zuges und Ersatzteile demzufolge nur noch schwer zu bekommen, so der Kreuther Bürgermeister Josef Bierschneider auf der jüngsten Gemeinderatssitzung. Im letzten Jahr war es laut Bierschneider aus dem Grund auch mehrere Wochen nicht im Einsatz.

Dass die Notwendigkeit für die rund 220.000 Euro teure Anschaffung besteht, sahen auch die Kreuther Gemeinderäte so. Einstimmig beschlossen sie den Zuschussantrag zu genehmigen. Die Gemeinde will die Kosten auf zwei Jahre aufteilen. Laut Bierschneider habe man aus dem Grund den Posten bereits im Haushalt 2014 / 2015 eingeplant.

Ursprünglicher Artikel vom 18. April:
Irgendwo in Europa. Zwei Männer polieren noch ein letztes Mal über den roten Lack. In Kürze erwartet man die Abgesandten aus Schaftlach, die ihr neues Löschfahrzeug abholen kommen. Doch bis das Szenario soweit Realität wird, dürfte noch über ein ganzes Jahr vergehen.

Weil sich die EU-Richtlinien ändern, soll das Fahrgestell zum geplanten Löschfahrzeug noch im laufenden Jahr ausgeliefert werden. Doch der Neuerwerb ist gar nicht so einfach. Weil es um eine Investition geht, die mehr als 200.000 Euro kosten wird, sind die Waakirchner verpflichtet, diese EU-weit auszuschreiben. Toni Demmelmeier erklärte in der Sitzung, wie so etwas läuft.

Der neue HLF20 der Gmunder Wehr

Er ist einerseits Kämmerer bei der Gemeinde Waakirchen. Sein Herz schlägt aber auch für die Feuerwehr. Deshalb hat er die Aufgabe – sich gemeinsam mit einer 10-köpfigen Gruppe um die Ausschreibung des Fahrzeuges zu kümmern – freiwillig übernommen. 15 Stunden Sitzung liegen bereits hinter der Gruppe. Und in den kommenden zwölf Monaten wird sich diese Zahl noch deutlich erhöhen.

Nicht nur Besprechungen gilt es zu meistern. Der Weg zum neuen Fahrzeug ist langwierig. Der Anfang stellt in der Regel die Festlegung des zukünftigen Fahrzeugkonzepts dar. Nachdem das Projektteam zusammengestellt ist, beginnt man mit Besichtigungen und Vorführungen von Vergleichsmodellen. „Sechs Fahrzeuge bei anderen Feuerwehren haben wir uns angesehen“, bestätigt Demmelmeier.

Jedes Detail beschreiben

Weil die EU-Richtlinien laut Kämmerer sehr kompliziert sind und man in der Ausschreibung jedes Detail – „quasi jede Schraube“ – beschreiben muss, suchte man sich Rat, bei jemand, der solche EU-Ausschreibungen bereits etliche Male gemeistert hat: Konrad Bischel von der Weilheimer Feuerwehr. Zweimal war Bischel in Schaftlach bei den Besprechungen dabei, ansonsten kommunzierte man per E-Mail, um die Ausschreibungsunterlagen zu komplettieren.

Diese Hilfe kostet zwar ein bisschen was, ist aber im Vergleich zu den Fahrzeugkosten zu vernachlässigen.

Experte Bischel hat die Anforderungen der Schaftlacher bereits in die europaweite Ausschreibeplattform eingestellt. „Das läuft alles auf Deutsch“, verrät Demmelmeier. Jeder Hersteller in ganz Europa kann sich die Seite dann in seiner Muttersprache anzeigen lassen und so einwandfrei lesen, was “die da in Schaftlach” so brauchen und sich im Anschluss bewerben. „Die Anbieter melden sich bei mir“, erzählt Demmelmeier, „und dann verschicke ich das komplette Leistungsverzeichnis.“

Ein Fahrzeug für alles

Ein sicheres, geräumiges und vor allem praktikables Fahrzeug für die unterschiedlichsten Einsätze sollte es sein. Deshalb schien der Fahrzeugtyp HLF20 genau der richtige zu sein. Mit seiner extra breiten Mannschaftskabine können genügend Mann sicher zum Einsatzort und wieder unbeschadet zurück kommen.

Bei einem Brand in Piesenkam im Januar 2013
Bei einem Brand in Piesenkam im Januar 2013

Außerdem kann man die Beladung des Fahrzeugs individuell zusammenstellen. „Er ist gleichermaßen geeignet zum Einsatz bei Verkehrsunfällen und für Löscharbeiten“, berichtet Demmelmeier. Um Löschwasser über längere Strecken zu transportieren, möchte er außerdem eine TS8, eine spezielle Tragkraftspritze dazu haben.

360.000 Euro für Sicherheit

Die Kosten für das gesamte Fahrzeug werden voraussichtlich 360.000 Euro betragen. 85.000 bis 95.000 Euro für das Fahrgestell. Dazu kommen Kosten für den Aufbau sowie für die feuerwehrtechnische Beladung. Die Gemeinde hat die Ausgaben für das Fahrgestellt in den Haushalt 2013 aufgenommen, die restlichen Ausgaben wandern in die 2014-er-Bücher.

Bezahlen muss das Fahrzeug die Kommune nicht allein. Vom Freistaat ist ein Zuschuss in Höhe von 104.500 Euro zu erwarten. Ob man für das alte Fahrzeug – einen über 38 Jahre alten LF8 noch einen Erlös erzielen kann, bleibt fraglich. „Er ist ziemlich durchgerostet“, weiß Demmelmeier.

Der Weg zum Fahrzeug ist lang

Der Zeitplan ist nun folgendermaßen vorgesehen: Am 12. Juni werden im Rathaus alle bis dahin vorliegenden Angebote überprüft und bewertet. Am 9. Juli soll in der Gemeinderatssitzung die Auftragsvergabe erfolgen. Die nicht berücksichtigten Anbieter bekommen im Anschluss von Demmelmeier ein Schreiben. Im November soll das Fahrgestell dann zum Aufbauhersteller geliefert werden.

Die Schaftlacher Feuerwehrler freuen sich schon heute auf "ihren HLF".
Die Schaftlacher Feuerwehrler freuen sich schon heute auf “ihren HLF”.

Dann wird das Fahrzeug nach den Schaftlacher Wünschen zusammengestellt und vom TÜV abgenommen. Schon heute freuen sich die Feuerwehrler auf Juli 2014, wenn sie das Fahrzeug im Herstellerwerk abholen können. Irgendwo in Europa.

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