Vor vier Jahren hat sich die Rottacherin Juanita Haas-Müller mit 62 Jahren dazu entschlossen, eine Ausbildung zur Hospizbegleiterin beim Verein „Hospizkreis im Landkreis Miesbach“ zu absolvieren. Auslöser für diese Entscheidung war unter anderem der Tod ihrer beiden Eltern, die sie bis zum Ende begleiten durfte.
Das Interesse für die Endlichkeit des menschlichen Lebens war schon seit ihrer Kindheit vorhanden. Mit sechs Jahren verlor Juanita Haas-Müller durch einen tragischen Unfall ihren Bruder. „Seitdem hatte ich wahnsinnig Angst vor dem Tod“, erinnert sie sich.
Die Begleitung sterbender Menschen hat diese Einstellung jedoch grundlegend verändert. „Die Gesichtszüge Sterbender sind gelöst“, berichtet sie aus ihrer Erfahrung und fügt hinzu:
Am Ende kommt der Frieden.
Etwa ein- bis zweimal pro Woche besucht sie ihre jeweiligen “Schutzbefohlenen“ in Seniorenheimen, Krankenhäusern, Hospizen oder auch zuhause. Die Dauer eines Aufenthalts richtet sich nach Stimmung und Gesundheitszustand des Menschen. Die gesamte Zeit einer Begleitung kann ein paar Tage dauern oder auch mehrere Monate.
Ein sehr langer Begleitzeitraum ist eher die Ausnahme. In der Regel werden Besuche von HospizbegleiterInnen erst angefragt, wenn das Leben eines Menschen vorraussichtlich bald zu Ende geht. Der „Hospizkreis im Landkreis Miesbach e.V.“ mit Sitz in Holzkirchen gliedert sich in drei Gruppen für Holzkirchen, Miesbach und das Tegernseer Tal. In jeder Gruppe sind jeweils bis zu fünfzehn ehrenamtliche Hospizbegleiter- und begleiterinnen unterschiedlichen Alters.
Achtsamer Umgang mit sterbenden Menschen
Regelmäßig finden Gruppentreffen und Supervisionen statt. In diesen Treffen erhalten die ehrenamtlichen Hospizbegleiter Unterstützung durch fachliche Fortbildungen und Reflexionen. Juanita Haas-Müller leitet die Gruppe im Tegernseer Tal.
Während ihrer rund neunmonatigen Ausbildung lernte sie unter anderem den sensiblen und achtsamen Umgang mit schwerstkranken, sterbenden Menschen. Auch einige pflegerische Handgriffe wurden ihr beigebracht. Angehende Hospizbegleiter werden vorab durch ein Praktikum behutsam an ihre neue Aufgabe herangeführt.
Begegnung ohne Absicht
Doch wie begegnet man einem Menschen, der weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat? „Absichtslos“, lautet die schlichte Antwort der Hospizbegleiterin. „Ich stelle mich auf jeden Menschen individuell ein. Manche sprechen gar nicht mehr. Dann versuche ich zu erspüren, was sie möchten und was sie bewegt.
„In Beziehung gehen”, lautet der Schlüssel für die engagierte Ehrenamtliche. Sie begleitet oft Menschen, die vereinsamt sind. „Da tun Berührungen so gut“, erzählt sie. Manchmal wollen die Menschen mit ihr singen, beten oder dass sie etwas vorliest.
Manchmal erfährt sie ganz private Dinge aus dem persönlichem Leben und manchmal bekommt sie sogar das eine oder andere bislang streng gehütete Familienrezept mit auf den Weg. „Für Dampfnudeln zum Beispiel“, berichtet sie mit einem Lachen.
Humor ist überhaupt sehr wichtig, auch am Ende des Lebens.
Juanita Haas-Müller hat ihre Tätigkeit als Hospizbegleiterin auf ganz natürliche Weise in ihr tägliches Leben integriert. Zum Ausgleich wandert sie in den Tegernseer Bergen oder besucht kulturelle Veranstaltungen. Auch ihre vier Enkel sorgen dafür, dass die Oma voller Lebensfreude bleibt.
So unterschiedlich die Menschen auch sind, die Juanita Haas-Müller begleitet, eines scheint alle auf dem letzten Weg des Lebens zu vereinen: „Am Schluss zählt nicht der berufliche Erfolg oder der Betrag auf dem Konto, sondern zwischenmenschliche Beziehungen. Alles andere ist unwichtig.“ Einer ihrer Lieblingssätze stammt aus der Feder des Lyrikers Erich Fried: „Es ist, was es ist, sagt die Liebe“.
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