Als ich bei Andreas Reiter auf den Hof in Waakirchen fahre, entdecke ich zuerst ein fuchsfarbenes Pferd mit breiter Blesse, das mich neugierig betrachtet. Auch Hühner, Ziegen, Katzen und Hunde laufen hier ganz unbeschwert frei herum. Deshalb muss ich ganz schön aufpassen, als ich zur “Green Hills Appaloosa Ranch” vorfahre, Schritttempo ist angesagt. Andreas Reiter ist dann auch der erste Mensch, den ich zu Gesicht bekomme. Auf die Frage, ob das Pferd an der Einfahrt ein Appaloosa ist, verneint er. Es sei ein Einstellerpferd, bei denen auch Nicht-Appaloosas willkommen sind.
Seine rund 40 Pferde sind alle nicht im Stall, sondern den ganzen Sommer auf der Koppel. Erst beim ersten Schneefall kommen sie in den Stall. Die große Herde ist in zwei Gruppen geteilt, zum einen in die Mutterstuten mit ihren Fohlen und einem Zuchthengst, zum anderen in die Ein- und Zweijährigen, die sich ihre große Weide mit den älteren und nicht mehr eingesetzten Zuchtstuten teilen.
Andreas Reiter, früher noch Milchbauer, wollte weg von der Milchviehwirtschaft. Da er sich immer für Pferde interessiert hat, entschied er sich für die Zucht, denn das Reiten hatte er an den Nagel gehängt. Er hatte zunächst begonnen Kaltblüter zu züchten, doch diese waren ihm irgendwann nicht mehr spannend genug. Reiter stellte bei seinem ersten Zuchtvorhaben fest:
Also es war immer für mich festgestanden, dass ich Pferde züchten wollte nebenbei und dann habe ich das schon mal angefangen mit Kaltblütern, wobei ich nicht viel Glück gehabt habe. Dann habe ich auch gemerkt, dass – obwohl es wunderschöne Pferde sind, ich mag Kaltblüter gerne – das aber nicht meine Rasse ist, wo ich sag’, da kann ich die Begeisterung entgegenbringen.
Außerdem wollte er eine seltene Rasse züchten, von der es vor allem in Deutschland noch nicht so viel gab. Begonnen hat die Appaloosa-Zucht mit einer Einstellerin, die zwei Appaloosa-Pferde bei Reiter eingestellt hatte. Andreas Reiter war sofort Feuer und Flamme für diese Pferderasse. Der erste Schritt war dann, sich ein Hengstfohlen zu kaufen, welches er in Österreich gefunden hatte. Danach ging alles recht schnell, denn er hatte hier und da weitere Stuten ausfindig gemacht (sogar auf Ebay-Kleinanzeigen!), sodass binnen 2 Jahren 12 Stuten beisammen waren.
Bei seiner Auswahl war ihm wichtig, dass alle Pferde ein gutes “Pedigree” aufweisen. Das ist der Stammbaum des Pferdes und seiner Vorfahren mit dem Nachweis, dass sie reinrassig sind, das heißt, sogar der noch etwas selteneren Unterrasse der Appaloosa-Foundation-Pferde angehören. Diese haben nicht wie bei so vielen anderen Züchtungen das beliebte Westernreitpferd “Quarterhorse” mit eingekreuzt.
Dadurch können sie buntere Farben aufweisen als die Mischrasse, was einer der Gründe ist, warum sie Andreas Reiter so gut gefallen. Besonders der sogenannte “Leppard”, also ein weißes Pferd mit braunen oder schwarzen Punkten, hat es ihm angetan. Dank seiner reinen Züchtungen hat er auch viele der seltenen “Tigerschecken”, wie man auch sagt, bei sich stehen. Generell kann aber ein Foundation-Appaloosa alle Farben (außer Großscheckiges) haben. Appaloosa-Züchtung ist schon eine Wissenschaft für sich:
Es gibt 15 Grundfarben, von denen es aber auch wieder jeweils hunderte Abstufungen gibt. So ist es eigentlich jedes Jahr im Frühjahr eine Überraschung, wenn die Fohlen auf die Welt kommen!
Doch nicht nur die Fellfarben sind eigensinnig. Auch der Charakter der Pferde sei mit keiner anderen Rasse zu vergleichen, so Reiter. Er bekennt, dass vor allem die Unterrasse der Foundation Appaloosa menschenbezogener seien. Ähnlich wie Menschen hätten diese ihren eigenen Kopf und ließen sich nicht so leicht schikanieren. Er bringt das in Verbindung mit den Quarterhorses, die leichter zu Kunststücken von Westernreitern zu dressieren seien.
Andreas Reiter ging auch schon früh auf Züchtertreffen und trat dem “Appaloosa Horse Club Germany” bei, dem Verband der Appaloosa-Züchter Deutschlands. Auch eigene Zuchtschauen gibt es, veranstaltet durch den APHCG am Hof von Andreas Reiter. Dieses Jahr stellte er seine acht Fohlen vor, von denen einer zum Bayern-Champion gekürt wurde aus allen Appaloosa-Fohlen in ganz Bayern.
Zucht auf hohem Niveau
Man merkt, wie stolz Reiter ist auf seine jährlich stattfindenden Zuchtschauen, bei denen jedes Jahr mindestens ein Fohlen prämiert wird. Dies liege seiner Meinung nach auch an dem hohen Niveau, das er bei seiner Zucht bewahren will. Er lässt sich jedes Jahr für seine Neu-Fohlen Zuchtbescheinigungen aus den USA kommen, was einiges kostet. Denn dort werden Bluttests zur unverfälschten Foundation-Blutlinie gemacht. Doch dies sei es ihm wert, sagt Reiter. “Die ständige hohe Qualität wird ja auch, wie man kürzlich wieder bei unserer Zuchtschau sehen konnte, mit Auszeichnungen durch die Zuchtrichter belohnt.”
Verdienen tut er mit den Prämierungen allerdings bis auf ein paar Futtergutscheine nichts. “Es ist eigentlich ein reines Hobby, ich kann damit eigentlich fast nur meine laufenden Kosten decken. Leben kann ich davon nicht”, so Reiter. Nur über die Einsteller und demnächst auch durch die Vermietung von Ferienwohnungen, kann er seinen Lebensunterhalt bestreiten.
Ohne Helfer geht es nicht
Fast immer mit dabei ist Veronika Murböck, die schon seit Jahren vor allem bei den Vorbereitungen für die Zuchtschauen, hilft. “Bei der Menge an Pferden braucht man einfach ein paar helfende Hände und Veronika ist da eine echte Stütze”, betont Reiter. Auch die Einstellerin Sandra Stieglbauer-Reheis trainiert mit den Pferden und bietet pferdegestütztes Selbstcoaching an. Und Claudia Hallenbacher, ausgebildete Pferdetrainerin und Pensionsstallbesitzerin, führt demnächst das Anreiten der Dreijährigen durch.
Fun-Fact am Rande: auch wenn uns Andreas Reiter dies durch seinen Namen glauben machen will, ist er kein Reiter. Bei dem Besuch der TS gab er aber zu: “Nur gestern bin ich wieder einmal auf dem Pferd gesessen, ohne Sattel! Da haben die Damen schon gestaunt, als sie das gesehen haben, die haben ja geglaubt, ich kann das gar nicht mehr!”
Hier ein paar Eindrücke von Reiters Hof:
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