Dem Gesundheitsamt Miesbach wurden am 23. 12. 2020 48 Neuinfektionen und am Heiligabend sogar 68 Neuinfektionen gemeldet – die zweit- und dritthöchste Anzahl an Neuinfektionen pro Tag seit Beginn der Pandemie. Mehr Fälle (98) wurden nur am 23.03. 2020 gemeldet. Die 7-Tage-Inzidenz ist mit über 200 so hoch wie nie im Landkreis.
Seit dem Heiligabend wurden mit insgesamt 51 Fällen in vier Tagen zwar wieder deutlich weniger Fälle gemeldet. Aber Entwarnung gibt das Gesundheitsamt nicht – im Gegenteil. „Weil viele Arztpraxen über die Feiertage geschlossen hatten, geht das Gesundheitsamt davon aus, dass viele erst jetzt zum Testen gehen und die Zahlen in den kommenden Tagen erneut steigen“, so die Pressesprecherin des Landratsamts Sophie Stadler.
Das Infektionsgeschehen im Landkreis ist nach wie vor diffus, d.h. durch alle Gemeinden und Bevölkerungsgruppen verteilt. Jedoch sind kurz vor bzw. an den Feiertagen einige größere Cluster, also Infektionsschwerpunkte aufgedeckt worden:
- Wie berichtet, wurde ein Bewohner einer Asyl-Gemeinschaftsunterkunft in Warngau positiv auf das Virus getestet. Er und sein direkter Mitbewohner wurden daraufhin für die Quarantäne-Zeit in eine andere, leerstehende Wohnung im Landkreis verlegt. Die anschließende Reihentestung in der Einrichtung zeigte allerdings, dass das Virus schon weit verbreitet ist: 25 der 45 Getesteten sind positiv. Es macht infektiologisch keinen Sinn mehr, so viele positiv getestete Bewohner für die Quarantänezeit in andere Unterkünfte zu verlegen, abgesehen davon, dass die freien Kapazitäten in der Unterbringung von Geflüchteten sehr begrenzt sind. Die Bewohner bleiben also in der Unterkunft. Ihnen wird dort der Aufenthalt im Freien durch die Abgrenzung des Grundstücks mit einem Bauzaun ermöglicht.
- Weiter verantwortlich für den starken Anstieg der Zahlen sind vier Familien-Infektionscluster. In vier einzelnen Familienverbänden sind jeweils bis zu zehn Personen positiv getestet worden.
- Bei den übrigen Fällen handelt es sich um Einzelfälle oder kleinere Haushalte.
Dem Gesundheitsamt wurden außerdem vier weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus gemeldet: „Drei Männer und eine Frau, alle im sehr hohen Alter, verstarben an oder mit dem Virus. Insgesamt sind bisher 21 Personen an oder mit dem Virus verstorben; elf davon seit 08.12.2020“, so Stadler weiter.
Trotz der steigenden Infektionszahlen und der hohen Inzidenz ordnet das Landratsamt Miesbach derzeit keine weiteren, verschärfenden Maßnahmen in Ergänzung zu den bekannten Maßnahmen der Staatsregierung an. Landrat Olaf von Löwis hat jedoch heute Ministerpräsident Markus Söder und Landtagspräsidentin Ilse Aigner um Unterstützung wegen des überbordenden Ausflugstourismus gebeten. Seine SMS an den Ministerpräsidenten im Wortlaut:
Lieber Markus,
ich nerve dich nur sehr ungern per SMS. Aber bei uns ufert der Tagestourismus aus. Es brennt wirklich (Spitzingsee, Schliersee u. a.).
Was kann man tun, um die Ausflugswilligen zu sensibilisieren und zu informieren?
Unser Krankenhaus befürchtet zurecht, dass die Notaufnahme durch die vermutlich vermehrt auftretenden Verletzungen überlastet wird. Auch unser Krankenhaus hat mit den Coronapatienten, die zunehmen, mehr als genug zu tun.
Der Appell „bleibt zu Hause“ muss durch Regeln bei der Ausgangsbeschränkung untermauert werden. Die Polizei ist am Limit.
Danke und herzliche Grüße
Dein Olaf
Landrat von Löwis untermauert seinen Vorstoß: „Ich bin entsetzt, wenn ich die Bilder von den Autokolonnen und den überfüllten Parkplätzen vom Wochenende sehe. Ich verstehe ja, dass jeder bei schönem Wetter raus in die Natur will. Aber wir stecken mitten in einer weltweiten Pandemie! Dann muss man halt mal eine Zeit lang nur von der eigenen Haustüre aus spazieren gehen und kann nicht aufs Land fahren. Man muss ja auch bedenken: Verletzt sich jemand beim Spaziergang, beim Wandern oder beim Schlittenfahren in unserem Landkreis, kommt er mit hoher Wahrscheinlichkeit in unser Kreiskrankenhaus Agatharied. Wir dürfen die lokalen Notaufnahmen nicht überlasten! Die Mitarbeiter des Krankenhauses arbeiten seit Monaten am Limit.
Wir müssen alle Kräfte auf die Versorgung von Corona-Patienten und Notfällen konzentrieren. Ich bitte noch einmal alle Ausflügler: Bleiben Sie zu Hause! Seien Sie verantwortungsvoll den Landkreisen an der Alpenkette und deren Bewohnern gegenüber! Ich hoffe sehr auf die Unterstützung der Staatsregierung für uns und die umliegenden Landkreise und dass man uns die notwenigen Mittel an die Hand gibt, die wir brauchen, um den überbordenden Ausflugstourismus in den Griff zu bekommen. Wir brauchen eine gemeinsame Lösung!“
Ilse Aigner hat sich bereits telefonisch bei von Löwis zurückgemeldet und versprochen, das Thema auf Regierungs-Ebene zu besprechen.
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