Paradies Bergwelt – und die Tiere?

Skitouren gehen, in den Bergen abseits anderer Menschen wandern und die Stille der Natur genießen. Für viele zurzeit die einzige Möglichkeit rauszukommen. Doch bei all dem Bergsport wird die Natur mit ihren Bewohnern schnell vergessen. Was bedeutet der Run auf die Berge für unsere heimische Tierwelt?

Skitouren werden immer beliebter, die wenigsten wissen aber, worauf sie in der Natur achten sollten.

Gerade in Zeiten von Corona bleibt den Menschen oft nichts anderes, als in die Natur und die Berge zu flüchten. Individualsportarten, wie das Skitourengehen im Winter, werden immer beliebter. Hat sich dieser Trend bereits in den letzten Jahren abgezeichnet, wurde er durch die eingeschränkten Möglichkeiten während der Corona-Pandemie nochmals beschleunigt.

Tier- und Naturschützer stehen diesen Entwicklungen mit einer gehörigen Portion Skepsis gegenüber, denn sie wissen, im Gegensatz zu den meisten Berggängern, um die Bedrohung der Tierwelt. Florian Bossert ist der Gebietsbetreuer des Mangfallgebirges. Er berichtet von der Schattenseite des Trendsports Skitourengehen. Bossert betreute bis vor vier Wochen das weitläufige Gebiet „Mangfallgebirge“ ganz alleine. Er sieht es unter anderem als seine Aufgabe,

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Verständnis und Sensibilität zu schaffen, für alles was dort lebt.

Denn gerade das scheint vielen Besuchern der Bergwelt zu fehlen. Den Allerwenigsten sei bewusst, dass sie sich in alpinem Raum befinden, das werde besonders durch die mangelnde Vorbereitung deutlich, so Bossert. Dadurch kommen sowohl der Naturschutz, als auch die eigene Sicherheit fast immer zu kurz. Allzu oft treffe man Wanderer, die einfach mal in Turnschuhen und ohne Wechselkleidung herausgefahren sind, „um dann mal zu schauen wo es hochgeht“. Frei nach dem Motto: Irgendein Schild wird sich schon finden, das Kartenlesen und jegliche Vorbereitung auf eine Tour fehle da komplett, bemängelt Bossert.

Bedrohte Art “Raufußhuhn”

Dabei betreten Ausflügler oftmals sensible Lebensräume von teils stark gefährdeten Arten, ohne sich dessen bewusst zu sein. Primär betroffen sind die Raufußhühner, genauer Birk- und Auerhuhn, beides Arten, die vom Aussterben bedroht sind. Diese Tiere graben sich gemütliche Schneehöhlen in denen sie verharren, bis sie in der Dämmerungszeit ein kurzes Zeitfenster zum Fressen nutzen. Werden sie von Tourenskigängern gestört und müssen fliehen, steigt ihr sowieso schon sehr hoher Energiebedarf ins unermessliche. Nicht selten muss ein Raufußhuhn bei kalten Temperaturen draußen schlafen, weil es nach der Flucht nicht mehr in sein Schneeloch zurückfindet.

Auch die hier heimischen Gams- und Rotwildarten können durch das Eindringen in ihren Lebensraum schnell verschreckt werden und zu Futterzeiten vertrieben werden. Besonders kritisch ist der aufkommende Trend, nachts mit Stirnlampe oder in der Dämmerung aufzusteigen. Denn die meisten Tierarten seien nun mal darauf gepolt tagsüber in Deckung zu bleiben und in Dämmerung oder Dunkelheit aktiv zu werden, erklärt Bossert. Wenn die Tiere dann in den kurzen Zeitfenstern, in denen sie fressen, gestört werden, steigen Stress und Energieverbrauch. So ist Bosserts Appell:

Bitte nicht nachts auf die Berge und wenn, dann nur bei ausgeschriebenen Touren!

Froh ist der Gebietsbetreuer über die Unterstützung der ATS Ranger, die ihn seit zirka vier Wochen begleiten. Mit deren Hilfe habe er ganz andere Möglichkeiten einzugreifen. Erfolgversprechend ist scheinbar die private Ansprache und Aufklärung von Menschen im Gebirge. Denn Beschilderungen von Schutz- und Schongebieten werden oft gar nicht wahrgenommen. Doch durch das aktive Auftreten und den Kontakt in den Bergen, erfreut er sich mit seinem Team zunehmender Bekanntheit.

Mehr Sicherheitsdenken und allgemeine Kenntnisse bräuchten die meisten Besucher in jedem Fall, da ist sich Bossert sicher. Viele der neu hinzugekommenen Bergsportler können diese in keinem Fall haben, da ja derzeit auch nicht die Möglichkeit bestehe Lawinenkurse zu belegen. Offenbar nehmen viele die Gefahren nicht ernst genug, denn zu Bosserts Verwunderung waren scheinbar in der vergangenen Woche trotz Lawinenwarnstufe 3 und 4 einige Skifahrer an steilen Hängen unterwegs. Die Abfahrtsspuren entdeckte Bossert mit seinem Team, als sie sich bei weniger Gefahr in die betroffenen Gebiete aufmachten.

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