Am 26. Februar 2009 wurde Manfred Genditzki verhaftet. Er soll die 87-jährige Lieselotte K. in ihrer Wohnung in Rottach-Egern bewusstlos geschlagen und sie danach in ihrer Badewanne ertränkt haben. Der Fall wurde deutschlandweit als Badewannenmord bekannt. Am 17. Januar 2012 sprach ihn das Landgericht München II für schuldig und verurteilte ihn zu lebenslanger Haft wegen Mordes und vorsätzlicher Körperverletzung.
Anwältin kämpfte fast zehn Jahre lang für seine Freilassung
Jetzt, 13 Jahre später, wurde der Wiederaufnahmeantrag vom Landgericht München I für begründet erklärt und die sofortige Haftentlassung angeordnet. Bis zur erneuten Hauptverhandlung gilt die Unschuldsvermutung für den ehemaligen Hausmeister, der sich damals um die alleinlebende Rentnerin in Rottach-Egern kümmerte.
Ein neues thermodynamisches Sachverständigengutachten soll es möglich gemacht haben, einen Todeszeitpunkt zu berechnen, der weit außerhalb des ursprünglich angenommenen Tatzeitpunkts liegt und damit die Täterschaft Genditzkis ausschließt. Ergänzend dazu zieht eine computergestützte biomechanische Simulation ein Sturzgeschehen in Betracht.
Bei seiner Freilassung vor wenigen Tagen erwartete ihn seine Anwältin Regina Rick am Eingang der Justizvollzugsanstalt Landsberg. Fast zehn Jahre lang kämpfte sie für Genditzkis Freilassung. Ihr hat es der 62-Jährige zu verdanken, dass er zu seiner Familie und Kindern zurückkehren kann.
Menschen spendeten Geld zur Finanzierung der Gutachten
Seit Jahren ist Genditzkis Verurteilung heftig umstritten. Unterstützt wurde seine Anwältin deshalb auch von Spendern, die die langwierigen und kostspieligen Gutachten möglich machten. Zahlreiche Medien bezeichnen die Urteilsaufhebung als Paukenschlag in der deutschen Rechtsgeschichte und den Fall als Justizskandal. Doch wie geht der Mann, der über 13 Jahre lang im Gefängnis saß, mit all dem nun um?
Genditzki gehe es soweit gut, berichtet Stanislaus Benecke, der seit Jahren dessen Anwältin bei der Medienarbeit freiwillig unterstützt. „Er konnte im Glauben an die Gerechtigkeit für seine Unschuld die Probleme und Rückschläge verarbeiten.” Er habe sich in der Haftzeit immer vorbildhaft verhalten, hat in der Wäscherei gearbeitet und keinerlei Konflikte mit weiteren Insassen gehabt.
„Man darf nie aufhören, zu kämpfen“
Von seiner Familie und seinen Unterstützern wurde Genditzki nach all den Jahren sehr gut aufgenommen. Die Familie stand laut Benecke ungebrochen und ohne Zweifel all die Jahre hinter ihm. Die Wiedersehensfreude sei grenzenlos gewesen:
Seine Familie empfing ihn mit sehr großer Freude darüber, ihn endlich in die Arme schließen und ein kleines Stück Gerechtigkeit empfinden zu können.
Auch die Annäherung an seine jüngste Tochter, die kurz nach seiner Verhaftung 2009 geboren wurde, laufe ganz gut. Die Verarbeitung dieser langen Zeit werde allerdings eine Weile in Anspruch nehmen. Vieles hat der heute 62-Jährige 13 Jahre lang nicht mehr erlebt und gesehen. Hinzukommt, dass sich – gerade technologisch – auf dieser Welt einiges getan hat, das Genditzki noch neu ist.
Aktuell sei er damit beschäftigt, erstmal wieder zu sich zu finden und vor allem auch viele administrative Dinge zu erledigen, wie Behördengänge, und eine neue Arbeitsstelle zu finden. Körperlich und psychisch gehe es ihm den Umständen entsprechend ganz gut. „Man darf nie aufhören, zu kämpfen“, sagte Genditzki selbst bei seiner Freilassung am Freitag. „Nie und nimmer.“
Seine Anwältin Rick erwartet den Beginn der Hauptverhandlung erst 2023. Benecke betont aber abschließend: „Im Glauben an die Gerechtigkeit wird ihn die erneute Hauptverhandlung nicht belasten.“
SOCIAL MEDIA SEITEN