In unserem Nachbarland Tirol und auch in so manch benachbarten Landkreisen wird der Almabtrieb oder wie im Allgäu genannt Viehscheid, noch traditionell groß gefeiert. Dort findet man noch gelebtes Brauchtum. Die Kühe und Kälber, die den Sommer auf der Alm verbracht haben, kehren ins Tal zurück, wo sie den Winter im Stall verbringen werden. Sofern der Sommer auf der Alm ohne großes Unglück verlief, werden die Tiere aufwendig am Kopf geschmückt. Im Tal werden sie von begeisterten Zuschauern mit gezückten Kameras empfangen, die den Tag gemeinsam mit den Tieren, ihren Bauern und sonstigem Almpersonal zelebrieren.
In Thiersee in Tirol beispielsweise findet am Dorfplatz ein richtiges Fest statt, mit Bauernmarkt und kulinarischen Spezialitäten aus der Region. Dazu gibt es eine musikalische Umrahmung durch die Bundesmusikkapelle Landl. Abgerundet wird der Tag durch die Goaslschnalzer, Schuhplattler und Fahnenschwinger. Inmitten der Tiroler Bergwelt noch gelebte Tradition.
In unserer Region finden die Almabtriebe größtenteils geheim statt, kein Fest und oftmals nur mit wenigen Angehörigen der Bauernfamilie. Wer zufällig gerade vorbeikommt, darf zuschauen.
“Bauer will nicht, dass berichtet wird”
Auf Nachfrage gab uns Johann Stöckl vom Almwirtschaftlichen Verein Oberbayern (AVO) die Auskunft, dass der Almabtrieb in Oberbayern noch nie ein großes Fest gewesen sei. Vor allem werde dieser immer mit den Leuten, die mit der Alm beschäftigt waren, gefeiert. Geschmückt seien die Tiere zumeist auch hier, sofern bei den Almtieren und in der Almbauernfamilie nichts passiert sei. Die Tiere werden dann aufgekranzt mit verschiedenen, vor allem christlichen Symbolen, zum Beispiel aus Alpenrosen und Latschen. Der Schmuck sei allerdings in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich. Zusammenfassend erwähnt Stöckl:
Bei uns treibt jeder Almbauer oder jede Alm für sich ab und nicht die gesamte Ortschaft, wie im Allgäu.
Vergangenes Wochenende fand in Kreuth ein Almabtrieb statt, der als einziger der Tegernseer Tal Tourismus GmbH bekannt war. Auch ein Plakat mit einer Ankündigung war in Kreuth direkt am Kurgarten ausgehängt. Jedoch wurden wir von der TTT eindringlich darauf hingewiesen, dass eine Berichterstattung beziehungsweise Fotostrecke nicht erwünscht sei. Ansonsten gebe es Probleme mit dem Bauern.
Tradition, die immer mehr verloren geht
Der Geschäftsführer des AVO sagt, dass das Aufkranzen und der Abtrieb aber nicht mehr überall üblich sei. Häufig verlade man die Tiere auch direkt auf der Alm oder der nächsten Straße auf einen LKW. “Dies hat praktische Gründe, wenn man zum Beispiel über viel befahrene Straßen abtreiben müsste oder der Almbauer beziehungsweise der Auftreiber, sehr weit entfernt wohnt”, erwähnt Stöckl.
Außerdem berichtet der BR, dass im Allgäu auch die Corona-Pandemie dazu beigetragen habe, dass ein Wechsel bei den Viehscheiden zu beobachten ist. Niemand außer beteiligte Hirten, Bauern und Helfer durften während dieser Zeit auf das Viehscheidgelände. Zu Teilen sei das Gelände deshalb eingezäunt und abgeschirmt worden. In manchen Gemeinden gebe es gar keinen Viehscheid mehr. Die Verantwortlichen wollen wieder mehr zurück zu den Wurzeln und den Tieren einen angenehmeren und ruhigeren Empfang im Tal bereiten.
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