In einem Landkreis Miesbach, der unter Mangel von bezahlbarem Wohnraum leidet, sorgt die Meldung über “Illegale Vermietungen” für einen leichten Aufschrei des Entsetzens. Ebenso wenn die Zahl der Menschen steigt, die sich teure Immobilien im Landkreis nur zulegen, um vielleicht dreimal im Jahr hier ihren Urlaub zu verbringen. Leerstand hilft auch abgezahlt niemandem weiter.
Dann gibt es da noch Finanzierungsmodelle, mit denen sich nicht ganz so gut betuchte Menschen eine Ferienwohnung leisten können, indem sie, wenn sie nicht vor Ort sind, die Wohnung vermieten. Andere, meist Unternehmen, wiederum werden nur zu Bauherren oder Käufern von Wohnraum, um ihn zum Beispiel an zahlungskräftige Urlauber als “Serviced Appartment” zu vermieten. Ein lukratives Geschäft, wie es heißt.
Viele Gründe, warum ein Haus oder eine Wohnung dem regulären Wohnungsmarkt im Kreis entzogen werden. In Zeiten, in denen überall im Landkreis Stellen im Krankenhaus, den Pflegeeinrichtungen, in der Kinderbetreuung, im Handwerk oder der Gastronomie und Hotellerie nicht besetzt werden können, weil schlicht das zu erwartende Einkommen die Kosten für eine Mietwohnung nicht finanziert, ist die Empörung durchaus verständlich.
Zweckentfremdungsverbot lautet das böse Zauberwort
In Berlin wurden allein Geldbußen in Summe von 4,6 Millionen Euro für die illegale Vermietung von Ferienwohnungen ausgesprochen. Dort gilt seit 2014 ein Zweckentfremdungsverbot, das 2018 noch einmal verschärft wurde. Bußgelder von bis zu 500.000 Euro werden Vermietern angedroht, die ihren Wohnraum ohne Registrierung und Genehmigung der Stadt weitervermieten. Der bayerische Urlaubsort Lindau hat sogar 2021 einem Verbot für die Vermietung von Ferienwohnungen im Innenstadtbereich zugestimmt.
So weit sind wir im Tal noch lange nicht, wie auch Thomas Baumgartner, Leiter Kommunikation & Entwicklung bei der Tegernseer Tal Tourismus GmbH (TTT) bestätigt. Es komme zwar immer wieder vor, dass Wohnungen ohne die notwendigen Voraussetzungen vermietet werden, bestätigt Baumgartner, doch ein Problem wie in den Großstädten sieht er im Tal nicht. Immerhin seien die kleineren Beherbungsbetriebe, die mehr als Zweidrittel aller Gästebetten im Tal stellen, das Rückgrat der Branche am Tegernsee.
Jedoch verweist auch Baumgartner auf die scheinbare Sorglosigkeit mancher Vermieter im Tal. Der Manager der TTT bestätigt, dass immer wieder auch im Tegernseer Tal Vermieter ohne die notwendigen Voraussetzungen Wohnraum an Urlauber vermieten. Dabei werden oft vielfältige Aspekte wie Sicherheit, Hygiene, Versicherungen, bauliche Maßnahmen, die Nachbarschaft oder diverse Genehmigungen, die bei der Vermietung beachtet werden müssen, vernachlässigt. Baumgartner warnt:
Oft ist Vermietenden hierbei nicht bewusst, dass Sie neben gesetzlichen Verstößen auch erhebliche Risiken – unter anderem in der Haftung – eingehen.
Auch im Gemeinderat in Bad Wiessee wird vermehrt in den Sitzungen über die Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen diskutiert. Gesteigertes Interesse an einer solchen Umwidmung scheint es unter anderem am Lindenplatz zu geben. Dort wurde ein ehemaliges Hotel zu Eigentumswohnungen umgebaut. Nun wurde in der letzten Gemeinderatssitzung über den Antrag zweier Besitzer von Wohnungen beraten, die diese als Ferienwohnungen anbieten wollen. Trotz spürbarem Widerstand im Gremium mussten die Räte den Anträgen zustimmen.
Entziehen Ferienwohnungen tatsächlich potenziellen Wohnraum?
Hintergrund für die zähneknirschende Zustimmung ist die Lage am Lindenplatz. Das Gebiet ist als Mischgebiet ausgeschrieben, womit einer gewerblichen Nutzung, wie der Vermietung als Ferienwohnung, vonseiten der Gemeinde entsprochen werden muss. Das sei alternativlos, wie auch Bürgermeister Robert Kühn bestätigt:
Uns sind in Mischgebieten wie diesen die Hände gebunden. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass hier zuvor schon eine touristische Nutzung durch das Hotel gegeben war.
Anders sieht die Situation in Wohnlagen aus, die von der Gemeinde als reine Wohngebiete ausgewiesen werden. Einen solchen Antrag verhandelte das Wiesseer Gremium ebenfalls in der letzten Sitzung im September. Ein Hausbesitzer wollte seinen privaten Wohnraum im Haus einer “Wechselnutzung” zuführen – mal als privat genutzten Wohnraum, mal als Ferienwohnungen.
Die Diskussion im Gremium war einhellig und das Votum auch: Der Antrag des Hausbesitzers wurde abgelehnt. “Wir müssen als Gemeinde klare Zeichen setzen”, betont der Bürgermeister. Allerdings sieht Kühn in Bad Wiessee die “Zweckentfremdung von Wohnraum” noch nicht als größeres Problem.
Wir haben im Rathaus eine Mitarbeiterin, die die Vermietungen überwacht und schaut, dass alle Wohnungen und Zimmer ordentlich angemeldet sind.
Trotzdem räumt Kühn ein, komme es immer wieder vor, dass sich auch “schwarze Schafe” unter die vielen korrekten Vermieter im Ort mischen. Airbnb und ebenso Buchungsportale wie Booking.com oder Hometogo erhöhen den Reiz, ein wenig Geld mal eben nebenbei zu verdienen, was der Rathauschef durchaus nachvollziehen kann.
In Schliersee gab es richtig Ärger für einige Vermieter
Eine Überprüfung in diesem Sommer in Schliersee zeigt jedoch, dass nicht nur “Neuvermieter” sich rechtlich manchmal auf einem schwierigen Parkett bewegen. Immerhin 36 private Vermieter bekamen vor einigen Wochen Post von der Gemeinde. Der Vorwurf: Illegale Vermietung von Wohnraum an Touristen. Ins Rollen gekommen war die ganze Geschichte, als Mitarbeiter der Gemeinde den Online-Ferienwohnungsmarkt durchforstet haben. Gefundene Angebote wurden mit den im Bauamt des Ortes vorhandenen Unterlagen abgeglichen. Dabei gingen den Dorf-Fahndern neben den illegalen Vermietern auch bisher als unbescholtene Vermieter geltende Gewerbetreibende ins Netz.
Dabei handelt es sich wohl um Ortsansässige, die seit Jahren ganz offiziell Gästewohnungen und Betten anbieten, vorschriftsmäßig die beherbergten Urlauber bei der Gemeinde anmelden, den Kurbeitrag entrichten und ihre Einnahmen versteuern. Also alles gut eigentlich. Zu illegalen Vermietern wurden die angeschriebenen Schlierseer dennoch, weil sie einige Gesetzesänderung in den vergangenen Jahren übersehen haben.
Dazu gehört unter anderem das 2007 erlassene und 2017 noch einmal deutlich verschärfte Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) und hier besonders bei Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten – was im Landkreis Miesbach bekanntlich fast durchgehend der Fall ist. Hinzu kommt, dass wohl einige Vermieter in der Seegemeinde es versäumt haben, wie es aus dem Schlierseer Rathaus heißt, für bestehende und vor Jahrzehnten genehmigte Ferienwohnungen in reinen Wohngebieten beim Bauamt der Gemeinde nachträglich die baurechtliche Ausnahmegenehmigung zu beantragen.
Wenn aus Mustervermietern illegale Anbieter werden
Diese Versäumnisse können heute unübersehbare Folgen haben und treffen einige Vermieter völlig unvermittelt. Leider war keine der betroffenen Kleinunternehmer bereit, mit uns über das Thema zu reden. Verständlich, da noch völlig unklar ist, wie die Verwaltung der Seegemeinde mit dem komplizierten Thema umgehen wird. Jedenfalls hat Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer bereits angekündigt, bei jedem der vorliegenden Fälle eine Einzelfall-Prüfung durchzuführen.
Wahrscheinlich dürften auch am Tegernsee die Mitarbeiter in vielen Gemeinden und auch einige Alt-Vermieter aufgeschreckt sein durch die Entwicklungen am Nachbarsee. Denn wenn nicht im Tegernseer Tal, wo sonst sollte die Regelung für “Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten” gelten? Die hohe Zahl der in Schliersee gefundenen, nicht ordnungsgemäß angemeldeten Ferienwohnungen – sei es beim Tourismusverband, der Gemeinde oder beim Bauamt – wird kein Einzelproblem im Landkreis bleiben.
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