Die Bauaufsicht ermittelt erneut im Tal
Pool-Freuden auf 934 Metern

Morgens einige Bahnen ziehen. Die Seele baumeln lassen am Beckenrand. Den Blick von der treibenden Luftmatratze über die heimische Bergwelt schweifen lassen? Wer träumt nicht davon – zumal hoch über Tegernsee?

So sieht der Pool an der Hubertus Hütte noch nicht allzu lange aus, wie die Bilder auf Google Maps und im Bayern Atlas deutlich belegen / Quelle: Redaktion

Wer will nicht in den Bergen oberhalb von Tegernsee leben. Keine Nachbarn, ein großes Haus, Satellitenanschluss, Solaranlage, großer Garten mit Pool drumherum, Natur pur. Gegönnt sei so ein Traumdomizil wirklich jedem. Doch nur wenige überwinden das Stadium des Träumens. Heute wäre es wohl kaum umsetzbar, Hütten für zur Versorgung von Wanderern zu privaten Wohnhäusern umzuwidmen. 1947, das Jahr in dem die neue Hubertushütte im Oberen Alpachtal von Hans und Luise Halmbacher errichtet wurde, tickten die Uhren noch anders im Tal. Der Neubau nahe dem Euterzgraben ersetzt die 1928 von Hans und Luise Halmbacher, den Eltern von Hans Halmbacher Junior, erbaute erste Hubertushütte.

Fehlender Telefonanschluss verhinderte Weiterbetrieb der Gastronomie

Die ganz alten Tegernseer können sich bestimmt an die Zeiten erinnern, als die Hubertus Hütte noch bewirtschaftet wurde. Bis 1963 kehrten dort Wanderer auf dem Weg etwa in Richtung Grindelalm, Kreuzbergalm oder zum Schliersee ein. Bilder aus dieser Zeit lassen sich finden. Etwa in dem Buch “Das Tegernseer Tal in historischen Bildern” von Hans Halmbacher, den bekannten Tegernseer Chronisten.

Doch 1968 kehren die Halmbachers der Hubertushütte nach vierzig Jahren dem Prinzenweg den Rücken. Nicht freiwillig, wie berichtet wird. Aus “Sicherheitsgründen” und wegen der “Betriebsfähigkeit” sei es in den 60er-Jahren Pflicht gewesen, in einer solchen Berggaststätte ein Telefon zu haben. Die Anbindung an das damals schon bestehende Telefonnetz scheiterte jedoch am Widerstand der Landschaftsschutzbehörde, schreibt Halmbacher in seiner Chronik bedauernd. So endete, heißt es weiter in dem Buch, trotz Fürsprechern bei der örtlichen Polizei, Bergwacht und selbst der Stadtverwaltung unten am See die Zeit der Halmbachers hoch über dem Tegernsee.

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Ein Blick in die Vergangenheit – die Hubertushütte in Zeiten der Schwarz-Weiß Fotografie / Quelle: www.tegernseerbuch.de

Seit dieser Zeit wird die Hubertushütte nur noch privat genutzt. Seit dem Jahr 1969 sogar mit einem eigenen Fernnetzanschluss. In der Folge wechselte das Anwesen noch einmal seinen Besitzer. Mit den Jahren wurde aus dem einstigen Berggasthaus eine wunderbare Bergvilla. Ein von den Behörden genehmigter Pool macht das Wohnglück auf fast 1.000 Metern vollkommen. Wer heute da oben den alpinen Luxus genießen darf, fällt unter den Datenschutz, wie es aus der Verwaltung der Stadt Tegernsee heißt. Auch die Frage, ob die Hütte ganzjährig bewohnt oder nur gelegentlich als Ferienhaus genutzt wird, bleibt vonseiten der Stadt aus rechtlichen Gründen unbeantwortet. Im Tal gerät die Geschichte des Hauses in Vergessenheit.

Selbst ein wachsender Pool benötigt einen Antrag

Bis im Spätherbst 2022 ein Mann ins Tegernseer Rathaus kommt und Fragen zum Haus stellt. Insbesondere zum Pool, der ihm bei seinen Wanderungen aufgefallen sei. In der Stadtverwaltung wird man hellhörig.

Die Stadt wurde durch einen Hinweis aus der Bevölkerung aufmerksam und hat unverzüglich das für die Bauaufsicht zuständige Landratsamt Miesbach informiert. Bauamt, Stadt Tegernsee

Warum bei der Stadt die Alarmglocken beim Anblick der Bilder des Pools anschlagen, wird bei einem Vergleich der beiden Luftbilder von GoogleMaps und im Bayern-Atlas deutlich. Der Pool ist gewachsen, – und zwar deutlich. Johannes Hagn, Bürgermeister von Tegernsee, bestätigt auf Nachfrage der TS:

Seitens der Besitzer wurde im Zuge der baulichen Änderungen kein Kontakt mit der Stadt aufgenommen. Johannes Hagn, Bürgermeister der Stadt Tegernsee

Zum aktuellen Prüfungsstand der offensichtlichen Neugestaltung des Pools oben an der Hubertushütte kann der Bürgermeister keine Auskunft geben. Zuständig sei das Landratsamt. Aus der Miesbacher Behörde erhalten wir dann auch die Information, dass gegen den Bauwerber ein bauaufsichtliches Verfahren eingeleitet wurde.

Landratsamt leitet “bauaufsichtliches Verfahren” ein

Im Zuge des Verfahrens sei “unter anderem eine Baukontrolle” durchgeführt worden, wie eine Sprecherin der Pressestelle informiert. Richtig spannend aber wird es, betrachtet man die Begründung für die Einleitung des baurechtlichen Verfahrens:

Im Rahmen des bauaufsichtlichen Verfahrens werden genehmigungspflichtige Veränderungen auf dem Grundstück, sowie die Nutzungsänderung des Gebäudes überprüft. Pressestelle, Landratsamts Miesbach

Mehr ist nicht zu erfahren: Mit dem Verweis auf das laufende Verfahren werde man “grundsätzlich keine detaillierten Fragen” beantworten. Bleibt es nicht bei der Pool-Kontrolle? Schließlich ist von “genehmigungspflichtigen Veränderungen” die Rede. Zudem steht eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung für die Hubertushütte im Raum.

Warum auch einen Antrag stellen – merkt ja keiner

Zuletzt wurde vor rund 35 Jahren ein Bauantrag der Besitzer des Hauses im Tegernseer Stadtrat beraten. 1988 beantragte der Bauherr die Wiederherstellung einer Bergmauer. Danach folgte Stille. Wurde hier ohne Genehmigung munter vor sich hingebaut und erweitert? Warum sah keine Behörde genauer hin? Ähnelt das dem Fall des Wiesseer Luxuschalets nahe der Holzer Alm in Bad Wiessee?

Wie auch im vorliegenden Fall sind es oft aufmerksame Bürger, die auf einen Verdachtsfall bei Medien und Behörden aufmerksam machen. Die, die berechtigten Fragen stellen. Gern wird hier von Denunziantentum gesprochen, meist von jenen, die direkt oder indirekt profitieren. Der Verstoß gegen geltendes Recht ist kein Kleinkram, fördert gern ansteckendes Fehlverhalten. Wer will das?

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