Wie Fridolin mein Mann fürs Leben werden konnte:
Achtsamkeit und Alpakas – ein Selbstversuch

Die Tiere sind göttlich. Das Thema ist wichtig. Unsere Kollegin besucht ein Achtsamkeitsseminar in Kreuth – mit Alpakas. Was kann sie erzählen? Und – kommt sie mit einem Tier in die Redaktion zurück?

Fridolins Charme können nur die Wenigsten widerstehen. / Foto: Patricia Klein

Es ist ein strahlender und fast schon perfekter Sommerabend. Wir versammeln uns auf dem Hof von Karin Hatzl. Sie ist die Besitzerin des Alpakahofs Tegernsee in Kreuth und begrüßt uns herzlich. Ihre gute Laune ist ansteckend. Sie strahlt über das ganze Gesicht.

Um uns herum: der weite Blick auf den Wallberg, das melodische Läuten von Kuhglocken im Hintergrund; die ganze Szenerie getaucht in sanftes Abendlicht – die Anspannung der Woche fällt minütlich mehr und mehr von mir ab. Gemeinsam mit den acht Alpakas des Hofes lernen wir auch Bianka Böttcher kennen. Sie ist Psychologin und Mental Health Expertin, seit einigen Jahren spezialisiert auf Achtsamkeitscoaching für Führungskräfte – und heute, für uns. 

Sie hat das Konzept zum heutigen Workshop erarbeitet und setzt es gemeinsam mit Karin Hatzl auf deren Alpakahof Tegernsee erfolgreich um.

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  • Was sind eigentlich Alpakas? Klar, strickende Menschen wissen um die tolle Wolle der Lämmer. Aber sonst? Alpakas sind die etwas kleineren Verwandten der Lamas. Sie kommen aus Südamerika und gehören zur Familie der Kamele. 
  • Alpakas gelten allgemein als sehr friedliche, beruhigende und geduldige Tiere, weshalb sie oft als Therapietiere gehalten werden.
  • Besonders für Menschen mit Angststörungen, dem Burnout-Syndrom oder Zwängen wirkt eine Wanderung mit Alpakas sehr entspannend

Wir werden herzlich mit Getränken und Snacks willkommen geheißen, machen es uns in unserer Gartenlounge inmitten der seelenruhig grasenden Alpakas gemütlich. Nun geht es in den ersten Teil des Workshops: “Eine theoretische Einführung in die Achtsamkeit”.

Alpakahof-Besitzerin Karin Hatzl mit ihrem Liebling “Ludwig”. / Foto: Patricia Klein

Bianka führt uns auf verständliche und kurzweilige Weise in die Grundlagen der Achtsamkeit ein. Achtsamkeit bedeutet, den gegenwärtigen Moment bewertungsfrei und bewusst wahrzunehmen. Bewusst heißt in diesem Zusammenhang, die Aufmerksamkeit absichtlich auf den Moment zu lenken, ohne mental abzuschweifen. Keine To Do’s, kein Social Media, keine anderen Gedanken. Klingt einfach, ist es aber nicht.

Dadurch, dass viele von uns geistig bereits bei der nächsten Aufgabe sind, immer busy, immer wichtig, leben wir praktisch an unserer Gegenwart vorbei und befinden uns im Dauerstress-Zustand. Was oft leichtfertig abgetan wird, hat mittlerweile schwerwiegende Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung, wie aktuelle Statistiken belegen. Demnach nahm die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen in den Jahren 2010 bis 2020 innerhalb Deutschlands um 56 Prozent zu und ist damit so hoch wie nie zuvor. Etwa 180.000 Menschen wurden allein im Jahr 2020 wegen einer Burnout-Erkrankung krankgeschrieben.

Eine Tatsache, die Bianka Böttcher nachdenklich stimmt. Sie betont, dass viele der Erkrankungen und menschlichen Schicksale, die ihr im Rahmen Ihrer klinischen Laufbahn begegnet sind, durch rechtzeitige, präventive Maßnahmen hätten verhindert werden können.

Zehn Minuten mit einer Rosine

Man hört Böttcher gerne zu, spürt die Leidenschaft für dieses Thema und ihren großen Wissensschatz. Als praktisches Beispiel vollziehen wir einen Klassiker der Achtsamkeitsübungen – die Rosinen-Übung.

Jeder bekommt eine Rosine und fokussiert sich für die nächsten zehn Minuten darauf. Wir riechen, fühlen und schmecken die Rosine, beschreiben uns gegenseitig, wie sie aussieht. Alle unsere Sinne werden angesprochen – bis auf den Hörsinn. Die Rosinen sind an diesem Tag nicht besonders gesprächig, ein gutes Zeichen. Durch diese Übung sollen Wahrnehmung und Konzentrationsfähigkeit geschärft werden – und sie funktioniert. Wir sind endgültig im Hier und Jetzt angekommen.

Es folgt ein Spaziergang am Weissachdamm gemeinsam mit unseren neugewonnenen Alpaka-Freunden. Und damit auch jeder den zu ihm passenden Weggefährten findet, starten wir eine Runde “Alpaka-Matching”. Während die Alpakas also nach wie vor friedlich um uns herum grasen, nähern wir uns höflich aber zielgerichtet an und jede versucht, möglichst zeitnah ihr perfektes Match zu finden. Die Alpakas sind erstaunlich unbeeindruckt von unseren Annäherungsversuchen – man darf an der Stelle erwähnen, dass es sich ausschließlich um kastrierte Alpaka-Männchen handelt. Ein Hauch von Verzweiflung und schlechten Tinder-Erfahrungen liegt in der Luft.

Die Herde auf einem Fleck. Foto: Patricia Klein

Schließlich hat jede ihren Auserwählten gefunden und gemeinsam mit Bruno, Xaver, Anton, Ludwig und Fridolin geht es auf große Wanderung durch die Weissachauen. Wir hören auf das Plätschern des Wassers, schließen die Augen, genießen die Natur und versuchen während all dieser äußeren Achtsamkeitsübungen mehr oder weniger verzweifelt, die charmant eigensinnigen Alpaka Männchen um uns herum unter Kontrolle zu bringen. Keine leichte Aufgabe, wie die Mütter und Ehefrauen unter uns wissen.

Es wird achtsam gewandert – “Dominanz zeigen ohne dominieren zu wollen” ist das Motto. Ein sehr spannendes Thema in jeder Beziehung, wie ich finde. Als wir schließlich wieder am Hof ankommen, fragt sich die ein oder andere: Wer hat hier eigentlich wen geführt? Und: habe ich vorhin wirklich das Alpaka gewählt oder hat das entsprechende Alpaka-Männchen mich gefunden? Jeder nimmt seine ganz eigenen Erfahrungen aus diesem besonderen Spaziergang mit.

Der dritte und letzte Teil rundet das Programm harmonisch ab – eine Übung zur innengerichteten Achtsamkeit. Der Himmel taucht sich langsam in tiefes Blau, eine angenehme Kühle kommt auf. Wir liegen, dick eingewickelt in warme Decken, auf Matten im Gras wie ein Haufen glücklicher Glühwürmchen und schauen in den Abendhimmel. Unter der Anleitung von Bianka Böttcher kommen wir zur Ruhe und hören in jeden Teil unseres Körpers hinein. Bis auf ein paar hartnäckige Moskitos kann uns an diesem Punkt wirklich nichts mehr aus der Ruhe bringen. Neben uns grasen die Alpakas, als wäre nichts gewesen.

Wer Lust bekommen hat auf mehr Achtsamkeit und Alpakas in seinem Alltag, findet hier weitere Informationen. Infos zum Alpaka-Workshop mit Bianka Böttcher gibt es hier.

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