Oberaudorf (dpa/lby) – In den bayerischen Bergen sind in diesem Jahr schon mindestens 35 Menschen ums Leben gekommen – «und das, obwohl die Hauptwandersaison noch bevorsteht», sagte Bayerns Innen- und Sportminister Joachim Herrmann (CSU) bei einer Rettungsübung beim Berggasthof Hocheck bei Oberaudorf.
Mehr Todesfälle im ersten Halbjahr als im Vorjahreszeitraum
Im vergangenen Jahr kamen im Vergleichszeitraum 21 Menschen in den bayerischen Bergen ums Leben; im gesamten Jahr 2023 waren es 41. Ein Schwerpunkt der tödlichen Unfälle beim Ski- und Bergsport liegt demnach in diesem Jahr im Bereich der Zugspitze, wo bereits sechs Menschen starben. Aber auch in anderen Alpenregionen kamen immer wieder Bergsportler um.
Erst am Freitagmorgen hatten Einsatzkräfte in den Chiemgauer Alpen eine 53 Jahre alte Wanderin tot geborgen. Die Polizei ging davon aus, dass die Frau etwa 60 Meter weit gestürzt und dabei tödlich verletzt worden war. Am Mittwoch war laut Polizei zudem eine 23-Jährige gestorben – sechs Tage, nachdem sie bei einem etwa 70 Meter tiefen Sturz an einem Klettersteig am Tegelberg im Allgäu schwer verletzt worden war.
Schnee bis in die Sommersaison
Der Klimawandel verstärkt laut Herrmann die Gefahren im Gebirge. «Vermehrte Bergstürze durch das Abtauen des Permafrostes können Wege beschädigen oder sogar unbegehbar machen», sagte er. «Zudem haben im vergangenen Winter außergewöhnliche Niederschlagsmengen in Hochlagen dafür gesorgt, dass Schnee bis in die Sommersaison hinein die Unfallgefahren erhöht.»
Bedingungen am Berg ändern sich
Bergsportler müssten ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass sich die Bedingungen in den Bergen veränderten, sagte der Ressortleiter Sportentwicklung im Deutschen Alpenverein (DAV), Stefan Winter. «Die Überraschung ist dann vor allem groß, wenn zum Beispiel ein Weg nicht mehr da ist, weil er einfach schlichtweg abgerutscht ist, weil Felsen abgebrochen sind, ins Tal gestürzt sind und das die Situation vor Ort verändert.»
Der DAV wolle sensibilisieren, dass Bergsportler es häufiger und heftiger mit bekannten Gefahren wie Steinschlag zu tun bekämen. Dafür hätten internationale Verbände zehn Empfehlungen für den Bergsport erarbeitet. Innenminister Herrmann rief Alpinisten dazu auf, Bergtouren «sorgfältig und vorausschauend» zu planen, unnötige Risiken zu vermeiden und Rücksicht auf andere zu nehmen.
Auch die eigene Fitness spielt eine wichtige Rolle
Laut dem Vorsitzenden des Kuratoriums für alpine Sicherheit, Klaus Stöttner, ist aber auch die eigene körperliche Verfassung ein wichtiges Kriterium dafür, wie sicher man in den Bergen unterwegs ist. «Herz-Kreislaufprobleme sind laut Unfallaufzeichnungen in Bayern und Österreich die häufigste Unfallursache am Berg», sagte er.
Prävention und frühzeitige Hilfe seien daher neben guter Tourenplanung relevant, sagte Peter Paal, der Medizinische Leiter der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin. Während beim Abstieg die große Gefahr sei, infolge einer zu langen Bergtour zu stolpern und abzustürzen, bestehe beim Aufstieg das Risiko eines plötzlichen Herztods.
Dann sei schnelle Hilfe wichtig, betonte Paal. Nur wenn bei einem Herzstillstand in den ersten fünf Minuten mit Beatmung und Herzdruckmassage und Defibrillator begonnen werde, so der Mediziner, habe ein Mensch eine Chance, einen Herzstillstand zu überleben und in den Alltag zurückkehren zu können.
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