Am Tegernsee entscheidet der Mann

Egal welcher Ortsteil am Tegernsee, in jedem Gemeinde- oder Stadtrat sitzen mehr Männer als Frauen. Bad Wiessees Bürgermeister Robert Kühn möchte daran etwas ändern – und hat sich dafür mit Frauen an einen Tisch gesetzt.

Ausnahmsweise mehr Frauen als Männer: Robert Kühn bei einem gemeinsamen Frühstück im Gasthof Zur Post Bad Wiessee. Auf seiner linken Seite: Birgit Trinkl. / Quelle: Gemeinde Bad Wiessee

Wirft man einen Blick auf die Zusammensetzung in Gemeinde- oder Stadträten rund um den Tegernsee, fällt eines stark auf: Männer entscheiden. Zumindest mehr als Frauen. Mit Ausnahme einer Gemeinde liegt der Anteil der Frauen im Gemeinderat nie über zwanzig Prozent.

In Kreuth sind nur 12 Prozent der Mitglieder weiblich – zwei von insgesamt 17 Mitgliedern. In Wiessee sind es 14 Prozent, in Tegernsee 18 Prozent, in Rottach 19 Prozent. Gmund hat als einzige Gemeinde mit 29 Prozent einen höheren Frauenanteil als die anderen Gemeinden, dennoch sind selbst hier nicht ein Drittel der Mitglieder weiblich.

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Politik braucht Frauen

Bad Wiessees Bürgermeister Robert Kühn ist sich diesen Zahlen bewusst. Dass sich daran etwas ändern muss, weiß er auch. Der Anteil an Volksvertreterinnen im Gemeinderat sei „zu gering und entspricht nicht dem Verhältnis in der Bevölkerung“, so Kühn. Daher wurde vergangene Woche ein Grundstein für mehr Kommunikation und Vernetzung unter Bad Wiesseer Bürgerinnen gelegt.

„Wer bei dem Gespräch dabei gewesen ist, hat gemerkt, dass ganz andere Themen angesprochen wurden als bei männerdominierten Gesprächen“, beschreibt Kühn das erste Treffen im Gasthof zur Post in Bad Wiessee. 17 Frauen waren geladen, unter anderem auch Birgit Trinkl. Sie sitzt seit zwölf Jahren im Gemeinderat, im März 2020 wurde sie zweite Bürgermeisterin der Gemeinde Bad Wiessee. Gerade im letzten Wahlkampf habe sie versucht, vermehrt Bürgerinnen anzusprechen.  Dabei hat sie eines gemerkt:

Frauen sagen oft, sie blieben lieber in der zweiten Reihe. Ich verstehe das einfach nicht.

Mehr Frauen in der Kommunalpolitik würden eine veränderte Kommunikation zu Folge haben, meint Trinkl. “Frauen kommunizieren einfach anders”. Das Problem momentan sei, dass Männer besser vernetzt sind. Das Treffen im Gasthof soll dem entgegenkommen, und auch zwischen Frauen eine intensivere Vernetzung ermöglichen. Künftig werde es noch weitere Treffen geben, das nächste initiiert von der Fraktion der Grünen. Willkommen sei jede, versichert Trinkl.

Ehrenamt statt Gemeinderat

Im Tegernseer Tal sind Frauen deutlich stärker ehrenamtlich und in Initiativen aktiv, als in der Kommunalpolitik. „Es wurde denke ich bewusst um Frauen herum gewählt“, meint Kühn dazu. Politik war früher Männersache – Frauen waren daher nie so präsent für das politische Feld, schätzt der Bürgermeister. „Da waren die Herren aus der Tradition bedingt immer einen Schritt voraus“.

Ob das gemeinsame Frühstück in der vergangenen Woche etwas ändert wird sich spätestens in sechs Jahren zeigen, bei der nächsten Kommunalwahl.

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