Ergänzung vom 30. März / 12:31 Uhr
Das geplante Parkhaus war das beherrschende Thema der gestrigen öffentlichen CSU-Fraktionssitzung. Und wenn man die knappen zwei Stunden zusammenfassen möchte, kann man sagen: Die Tegernsee CSU ist im Kern für ein Parkhaus. Nur die genaue Dimension ist unklar.
Dabei vertreten die CSU-Stadtratsmitglieder die Meinung “Wir wissen am besten, wieviel Parkplätze wir brauchen”. Man könnte sie auch die Bauchgefühl-Fraktion nennen.
Die anderen CSU-Mitglieder, allen voran der Vorsitzende des Tegernseer Ortsverbandes Peter-Friedrich Sieben, sind zwar auch für ein Parkhaus. “Aber bitte auf Basis einer fundierten Faktenlage,” wie nicht nur Sieben klarstellte.
Auch Friederike Enders, als stellvertretende Vorsitzende, ist es wichtig, dass Millionen-Entscheidungen nicht nur aus dem Bauch heraus getroffen werden: “Wir sollten Fakten einholen und nicht einfach auf das eigene Gefühl vertrauen. Vor allem aber brauchen wir Zeit. Ich verstehe nicht, warum jetzt alles plötzlich so schnell gehen muss.”
Enders sprach auf die anstehende Sondersitzung am 17. April an, auf der der Stadtrat das Parkhaus endgültig absegnen möchte. Und das trotz einer eher bescheidenen Faktenlage. Die knapp 15.000 Euro teure Bedarfsanalyse “stimmt hinten und vorne nicht”, wie der Fraktionsvorsitzende Florian Widmann einräumte. Was beim Gutachten nicht genau passt, konnten die Stadtratsmitglieder jedoch nicht präzisieren. Im Kern soll es um die Methodik gehen.
“Unsere eigenen Analysen brauchen noch Zeit”
Weitere eigene Analysen – Bauamtsleiterin Koch läuft laut Widmann gerade von Haus zu Haus und befragt die Mieter – sind noch lange nicht abgeschlossen. Vorschläge, wie Inserate schalten um die Anzahl möglicher Dauerparker zu ermitteln, noch unausgegoren.
Was man jedoch sicher weiß ist, dass die teure Bedarfsanalyse auf keinen Fall als Basis herangezogen wird. Möglicherweise wird die Stadt diese auch nicht bezahlen. Wie genau die Entscheidung dann getroffen werden soll, ist aber auch nach dem gestrigen Abend unklar.
Wie schon gesagt: die einen setzen auf Fakten – die anderen aufs Bauchgefühl. Und diejenigen, die über das Parkhaus entscheiden dürfen, sind auch die mit dem Bauchgefühl.
Ursprünglicher Artikel vom 27. März:
Ende Februar war das Parkhaus daher erneut Thema einer nicht öffentlichen Sitzung des Stadtrates. Den Anlass für diese geheime Gesprächsrunde lieferte die im April 2011 von der Stadt in Auftrag gegebene Bedarfsanalyse, deren Ergebnisse zuerst im kleinen Rahmen bekanntgegeben wurden.
Die umfassende Analyse ist nach Aussagen verschiedener Stellen negativ ausgefallen. In Tegernsee herrscht demnach kein zwingender Bedarf für den Bau eines Parkhauses. Das Ergebnis und die Form der Erhebung sorgte im Anschluss für viel Gesprächsstoff im Stadtrat.
Denn ein negatives Ergebnis hätte normalerweise auch das Projekt grundsätzlich in Frage gestellt. Doch derzeit sieht es so aus, als würde sich das Gremium auch durch die Ergebnisse der eigens in Auftrag gegebenen Bedarfsanalyse nicht von der Realisierung des Parkhauses abbringen lassen.
Mehrheit von zwei Stimmen auch weiterhin für Parkhausbau
Die Kosten für die Analyse, die nun doch nicht mehr als Entscheidungsgrundlage Verwendung findet, liegen laut Bürgermeister Peter Janssen im Bereich von 10.000 bis 20.000 Euro.
Zu den Gründen für die Nichtberücksichtigung des teuren Papiers wollte Janssen nichts sagen. Aus anderen Quellen ist zu hören, dass vor allem nicht nachvollziehbare Berechnungsgrundlagen des beauftragten Experten eine Hauptrolle gespielt haben sollen. Eine Argumentation, der ein Teil des Stadtrates nicht folgen wollte.
In einer Abstimmung im Rahmen der nichtöffentlichen Sitzung sprachen sich insgesamt sieben Stadträte gegen die Fortführung der Planungen aus. Neun Stadträte waren dafür. Die Ergebnisse der Analyse möchte Janssen auf der nächsten regulären Stadtratssitzung am 3. April öffentlich bekanntgegeben. Eine endgültige Entscheidung wird es im Rahmen einer öffentlichen Sondersitzung des Stadtrates am 17. April geben.
Osterferien verhindern eine frühere Präsentation
Eine mögliche Erklärung für den gewählten Sondertermin könnte in der Tatsache liegen, dass der Bürgermeister bei einer Abstimmung über das Parkhaus im Stadtrat auf jede Stimme angewiesen ist. Da Anfang April die Osterferien beginnen, kann der Stadtrat am 3. April wohl nicht in seiner kompletten Besetzung zusammentreten. Zwei Wochen später dürfte das anders sein.
Wie sinnoll aber ist es, trotz der negativen Bedarfsanalyse, weiterhin an dem Projekt festzuhalten? Wir haben im Folgenden nochmal einige Argumente der Befürworter und Gegner des Parkhausbaues zumammengefasst.
Die Gegner sagen: Auf den ersten und zweiten Blick macht ein Parkhaus in Tegernsee keinen Sinn. Die Millionen könnte man anders besser verwenden. Genügend Parkplätze gibt es auch so. Und darüber hinaus werden Parkhäuser auf dem Land eher schlecht angenommen.
Dagegen meinen die Befürworter: Das Parkhaus ist die einzige Möglichkeit den Bereich nördlich der Alpbachbrücke wieder zu beleben. Eine zukunftsfähige Lösung erfordert Weitblick und damit auch eine Planung, die nicht bereits in drei Jahren überholt ist. Darüber hinaus wäre, aufgrund der geographischen Situation vor Ort, ein ebenerdiger Parkplatz auf dem Horn-Anwesen viel zu klein.
Doch ist der Fall tatsächlich so klar, wie es uns wahlweise die eine oder die andere Seite weiß machen möchte? Macht die Alternative “Sparkassentiefgarage” wirklich Sinn? Wie sehen die Kosten im direkten Vergleich aus? Wer profitiert von einer großen Lösung? Und wie können die Mehrkosten eines Parkhauses verargumentiert werden?
Sparkasse ist bereit für Alternative
Laut einer Berechnung der Freien Wähler sind die im letzten April vom Architekten präsentierten und auf Seiten der großen Lösung (Plan A, Parkhaus Hornanwesen, 122 Plätze ohne Untergeschoß) anfallenden Kosten in Höhe von 3,4 Mio. Euro nur sogenannte Nettobaukosten. In diesen sind damit der Grunderwerb für das Hornanwesen, die Zinsen für ein 30-Jahre laufendes Darlehen sowie die Kosten für die Planung nicht enthalten.
Dass diese Rechnung vom Grundsatz her richtig ist, hat Bürgermeister Peter Janssen uns gegenüber bereits im letzten Jahr bestätigt. Allerdings weißt Janssen darauf hin, dass das Parkhaus bei Ablauf der angenommenen 30-jährigen Finanzierung noch viele weitere Jahre nutzbar sein wird. Auch das Grundstück, welches erworben werden musste, bliebe voll erhalten und somit besitze das Gesamtobjekt einen entsprechenden Wert.
Die Alternative zum Parkhaus sieht vor, einerseits das Hornanwesen als ebenerdigen Parkplatz zu nutzen. Und andererseits durch eine Erweiterung der Sparkassentiefgarage den anfallenden Parkplatzbedarf in Tegernsee abzudecken.
Die Kosten für die 67 Stellplätze, die durch eine Tiefgaragenerweiterung gegenüber dem Rathaus entstehen würden, lägen bei 1,035 Millionen. Zusammen mit einem ebenerdigen optimal ausgerichteten Parkplatz auf dem Hornanwesen entstünden so schätzungsweise 120 neue Parkplätze. Die Sparkasse wäre mit dieser Lösung einverstanden.
Wie hoch ist der Bedarf und wo fällt er an?
Das entscheidende Kriterium ist jedoch die Frage nach dem absoluten Bedarf. Und so hat Bürgermeister Janssen immer wieder betont, dass eine abschließende Diskussion und Entscheidung nur Sinn macht, wenn die objektive Bedarfsanalyse vorliegt.
Dabei wird die Diskussion spätestens bei der Frage, wo genau denn der Bedarf entsteht, richtig knifflig. Stadrätin Martina Niggl-Fisser von der Bürger Liste beschrieb das im April 2011 folgendermaßen:
Das alles mit dem Plan B ist ja interessant. Und günstiger ist es scheinbar auch. Aber es löst doch nicht unser Parkplatzproblem nördlich des Alpbachs.
Was Niggl-Fisser damit meint ist das sich zuspitzende Parkplatzproblem an der Hauptstraße. Durch die Verbreiterung der Gehwege sind fünf weitere Parkplätze weggefallen. Die Geschäfte nördlich der Hauptstraße werden jedoch stark von durchfahrenden Kunden frequentiert.
Diese Kunden, so die Argumentation bräuchten Parkplätze direkt vor Ort und nicht mehrere hundert Meter weiter weg. Die Befürchtung liegt nahe, dass diese Strecke niemand laufen wird. Und die Kunden somit nach Rottach-Egern weiterfahren, um ihre Besorgungen zu erledigen.
Dabei ist völlig unklar, ob ein Parkhaus auf dem Land von typischen Kurzzeitparkern überhaupt angenommen wird. Der Rottacher Gemeinderat beispielsweise hatte sich im letzten Jahr für einen ebenerdigen Parkplatz auf dem ehemaligen Wandinger-Anwesen ausgesprochen. Bürgermeister Hafner bekräftigte damals, dass seiner Meinung nach ein Parkhaus von Gästen und Anwohnern nicht angenommen wird. Wobei Hafner dies explizit auf Rottach-Egern bezieht.
Die größten Profiteure
Eine der wichtigsten Fragen ist die nach den Profiteuren einer großen Lösung. Wer hat normalerweise etwas davon wenn ein Mehrmillionen-Euro-Projekt umgesetzt wird? Die offensichtliche Anwort: Planer, Architekten und Baufirmen profitieren direkt von einem Parkhaus.
Dabei hat, laut Aussagen mehrerer Stellen, alleine der Architekt bis jetzt Kosten in Höhe von über 100.000 Euro verursacht. Geld, das für ein Projekt ausgegeben wurde, dessen Sinnhaftigkeit noch nichtmal geklärt ist. Und dessen Legitimation immer wieder von einer positiven Bedarfsanalyse abhängig gemacht wurde.
In Tegernsee stehen die Zeichen derzeit klar auf Bau.
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