Sebastian Hiergeist sitzt am Dienstagabend im Besucherrang , als sich die Gemeinderäte mit seinem Bauantrag befassen. Bürgermeister Sepp Hartl und Geschäftsleiter Franz Schweiger lassen das bisher Geschehene Revue passieren.
Drei Wohnhäuser. 22 Wohnungen. Ein Mischgebiet
Wie berichtet, möchte die HIWO Wohnbau GmbH, der Hiergeist vorsteht, am Mariensteiner Weg – nahe des Kammerloher Kreisels – drei neue Wohnhäuser mit insgesamt 22 Wohneinheiten bauen. Eine Tiefgarage soll die Zufahrt ermöglichen. Dazu liegt der Gemeinde der Bauantrag vor. Doch Etliches spricht aus Sicht der Gemeinde gegen das Vorhaben.
Bereits in der März-Sitzung des Gemeinderats und auch kürzlich im Bauausschuss hatte man heiß diskutiert über das Projekt. Inzwischen hat der Bauwerber sich rechtlichen Beistand geholt, um Klarheit zu gewinnen, welche Chancen eine Umsetzung hat. Wie Bürgermeister Sepp Hartl schon vermutet hatte, hatte sich der Bauwerber von der vergangenen Sitzung nicht entmutigen lassen, die Pläne ein wenig abgespeckt und in neuer Form vorgelegt.
Zusätzlich hatte Hiergeist sich anwaltlich beraten lassen. Denn die Gemeinde hatte sich in der vergangenen Sitzung gar nicht begeistert gezeigt von seinen Bauplänen am Mariensteiner Weg. In erster Linie sieht sich die Kommune in der Fürsorgepflicht für seine Betriebe. Davon gibt es auf dem als Mischgebiet ausgewiesenen Areal zwei: die Patera Holzbau GmbH und die Schokoladenquelle Eybel.
Mit abgespecktem Bauantrag zur Genehmigung?
Der Haupt-Haken: Die neuen Wohngebäude liegen genau zwischen den beiden Betrieben. Dieses könnte zwei Risiken bergen: Erstens könnten Bewohner sich durch die Gewerbetätigkeit gestört fühlen und gegen die Betriebe – die die Gemeinde eigentlich vor Klagen schützen will – rechtlich wehren. Andererseits hätten die beiden Unternehmen später einmal vielleicht nicht mehr genug Platz, um ihre Betriebe zu erweitern. Um hier keinen Fehler zu machen, möchte die Gemeinde vorsichtig sein und jeden Schritt genau abwägen.
Geschäftsleiter Franz Schweiger zeigte zunächst die abgeänderten Baupläne. Besonders die Wandhöhe – jetzt auf 6,50 Meter Höhe beschränkt – hatte vor zwei Monaten Anlass zur Kritik gegeben.
Zusätzlich hatte der Bauwerber eine Berechnung in Auftrag gegeben, wie man einen ausreichenden Lärmschutz für die Bewohner herstellen kann. Dazu ist es vonnöten – und auch aus Sicht des Bauwerbers möglich und im Bauplan so vorgesehen – dass die Nordfassade von Haus 2 keine zu öffnenden Fenster enthält. Um sämtliche Bedenken der Gemeinde auszuräumen, wäre der Antragsteller zudem bereit, eine fünf Meter hohe Schallschutzwand – drei Meter aus Holz, darüber zwei Meter aus Glas – zu errichten.
Hat der Gemeinderat das Gebiet falsch definiert?
Das größte Manko dürfte jedoch die Tatsache sein, wie der damalige Gemeinderat einst den Bebauungsplan aufgestellt hat. Laut Schweiger hatte man seinerzeit beschlossen, einen Bebauungsplan aufzustellen, um die Schokoladenquelle von Andreas Eybel „baurechtlich zu fassen, weil diese unmittelbar an eine Wohnbebauung angrenzt.“ Deshalb hatte der damalige Architekt die Aufstellung eines Mischgebiets vorgeschlagen.
Der Bebauungsplan sieht eine weitere Bebauung vor.
So zitierte es Schweiger aus dem anwaltlichen Schreiben. Die Krux an der Sache ist offenbar das Verhältnis von Wohnbebauung zu Gewerbe. Laut Anwalt sei dabei das gesamte Gebiet – und nicht die einzelnen Grundstücke – zu betrachten. Dabei müssten die Nutzungsarten durchmischt sein. „Problemlos ist ein Mischverhältnis von 40 zu 60 Prozent“, so steht es in dem Schreiben. Würde z.B. Andreas Eybel seinen Betrieb erweitern, so würde sich das Bebauungsverhältnis in Richtung Gewerbe verschieben, folgerte Schweiger.
Eine Diskussion im Gremium brachte Fahrt in die ganze Sache. Robert Engelmann (CSU), seines Zeichens Anwalt, riet dazu, dass die Gemeinde ihrerseits ebenfalls einen Rechtsanwalt beauftragen solle, und zwar in jedem Fall ergebnisoffen. „Die Marschroute sollte nicht sein: Versuche gegen Schwab zu argumentieren.“
Planungshoheit hat die Gemeinde
Gisela Hölscher merkte an, dass es vom damaligen Gemeinderat nicht gewollt war, dort eine Wohnbebauung entstehen zu lassen, lediglich als Betriebsleiterwohnung. „Mischgebiete dienen dem Wohnen und nichtstörendem Gewerbe“, fasste es Geschäftsleiter Schweiger in Worte. Und diese müssten sich die Waage halten.
Der jetzige Gemeinderat habe die Möglichkeit, den Bebauungsplan zu ändern, sollte es Bedenken gegen das Vorhaben geben, klärte Schweiger weiter auf. Die Gemeinde habe die Planungshoheit über das Gebiet und bestimme, was dort de facto passieren solle.
Das ist grundsätzlich möglich, weil der Bebauungsplan älter als sieben Jahre ist. Das muss der Grundstückseigentümer dann auch akzeptieren.
Egal, ob der damalige Gemeinderat vielleicht bei der Definition des Gebiets einen vermeintlichen Fehler gemacht hat – nun will man in Waakirchen keine Folgefehler machen. Besonders Andreas Hagleitner warnte davor: „Der Planungswille war ein anderer. Eigentlich sollte dort ein Gewerbegebiet entstehen.“
Gemeinde holt sich Rechtssicherheit
„Da hat man sich damals für eine falsche Nutzung entschieden“, meinte Engelmann. Man müsse sich deshalb jetzt auf eine größere Schadensersatzsumme für den Bauwerber einstellen. Diese könne durchaus fünfstellig sein.
Als Reaktion anbieten würden sich, laut Schweiger, eine Veränderungssperre oder die Zurückstellung des Bauantrags. Der Gemeinderat entschied sich dafür, eine Gutachterliche Rechtsauskunft einzuholen und den Antrag erst einmal zurückzustellen, um Zeit zu gewinnen. Ob der Bebauungsplan dann geändert wird, steht noch in den Sternen. Nach wie vor strebe man aber eine gemeinsame Lösung mit Sebastian Hiergeist an.
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