„Jetzt geht’s erst richtig los“: Mit dieser Aussage traf Andrea Anderssohn gestern Abend in der Warngauer Alten Post den Nagel auf den Kopf. Zwar kümmert sich der örtliche Helferkreis bereits seit etwa einem Jahr um einige Asylbewerber. Doch zuletzt waren es lediglich 13 Helfer für neun Flüchtlinge.
Wenn Mitte Dezember die Containerunterkunft neben dem Warngauer Pfarrhaus bezugsfertig ist, sollen bis zu 50 Menschen einziehen. „Wir wissen bis zur letzten Stunde nicht, wer da kommt: welche Nationalität, welches Geschlecht, welches Alter“, erinnerte Max Niedermeier, Integrationsbeauftragter im Landkreis Miesbach.
Gerade deshalb finde er es toll, „dass die Warngauer so zusammenhalten und Interesse zeigen“, so Niedermeier. Und tatsächlich gab es im Laufe des Abends viel Applaus für die geladenen Experten und Mitbürger, die sich optimistisch äußerten. Bürgermeister Klaus Thurnhuber betonte, Warngau müsse seiner “Verantwortung gerecht werden”. Paulus Fischer, Ausländersachbearbeiter von der Polizeiinspektion Holzkirchen, versuchte es mit Humor:
Wenn ich 50 Deutsche in so einen Container stecken würde, müssten wir mit Sicherheit öfter vorbeischauen.
Doch auch mit Fakten konnte er die Warngauer beruhigen. So habe es in Holzkirchen in rund eineinhalb Jahren fast keine Straftaten durch Asylbewerber außerhalb des Wohncontainers gegeben. Lediglich zu Beginn hätten die Neuankömmlinge ein paar Ladendiebstähle begangen – wegen mangelnder Aufklärung. Auch die erfundene versuchte Vergewaltigung durch drei Afghanen griff Fischer auf und warnte davor, Asylbewerber als gefährlich anzusehen.
Innerhalb der Unterkunft sei die Lage schon angespannter, so Fischer: „Das will ich nicht verschweigen.“ Manch ein Asylbewerber habe hier zum ersten Mal Alkohol getrunken, außerdem seien es eben 50 verschiedene Menschen auf engem Raum. Auch die Polizei könne nicht für hundertprozentige Sicherheit sorgen – nicht einmal, wenn ständig Beamte anwesend wären. Stattdessen müsse man offen sein: „Mit vielen kann man gut reden.“
Für kritische Äußerungen auf Bürgerseite sorgte vor allem die Entscheidung des Warngauer Gemeinderats, die Container in unmittelbarer Nähe zur Kita „Haus für Kinder St Johann“ zu platzieren. Die katholische Kirche hatte das Grundstück angeboten und vor kurzem einen Pachtvertrag über zunächst drei Jahre mit dem Landratsamt unterschrieben.
„Den Ball flach halten“ – und einfach mithelfen
Der Standort stieß unter anderem einem Anwohner sauer auf, der Vater eines kleinen Kindes ist. Er fürchtet um die Sicherheit der ganz jungen Warngauer. Zu Unrecht, fand der Polizist Fischer und wies auf die Unterbringung von 50 Asylbewerbern in der Föchinger Turnhalle hin, die „Wand an Wand“ mit dem Kindergarten liege. Dort habe es nie Probleme gegeben.
Stefan Köck, Leiter der Abteilung für Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Landratsamt, bat darum, „den Ball flach zu halten“ und auch dann nicht in Panik zu verfallen, wenn ein Asylbewerber an Tuberkulose erkrankt. Besser sei es, auf die Mechanismen der Behörden zu vertrauen und den Asylbewerbern mit Kreativität und Engagement zur Seite zu stehen.
Das wird wohl vor allem der Warngauer Helferkreis leisten müssen. Denn wie Köck mehrfach betonte, endet die Zuständigkeit des Landratsamtes eigentlich nach der Aufstellung der Container. Und die Behörde ist allein mit der Unterbringung von Asylbewerbern schon überlastet.
Da kam die Nachricht gerade recht, dass sich vor dem Informationsabend 13 weitere Freiwillige beim Helferkreis gemeldet hatten. Nach der Veranstaltung lag die Gesamtzahl der ehrenamtlichen Helfer dann sogar bei über 50. Bis die Asylbewerber ankommen, ist aber noch einiges zu tun. Vor allem die klare Verteilung von Aufgaben steht den Helfern bevor. Auch eine Art „Knigge für Warngau“ sei geplant, so Andrea Anderssohn.
Kennenlernen erforderlich: „Brezn’ mögen’s ned“
Die Rektorin der Warngauer Grundschule konnte bei einer anderen Frage Entwarnung geben. Teresa Meineke berichtete von der Einrichtung zweier Extrastunden für Deutschförderkurse und kündigte ihre Unterstützung an: „Wir sind da und heißen sie willkommen. Außerdem sind unsere Kinder so sozialkompetent, dass sie das schaffen – das wird schon gut werden.“
Über eines waren sich dabei alle Warngauer einig: Die Asylbewerber müssen schnell Deutsch lernen. Doch auch die Bürger selbst müssten sich auf Neues einstellen. Max Obermeier: „Brezn’ mögen’s ned! Man muss sich einfach gegenseitig kennenlernen.“ Bürgermeister Klaus Thurnhuber bedankte sich zum Abschluss für die „positive Gesprächskultur“ und zeigte sich „stolz, dass ich für Sie alle Bürgermeister sein darf.“
Vor Bezug der Container sollen die Warngauer an einem Tag der offenen Tür die Möglichkeit bekommen, sich die Unterkunft selbst anzusehen. Wie der gestrige Abend bewies, sind in Warngau die wichtigsten Voraussetzungen für ein gemeinsames Auskommen mit Flüchtlingen bereits gegeben: Menschlichkeit und Realismus.
SOCIAL MEDIA SEITEN