Offener Brief an den Gemeinderat Kreuth
Asphalt-Radweg: Heimkehrer Wrba ist dafür

Das Gemeinderatsmitglied Markus Wrba (FWG) hat seinen Ratskollegen einen Brief geschrieben: Während die gegen Asphalt stimmten, radelte er gerade nach Venedig und hat viele Eindrücke von Fahrradwegen und einen offenen Brief mitgebracht …

radweg
Andere Länder haben schönere Radwege, findet Wrba, hier ein zweispuriges Beispiel aus Tirol: Foto: Wrba

Offener Brief von Markus Wrba, verfasst am 29. Juli 2024

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

leider war ich am Donnerstag, 18. Juli berufsbedingt an der Teilnahme der Gemeinderatssitzung verhindert und konnte mich deswegen in die Diskussion über den asphaltierten Radweg bis Stuben nicht beteiligen. Interna aus der nichtöffentlichen Sitzung sind mir nicht bekannt. Ich beziehe meine Informationen ausschließlich aus den Presseberichten und habe mich entschlossen, an Euch einen offenen Brief zu richten, ein ungewöhnlicher Weg, der nicht bei jedem gut ankommen wird.

Keine Augenblickentscheidung und Mini-Umfrage

Ich meine aber, die Entscheidung über die Asphaltierung ist zu wichtig, als dass sie nur in einer Ad-hoc-Augenblickentscheidung, ohne ausreichende Informations- und Datenbasis, im Kreis des Gemeinderates beschlossen werden kann, obwohl Eure Entscheidung wohl richtig ist, soweit es nur ums Radfahren geht.

Anzeige

Ich habe für mich eine Mini-Umfrage gestartet. Das Ergebnis war, dass fürs Radlfahren der jetzige Weg ausreichend wäre und der Vorteil einer befestigten Radstrecke geringer wiegt, als der Eingriff in das Landschaftsbild und der Eingriff in die Ökologie, obwohl dieser Eingriff im Hinblick auf den bestehenden Kiesweg meines Erachtens gering ist.

Verdichtung

Die Frage der Verdichtung stellt sich nicht, weil der Kiesweg ohnehin schon verdichtet ist. Einen Ästhetikpreis gewinnt der bestehende Kiesweg/Forstweg auch nicht. Aber mit einem normalen Tourenrad oder Gravelbike ist der Weg gut zu befahren, auch wenn ich aus meiner Erfahrung heraus meine, dass gerade bei Gefällestrecken (Klamm/nach dem Salzstadel/Glashütte) eine Teerung – gerade beim Bremsen/in Kurven – mehr Fahrsicherheit brächte. Dagegen stehen die Argumente, dass im Herbst Laub und Feuchtigkeit und ggf. überfrierende Nässe zu einer Gefährdung führt. Ich meine aber, dass wir mit unserem Bauhof bestens gerüstet sind, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten – wie wir es ja auch auf allen anderen geteerten Wegen tun.

wrba radlweg
Wir haben keine Ahnung wo das ist, möchten jetzt aber auch einen Radsteg am Tegernsee. Foto: Wrba

Anmerkung der Redaktion

Wir haben den Brief nicht redigiert, nur veröffentlicht. Nur die Zwischenüberschriften sind auf die Kreativität der Redaktion zurückzuführen. Und hier hat sich Kollege und Herausgeber, Martin Calsow, Gedanken zur Entscheidung aus dem Gemeinderat Kreuth gemacht. Und hier haben wir schon mal was vom Radln in Tegernsee geschrieben, was nicht nur auf Gegenliebe gestoßen ist. Da ging es zumindest in den Facebook-Kommentaren auch um diverse Radlstegträume.

Anderer Länder Radwege

Ich bin gerade zurückgekommen von meiner 4. Radltour von zu Hause nach Venedig auf dem Radfernweg München-Venezia, einer wunderbaren E-Bike-Radltour und habe deswegen einen sehr guten Überblick zur Radl-Infrastruktur in unseren Nachbarländern. In der Anlage findet Ihr eine Bilderauswahl der verschiedenen Ausbaustufen dieser Radwege. Zugegebenermaßen kann ein neu asphaltierter schwarzer Teer in einer naturbelassenen Umgebung wie ein Fremdkörper wirken – straßenbegleitend fällt er weniger auf. Allerdings verblasst der Asphalt mit der Zeit und ist dann farblich von einem Kiesweg kaum mehr zu unterscheiden. Ich persönlich bevorzuge tatsächlich geteerte Wege – nicht zuletzt wegen eines Reifenplatzers mitten in der Pampa und habe mir sagen lassen, dass der Instandhaltungsaufwand für einen gekiesten Forstweg arbeits- und kostenintensiver ist, als die Instandhaltung eines geteerten Weges. Dazu kommt, dass vom staatlichen Bauamt nicht nur die Asphaltierung gezahlt würde, sondern der Gemeinde auch noch eine einmalige Ablöse für den künftigen Unterhalt bezahlt würde.

Es steht außer Frage, dass wir bei unserer klammen Kassenlage einen solchen Ausbau auf eigene Kosten nie beschließen würden. Das Angebot des staatlichen Bauamtes dürfen wir so meines Erachtens aber nicht kategorisch ablehnen und müssen unsere Entscheidung auf breitere Füße stellen. Und das ist für mich das entscheidende Argument: Es gibt ja nicht nur Radfahrer und Fußgänger, wobei ich diesen Radlweg nicht als bevorzugte Spazierstrecke betrachte. Da gibt es schönere zu Siebenhütten/Königsalm/Schwarzentenn und ganz viele ausschließliche Fußwege wie am Dammweg.

Trainingsstrecken gesucht?

Nein: Es gibt auch die Nachwuchsgruppen und Leistungsgruppen im Langlauf, die sehnlichst eine Sommer-Trainingsstrecke für das Rollern benötigen und suchen. Fragt einmal den Otto Schwarz, was er von unserer Entscheidung hält. Gerade der Langlaufnachwuchs benötigt eine verkehrssichere und störungsfreie Trainingsstrecke. Das Gleiche gilt für die Freizeit-Rollerblader. Dazu kommt, dass eine geteerte Strecke als Untergrund für das Langlauf-Loipengerät geeigneter wäre. Immer wieder – auch das weiß ich aus eigener Erfahrung – spitzen bei unserer immer bedürftigeren Schneelage Steine in die Loipenspur. Dazu könnten Entwässerungsprobleme nach der Schliffbach-Brücke im Zuge des Ausbaus behoben werden. An dieser Stelle sollte hangseits ein Ablauf erstellt werden, damit das Hangwasser nicht immer in die Loipe läuft.

Zudem könnte auch für mehr Sicherheit durch eine Radunterführung unter die B307 beim Übergang nach Glashütte geschaffen werden. Für die Wirtschaft in der Glashütte wäre das ein Segen.

Aber noch einmal zurück zu den anderen Interessengruppen, für die eine Teerung ideal wäre. Ich meine, dass wir nicht reflexartig und dogmatisch aus ökologischen Gesichtspunkten – die ihre absolute Berechtigung haben – dieses Projekt ablehnen sollten. Dies wäre ein ganz, ganz miserable Performance. Wenn wir eine Entscheidung treffen, müssen wir uns im Kontext einer Gemeinschaft verstehen und unsere Entscheidung nicht nur an unseren ureigensten Interessen orientieren. Bei dieser Entscheidungsfindung fehlte es an Kommunikation untereinander und mit Fachleuten und auch mit dem staatlichen Bauamt, das Informationen über Ausbaustufen und Kosten geben sollte, bevor wir vorschnell dieses unglaubliche Angebot in den Wind schlagen.

Kreuth hat ganz tolle Sportler hervorgebracht, die nur wegen guter Trainingsbedingungen so weit gekommen sind (Rodler/Skifahrer). So ist auch der Sonnenbichl ein ökologisch vielleicht fragwürdiges, sportlich aber unabdingbares Projekt. Dazu kommt, dass viele Skipisten wegen Schneemangels längst aufgegeben und an die Natur zurückgegeben wurden (Wallberg).

Die Rennradfahrer werden übrigens diesen Weg nicht benutzen, er ist zu schmal, zu kurvig und zu kupiert.

Ich habe Euch in der Anlage eine Auswahl von Bildern mitgeschickt. Asphaltiert ist z.B. der Inntal-Radweg oder die Strecke vom Brenner durch die alten Eisenbahntunnel nach Gossensaß mitten in der Natur. In der Lagune von Venedig gibt es geteerte Wege, gekieste Wege, Wege mit Holzplanken.

Ich meine, dass ökologische und ästhetische Gesichtspunkte bei dieser Abwägung zurücktreten können, wenn wir damit im Sinne des Gemeinwohls die Zukunft gestalten und nicht nur starr am Status Quo festhalten. Das spielt auch für den Tourismus eine Rolle und lässt sich meines Erachtens ohne Weiteres mit den Bergsteigerdorf-Grundsätzen vereinbaren.

In jedem Fall sollte diese Entscheidung nicht nur im Gremium fallen, sondern im Hinblick auf seine immense finanzielle Bedeutung von allen beteiligten Interessengruppen. Ideal wäre ein vom Gemeinderat veranlasster Bürgerentscheid – sollte sich dies noch organisatorisch realisieren lassen, zumal die Förderung wohl noch im laufenden Jahr beantragt werden müsste.

Ich bitte jeden, der dies liest, seine Argumente zu überdenken und nicht dogmatisch zu entscheiden.

Eurer Kritik an meiner Vorgehensweise stelle ich mich gerne. Leider bin ich in der 1. September-Sitzung – diesmal urlaubsbedingt (Radfahren) – wieder nicht anwesend, sodass Ihr Euch an mir nicht abarbeiten könnt. Über eine sachliche Diskussion zum Thema würde ich mich – wie sicherlich viele andere – sehr freuen.

Es grüßt Euch in aller Freundlichkeit und kollegialen Verbundenheit

Markus Wrba          

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner