Auch der Norden kann Tourismus

Während die südlich von Holzkirchen gelegenen Seen ein touristisches Profil haben und sich als idyllische Erholungsgebiete präsentieren, hat Holzkirchen ein Problem: Für viele ist es Durchfahrtsort. Die Autobahnausfahrt kennen einige, doch den Ort selbst? Dabei hat der Landkreisnorden durchaus etwas zu bieten. Tourismus findet auch hier statt – nur eben anders als an den Seen.

Holzkirchen soll touristisch attraktiver werden. Bild: http://www.holzkirchen-tourismus.de
Holzkirchen soll touristisch attraktiver werden / Bild: holzkirchen-tourismus.de

Tourismus ist ein großes Thema und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Landkreis Miesbach. Um die Gegend als touristische Einheit präsentieren und besser vermarkten zu können, sollten die Alpenregion Tegernsee-Schliersee und die Tegernseer Tal Tourismus GmbH wie lange geplant fusionieren.

Doch die Schlierseer Gemeinderäte haben die touristische Gefolgschaft verwehrt: Sie lehnten den Zusammenschluss jüngst ab. Die neue Alpenregion Tegernsee Schliersee (ATS) ist damit vorerst gescheitert, noch bevor es mit der großen Fusion überhaupt losgehen konnte.

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Wohin will die Region?

Es stellt sich damit nicht nur die Frage, wohin beziehungsweise was die Alpenregion nun eigentlich will. Sondern auch, was die Tourismusfusion für Holzkirchen bedeutet. Viele Lokalpolitiker befürworten jedenfalls die Fusion von ATS und TTT. “Entweder wir sind ein Landkreis oder wir sind es nicht”, sagt Valleys Bürgermeister Andreas Hallmannsecker, der in der Steuerungsgruppe den Landkreisnorden vertritt. Ähnlich sieht das Birgit Eibl von den Freien Wählern: „Es ist schon sinnvoll, dass wir da im Landkreis zusammenhalten“, so die Gemeinderätin.

Was aber bringt ein solcher Verbund für den Ort? “Wir haben großes Interesse an der Fusion, weil sich der Tourismus nicht nur im Süden abspielen kann”, sagt Holzkirchens Bürgermeister Josef Höß. Auch der Norden könne von einer geschlossenen touristischen Präsenz der Voralpenregion profitieren.

Bislang hatte es allerdings den Anschein, als schwimme Holzkirchen relativ leidenschaftslos im Fahrwasser der großen Flaggschiffe Tegernsee und Schlierseee, als springe der Markt auf den Zug der Fusion lediglich bequem auf, ohne sich jedoch selbst stärker zu profilieren – wofür Holzkirchen touristisch steht, ist eher diffus. Doch das soll sich ändern. “Wir wollen touristisch präsenter sein”, betont Höß. “Hier ist noch sehr großes Potential vorhanden.”

Holzkirchen steht für Geschäftstourismus

Eine klare Positionierung ist gerade im Hinblick auf die Zugpferde Tegernsee und Schliersee wichtig. Denn dass Holzkirchen und die umliegenden Nordgemeinden wie Warngau, Otterfing und Valley weniger touristisch attraktiv sind als der Landkreissüden, räumen viele ein. So auch Hallmannsecker:

Wir sind keine Schwergewichte im Tourismus, sondern Leichtgewichte.

Elisabeth Dasch (SPD), die sich stark für die Standortförderung der Gemeinde einsetzt, bestätigt dies: „Touristisch sind wir natürlich nicht so bewandert wie der Tegernsee oder der Schliersee.“ Der Tourismus stecke hier noch in den Kinderschuhen, so Dasch. „Die Gegend muss man viel mehr bewerben.“ Das sieht auch Höß so. Man wolle sich auch personell stärker aufstellen, um den Tourismus zu fördern, erzählt der Bürgermeister.

Denn auch der Landkreisnorden kann Tourismus – nur eben anders als der Süden. “Holzkirchen ist touristisch nicht uninteressant”, betont auch Georg Overs, Geschäftsführer der Tegernseer Tal Tourismus GmbH (TTT). Während Tegernsee und Schliersee klar für den Erholungstourismus einstünden, finde hier vor allem Geschäftstourismus statt:

Holzkirchen ist ein hochattraktiver Wirtschaftsstandort in einer sehr attraktiven Landschaft.

Das sähen die Wirtschaftsunternehmen auch so, sagt Dasch. Beim Spatenstich vom neuen Bosch-Entwicklungszentrum letzte Woche beispielsweise habe man herrliches Wetter und einen Panoramablick auf die Berge gehabt. „Was will man mehr?“, fragt die Gemeinderätin. Industrie inmitten der Idylle – Auch Höß ist von der Schönheit des neuen Gewerbegebiets überzeugt. Dieses gehöre zu den “schönsten Lagen” des Ortes: “Bei klarer Sicht sieht man bis zum Karwendel.”

Schöne Sicht im Landkreisnorden - hier auf dem Golfplatz Valley / Bild: valley-tourismus.de
Schöne Sicht im Landkreisnorden – hier auf dem Golfplatz Valley / Bild: valley-tourismus.de

Durch die Nähe zu München, der Autobahn und dem städtischen Messegelände, aber auch aufgrund der vielen Betriebe vor Ort, ist Holzkirchen ein wichtiger Ort für den sogenannten geschäftsorientierten Tourismuszweig. Die Trias aus ortsansässigem Gewerbe, Stadtnähe und attraktiver Landschaft ist der große Pluspunkt von Holzkirchen, von dem auch der Rest des Landkreises profitieren kann. „Hier hat der Norden schon einiges zu bieten“, ist Hallmannsecker überzeugt.

Das findet auch Overs: “Der Geschäftstourismus strahlt wiederum auf den gesamten Landkreis aus.” Viele Gäste, die aus beruflichen Gründen in der Gegend seien, kämen später noch einmal zum Erholungsurlaub hierher.

Neben dem Geschäftstourismus spielen außerdem die Tagestouristen für Holzkirchen eine wichtige Rolle. Auch hier ist die Lage samt guter Verkehrsanbindung – nicht zuletzt durch die S-Bahn – entscheidend. So kommen viele Radfahrer und Wanderer in den gut erschlossenen Ort, um von dort aus die Gegend zu erleben. Für den Tagestourismus sei Holzkirchen ein „hochattraktiver Standort“, betont Overs. Und das auch in wirtschaftlicher Hinsicht: So lasse durchschnittlich jeder Tagesgast zwanzig Euro im Ort.

Neues Hotel im Zentrum?

Höß sieht in der Mischung aus Geschäfts-, Messe- und Freizeittourismus “ein gutes Paket.” Dabei ist dem Bürgermeister auch wichtig, dass der Ort selbst touristisches Potential hat und nicht nur als Startpunkt für diverse Ausflüge in den Süden dient.

„Holzkirchen ist ein Naherholungsgebiet mit großem Freizeitwert unmittelbar vor der Haustür“, sagt auch Dasch. Radwege, Wanderwege, Langlaufloipen, Pferdesport in Thann und Golf in Valley – vor Ort gäbe ein gutes Freizeitangebot. „Warum soll ich mich in den Stau in Richtung Tegernsee stellen, wenn man hier einfach loslaufen kann und wunderbare Plätze findet?“, fragt die SPD-Politikern.

Höß betont, man wolle “ganz beherzt an neue touristische Möglichkeiten denken”. So sieht der derzeit noch amtierende Bürgermeister zum Beispiel die Notwendigkeit für neue Hotels und das nicht nur aufgrund der Firmen, die hier ansiedeln und weiteren Bedarf an Übernachtungsmöglichkeiten schaffen. Vielmehr schwebt Höß ein Hotel im Ortszentrum vor – wenngleich er sich bewusst ist, dass dies aufgrund der dichten Bebauung nicht einfach und bislang ein Zukunftstraum ist.

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