Ein kleiner Hof, kurz hinter dem Ortsende von Waakirchen. Hier baut die Familie von Stein Gemüse an und Karl Bär, Bundestagsabgeordneter der Grünen, lädt in den Hofladen zum Pressegespräch.
Seit etwa einem Jahr baut das Ehepaar von Stein, das vorher einen Bauernhof im Allgäu bewirtschaftet hat, Gemüse an: 3.000 Quadratmeter haben sie dafür, dazu ein Gewächshaus von 280 Quadratmetern. Kohlrabi, Fenchel, Pak Choi und Feldsalat werden hier vorgezogen, bevor sie raus aufs Feld ziehen. Statt Glyphosat soll eine lichtundurchlässige Folie auf dem Acker dem Unkraut den Garaus machen und den Boden für die Babypflanzen vorbereiten. Marktgartensystem nennt sich das, wie die Steins hier gärtnern: Kaum Einsatz von Landmaschinen, minimale Fläche, Eigenanbau und Verkauf. Das hofeigene Gemüse wird im Hofladen verkauft, einzelne Bio-Produkte kaufen sie dazu, etwa Milchprodukte, aber eben auch Mandarinen.
Damit ist das Paar ein “untypischer” Kleinbetrieb. Nur eine Mitarbeiterin haben sie angestellt. Zum Vergleich; im konventionellen Gemüseanbau geht es oft um Zigtausend Hektar. In Spanien teilen sich etwa 15.000 Bauern eine Anbaufläche von 31.000 Hektar.
Übernommen haben sie den Hof von Eva Vogel, die über 25 Jahre lang hier Demeter-Produkte angebaut hat. Das Ehepaar von Stein ist nicht bei Demeter unter Vertrag, es stört die beiden nicht. Im Gegenteil, das Gefühl überwog, dass zu wenig Kenntnis von Gemüse auf zu wenig Beratungswillen traf.
Presse-Reise in die Landwirtschaft
Eine Woche ist Bär auf Presse-Reise, mit dem Ziel “Bürokratie anschauen”. Er will verstehen, vor welchen Herausforderungen die landwirtschaftlichen Betriebe stehen. Bär schaut sich dazu Biobetriebe an, aber auch konventionelle. Weil er die Diskussionen im Parlament als teilweise zu weit weg, empfindet. “Was kommt unten an?” Es ist seine Leitfrage, lieber anschauen, wie die Regeln umgesetzt werden als “die 25. Diskussion zur unternehmerische Freiheit” zu führen.
Einen Tag zuvor hat Bär einen konventionellen Milchviehbetrieb in Icking besucht. Die Landwirtin, Ruth Frech, ist im Bauernverband. Auf ihrem Hof leben 50 Milchkühe. Die Landwirtin muss in die Datenbank HIT jedes Vieh eintragen, von der Geburt bis zur Schlachtung. Sogar eine App gibt es seit letztem Jahr dazu. Eine Datenbank, die manchmal zu absurden Situationen führt. Etwa, wenn die Bauern behördlich aufgefordert werden, ihre eigenen eingegebenen Daten noch ein zweites Mal zu verifizieren.
Ein Fazit hat Bär schon für sich mitgenommen: “Sobald ein Mensch da mit reinkommt, wird es einfacher”. Demnach sind es gerade die vielen Anträge, Papiere und zum Teil doppelt-geführte Statistiken, die Landwirten einen Haufen Arbeit machen. Kommt ein Mensch auf den Hof, etwa zur Biokontrolle, dann kann man den entsprechend auch fragen. Und auch wenn Bärs Suche nach der Bürokratie durchaus ernsthaft herüberkommt, gibt er auch zu bedenken, dass Bürokratie oft als “Kampfbegriff” benutzt würde. Das Gegen-die-Bürokratie-sein wird ein Instrument Umweltschutz, Verbrauchertransparenz und Arbeitnehmerrechte infrage zu stellen.
Schul-Obst-Programm, Mehrfachanträge, EU-Förderungen
Bürokratie ist für die Steins kein allzu großes Thema, zwar thematisieren sie durchaus, dass etwa das Schul-Obst-Programm, ein EU-Förderprogramm der EU, durchaus mühsam sein kann. “Das ist für uns eine wichtige Säule”, erklärt die Gemüse-Landwirtin und dass sie dafür dann in Vorleistung gehen müssen. Aber ansonsten? “Die Menge an Bürokratie ist nicht unser größtes Problem, sondern die Konkurrenz mit der konventionellen Agrarwirtschaft”, erklärt Frau von Stein. Frau Stein ist zuversichtlich, dass sie mit ihrem Konzept Erfolg haben. Und auf die Frage, was sie antreibe, dass sie einfach “eine große Begeisterung für gute Lebensmittel” habe, verbunden “mit dem Anspruch davon leben zu können.”
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