Prinzipiell sind Fahrgemeinschaften eine gute Idee – egal ob einmalig oder regelmäßig genutzt. Neben der finanziellen Ersparnis für Fahrer und Mitfahrer fällt auch die Ökobilanz der Fahrt wesentlich besser aus. Abhängig davon, wen man mitnimmt, kann die Fahrt bei netten Gesprächen sogar noch angenehm und kurzweilig sein.
Doch leider werden diese sinnvollen Einrichtungen inzwischen zunehmend von professionellen Schleusern für ihr ganz persönliches Profitstreben missbraucht – und die arglosen Fahrer gleich mit. So geschehen bei einer Reise von Rom nach München, für die ein 45-jähriger Geschäftsmann im Internet Mitfahrgelegenheiten angeboten hatte.
Zu blauäugig agiert
Der Unternehmer mit deutscher und italienischer Staatsbürgerschaft war gerade dabei, sein Business von Rom nach München zu verlegen und pendelte daher regelmäßig zwischen beiden Metropolen. Da die Geschäfte des Übersetzers nicht gut liefen, riet ihm seine Tochter, die Spritkasse durch Mitfahrer zu entlasten, und empfahl ihm dafür mehrere Internetportale.
Das funktionierte auch ein paarmal problemlos, bis er am 15. Juni 2014 in Rom neben einem ihm bereits bekannten Inder noch drei Männer aus Gambia mitfahren ließ. Die dunkelhäutigen Herren machten einen gepflegten, weltmännischen Eindruck auf ihn. Der Übersetzer ahnte also nichts Böses – und versäumte es, weil er schnell losfahren wollte, sich von seinen Mitfahrern deren Ausweise zeigen zu lassen.
Das wurde ihm am selben Abend gegen 22 Uhr zum Verhängnis, als er in Weyarn auf einem Parkplatz von der Polizei kontrolliert wurde. Die drei Gambier hatten nämlich keine gültige Einreise- oder Aufenthaltsberechtigung für Deutschland. Der Fahrer wurde daher intensiv befragt und schließlich wegen Einschleusens von Ausländern angeklagt.
Mit einem Fuß im Gefängnis
In der gestrigen Verhandlung vor dem Miesbacher Amtsgericht signalisierten Richter und Staatsanwalt Verständnis für die Situation des Angeklagten. Dennoch mussten sie ein geeignetes Strafmaß finden. Bekanntlich ist während der letzten Monate die Flüchtlingsproblematik zu einem brisanten Thema geworden – besonders für die Justiz. Daher stellte Richter Walter Leitner noch während der Beweisaufnahme klar:
Von einem Freispruch sind wir so weit wie nur irgendwas entfernt.
Das Schleusen von Ausländern nach Deutschland ist kein Kavaliersdelikt. Normalerweise wird dafür eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt, mindestens aber 130 Tagessätze, wenn der Angeklagte geständig ist. Im Fall des deutsch-italienischen Fahrers ließen jedoch Staatsanwalt und Richter Milde walten und reduzierten das Strafmaß auf 90 Tagessätze zu 25 Euro.
Der Angeklagte ist damit nicht vorbestraft. Er hatte zugegeben, blauäugig gehandelt zu haben, denn als in Italien Lebender war er sich der besonderen Flüchtlingsproblematik dort bewusst. Einen potenziellen Mitfahrer hatte er sogar abgelehnt, weil dieser in Internetforen von anderen Anbietern als problematisch eingestuft worden war.
Flüchtlingsstrom ungebrochen stark
Auch hier im Landkreis machen sich die Flüchtlingsströme, die über die italienischen Küsten nach Europa hereinschwappen, immer stärker bemerkbar. Jürgen Thalmeier, Pressesprecher der Polizei in Rosenheim, nennt dazu aufschlussreiche Zahlen: Wurden 2013 etwa 1.000 illegal Einreisende aufgegriffen, waren es im Jahr darauf bereits knapp 3.000. „Die Tendenz ist eindeutig steigend“, sagt Thalmeier und ergänzt:
Es fahren bei Weitem mehr durch, als aufgegriffen werden. Wenn das so weitergeht, haben sich die Zahlen bald verdoppelt.
Viele davon kommen mit Autos, vom PKW über Kleintransporter bis hin zum LKW. Allein 2014 gab es 35 Großaufgriffe, bei denen bis zu 70 Personen auf einmal illegal einreisen wollten. Auch in den Fernreisezügen führt die Polizei momentan verstärkt Kontrollen durch, da auch diese beliebte Transportmittel für Schleuser sind. Hier arbeiten die Rosenheimer eng mit Kreuther Ermittlern zusammen.
Obwohl diese Zahlen schon alarmierend klingen, sieht Thalmeier hier lediglich „die Spitze des Eisbergs.“ Der Flüchtlingsstrom an den italienischen Küsten sei ungebrochen stark. Hinzu komme die hohe Dunkelziffer der „Illegalen“, die es geschafft haben, nach Deutschland zu gelangen. Durch die dünne Personaldecke gelinge es der Polizei nur, einen Bruchteil der Flüchtlinge abzufangen.
Daher ist es ratsam, wenn man unbekannte Personen von einem anderen Land aus mit nach Deutschland nimmt, genau hinzuschauen, wer da mit ins Auto steigt – und im Zweifelsfall lieber auf den Spritzuschuss zu verzichten. Wer steht schließlich schon gerne mit einem Fuß im Gefängnis.
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