Aus Eitelkeit zum Zenmeister

Migaku Sato Roshi ist Zenmeister. Doch die Kunst des Zen lernte der Japaner im Westen. Nun vermittelt er zwischen den Kulturen und verbringt vier Monate jährlich in Weyarn. Die Holzkirchner Stimme sprach Sato Roshi über sein Leben, seine Arbeit, die bayerischen Seen und – das bayerische Essen.

Migaku Sato Roshi ist Zenmeister im Domicilium.
Migaku Sato Roshi ist Zenmeister im Domicilium.

Ein Roshi ist ein „alter Lehrer“. So die wörtliche Übersetzung. Doch der Titel hat nichts mit dem Alter der Person zu tun. Er ist ein Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung. „Und das gilt nicht für die ganze Welt, sondern nur in Zenkreisen“, fügt Migaku Sato hinzu, der selbst ein Zenmeister ist.

Liebe zu den Bergen und zum Wasser

Der 66-jährige Japaner kommt seit rund zehn Jahren immer wieder nach Weyarn. „Ich liebe die Berge und das Wasser sehr“, bestätigt der Theologie-Professor aus Tokyo. Doch das ist nicht der einzige Grund seiner Besuche in Oberbayern.

Anzeige

Das erste Mal kam er an die Mangfall, als er für Helena Snela, die Gründerin und Leiterin des Weyarner Domiciliums, Texte und Gespräche übersetzen sollte. Seitdem begleitete er immer wieder die Meditationssitzungen von Kubota Ji’un Roshi. Seit 2011 gibt der Zenmeister selbst Sesshins. Vor kurzem hat er die Aufgaben seines Vorgängers vollständig übernommen. Gerade konnte Sato sein fünftes Schweigeseminar abschließen. Künftig wird er vier bis fünf Mal jährlich Gruppen leiten.

Der Zulauf ist groß. Immer mehr Menschen interessieren sich für die Kunst des Zens und des Schweigens. “Ich mache keine Reklame, aber die Menschen kommen trotzdem“, sagt der Japaner bescheiden. „In einer Zeit, in der der Alltag von Konsum und Hektik geprägt ist, vermissen viele Menschen den Sinn in ihrem Leben. Da die Kirche nicht für alle eine Alternative darstellt, suchen immer Menschen nach anderen Ansätzen“, erläutert Maria Börgermann-Kreckl vom Domicilium.

Tagelanges Sitzen und Schweigen

Immerhin dreizehn Teilnehmer kamen zum letzten Sesshin im Februar. Sieben Tage lang, jeden Tag, sitzen und schweigen, nur unterbrochen von kurzen Geh-Meditationen, Vorträgen und persönlichen Gesprächen mit dem Meister, das ist nur etwas für Geübte. Aber für die Einsteiger gibt es eintägige Seminare in Weyarn. Da müssen sie nur 24 Stunden sitzen und schweigen.

Der Theologe und Zenmeister liebt die bayerischen Seen - jeden auf seine Art.
Der Theologe und Zenmeister liebt die bayerischen Seen – jeden auf seine Art.

Die meisten Menschen denken, dass Zen und Japan sehr eng zusammen gehören. Doch Sato kam als Student nach Göttingen, um das Neue Testament zu studieren. In Japan gab es die Fachrichtung Theologie nicht. Erst später, an der Uni in Bern, kam er mit Zen in Kontakt. Er lernte bei dem legendären Pater Lassalle – und fluchte, dass der Lotussitz mit den gekreuzten Beinen so schmerzhaft war.

Aus Eitelkeit zum Zen gekommen

„Nur aus Eitelkeit habe ich weitergemacht“, gibt der hervorragend deutschsprechende Theologieprofessor zu. Und auf einmal seien alle Schmerzen weg gewesen. Doch Sato schwankte noch ein Jahr, ob er diesen Weg gehen sollte. Entschied sich aber schließlich dafür. Nun ist er einer der wenigen evangelischen Theologen, die Zen vermitteln.

„Wichtig ist der Kern: Ich vereinfache die Dinge, befreie sie von Riten und Rezitationen“, verrät er sein Geheimnis. Denn Sanbo-Zen, wie seine Richtung heißt, ist keine Wissenschaft, sondern eine Erfahrung. Und die soll für alle Menschen erreichbar sein.

Wie Zuhause – wenn nicht das Essen wäre …

Es sei eine Art von Meditation, aber nicht mit einer Konzentration auf Objekte, sondern auf das Innere, auf das eigene Wesen. Wie so oft, geht es um den Weg. Dass er hier ein Bedürfnis befriedigt, zeigen die regelmäßig wiederkommenden Seminar-Besucher aus dem südbayerischen Raum.

An Bayern schätzt er die Ruhe. Denn: „Tokyo ist sehr laut.“ Für Ausflüge hatte er bislang wenig Zeit. Aber die Landschaft gefällt ihm „sehr gut“. „Ich bin ich Norden von Japan geboren, da gibt es Berge und Wasser. Deshalb fühle ich mich hier zuhause“, erklärt der zweifache Familienvater. Für ihn hat der Tegernsee eine leichte Ferienstimmung, der Schliersee eine „ansprechende dunkle Atmosphäre“ und der Starnberger See „etwas Amerikanisches, wie eine Shopping-Mall“.

Einzig mit dem Essen tut er sich etwas schwer. Auch wenn das Domicilium weder Schweinsbraten noch Weißwürste kredenzt, befürchtet der Zenmeister: „Wenn ich länger hier leben würde, bekäme ich Heimweh“.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner