Ausflugswahnsinn bedroht heimisches Wild

Das heimische Wild findet in strengen Wintern nur sehr wenig Nahrung in unseren bayerischen Wäldern. Bei solchen Witterungsverhältnissen sind die zuständigen Jäger gesetzlich angehalten, eine Notfütterung durchzuführen. In Kreuth wurde das nun einfach unterlassen. Hinzu kommt: Unser Wild wird von den zahlreichen Corona-Ausflüglern massiv gestört.

Der Winter wird für Wild oftmals zum Überlebenskampf. / Quelle: Christoph Burgstaller

Mit Notfütterungen soll unser heimisches Wild über den Winter gebracht und Schäl- oder Verbissschäden im Wald deutlich reduziert werden. Festgelegt ist das in Artikel 43 des Bayrischen Jagdgesetz, “Natürliche Äsung; Fütterung des Wildes”:

(3) 1 Der Revierinhaber ist verpflichtet, in der Notzeit für angemessene Wildfütterung zu sorgen und die dazu erforderlichen Fütterungsanlagen zu unterhalten.
(4) Kommt der Revierinhaber der Verpflichtung nach Absatz 3 trotz der Aufforderung durch die Jagdbehörde nicht nach, so kann die Jagdbehörde auf seine Rechnung die Fütterung vernehmen und ausreichende Fütterungsanlagen aufstellen lassen.

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Schon seit längerer Zeit ist allerdings ein Fall im Raum Tegernseer Tal bekannt, bei dem genau gegen diesen Artikel verstoßen worden sein soll. Scheinbar wurde eine Notfütterung nicht durchgeführt. Landtagsabgeordneter Florian Streibl sagte dazu:

Wir müssen unser Wild, aber auch den Wald schützen. Ohne Nahrung verendet das Wild, welches sich zuvor auf die jungen Triebe der Bäume als Nahrungsquelle stürzt. Ich verurteile eine unterlassene Notfütterung der Tiere aufs Schärfste.

Doch auch Corona beeinflusst derzeit das Wild und den Wald. Bereits im Sommer 2020 war der Andrang von Ausflüglern und Freizeitsportlern groß. Aber jetzt im Winter sind die Folgen für die heimischen Wildtiere noch dramatischer. Wenig Nahrung, der Bewegungsradius ist aufgrund der Schneehöhen stark eingeschränkt, das Wild ruht. Viele Naturbegeisterte stürmen jedoch ohne Rücksicht in die Wälder, schrecken dort die ruhenden Wildtiere auf und vertreiben sie von den angelegten Wildfütterungen.

Johanna Ecker-Schotte vom Tierschutzverein Tegernseer Tal kann dem nur beipflichten: “Heimische Bereiche des Wildes sind in diesem Jahr immens mehr gestört worden”. Hinzu kommt: “Oben in den Bergen ist ja noch mehr Schnee, das Wild muss herunterkommen, um die dringend benötigte Nahrung zu finden. Deshalb sind ausgewiesene Ruhe- und Schutzzonen für unser Wild lebensnotwendig.”

Nicht repräsentatives Gutachten entscheidet über Abschusszahlen

Letztendlich verenden viele der Tiere, sie verhungern regelrecht. Das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten teilt mit: “In den Gutachten äußern sich die Forstbehörden zum Zustand der Waldverjüngung und ihre Beeinflussung durch Schalenwildverbiss und Fegeschäden. Sie beurteilen die Verbisssituation in den Hegegemeinschaften und geben Empfehlungen zur künftigen Abschusshöhe ab.”

Weiter heißt es: “Die forstlichen Gutachten 2021 sollen die Beteiligten vor Ort in die Lage versetzen, für die Schalenwild-Abschussplanperiode 2022/25 einvernehmlich gesetzeskonforme Abschusspläne aufzustellen. Für die unteren Jagdbehörden stellen sie eine wichtige Entscheidungsgrundlage bei der behördlichen Abschussplanung dar.”

Landtagsabgeordneter Streibl stellt schon jetzt klar, dass man die Zahlen für das Verbissgutachten aus den Jahren 2020 und 2021 nicht verwenden kann. Die Situation im Wald als auch beim Wild wurde massiv durch den Menschen beeinflusst, die Gutachten-Zahlen sind letztendlich verfälscht. Den Berg hinauf, am besten querfeldein, abseits von Pisten mit den Skiern und die Masse an Naherholungssuchenden – das alles beeinflusse die Ruhezeit des Wildes im Wald. Streibl macht deutlich:

Die Verbiss-Schäden durch das Wild werden durch die uneinsichtigen Waldbesucher, aber auch durch die nicht eingerichteten Notfütterungen künstlich in die Höhe getrieben, dies kann nicht die Grundlage für ein Gutachten sein, aus welchem dann ein Jahres-Abschussplan für das Wild hervorgeht. Es muss nicht nur der Wald geschützt werden, sondern auch das Wild. Bis heute wissen wir nicht, wie der Bestand bei den Gämsen aussieht. Nicht umsonst wurde die Gams auf die Vorwarnstufe der roten Liste in Deutschland gesetzt.

Er appelliert an die Jäger, dass die Notfütterungen weiterhin durchgeführt werden. Aber auch an die Hundebesitzer und Naherholungssuchenden: “Bleiben sie auf den ausgeschilderten Wegen und leinen sie ihren Hund an.”

Freizeitdrang zurückstellen!

Auch Ecker-Schotte ist überzeugt, dass nicht zuletzt ein zu hoher Jagddruck bis zum letzten Tag manche Verbissgutachten schlicht unbrauchbar machen. Sie warnt eindringlich vor Verstößen:

Wir haben die Pflicht, Wild und Wald zu schützen. Vorsätzlich unterlassene Notfütterungen werden von uns verfolgt!

Die Ruhezonen werden immer kleiner, der Lebensraum des Wildes immer eingeschränkter. Tatsächlich sind nur 14 Prozent der Bayerischen Flächen als Rotwildgebiete definiert. “Wir brauchen ausgewiesene Flächen, in denen unser Wild seine Berechtigung hat und sich ungestört bewegen darf “, so Ecker-Schotte. Deshalb appelliert sie an alle Naturliebhaber, die eigenen Bedürfnisse einzuschränken oder zurückzustellen – im Sinne unserer Wildtiere.

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