Bauen am Leeberg: Sind den Käufern die Gefahren wirklich bewusst?

Die sogenannte Geo-Riskzone am Leeberg: 400 Meter breit, 1300 Meter lang

Seit 2009 ist bekannt, dass das Bayerische Landesamt für Umwelt den Leeberg in Tegernsee als Risikogebiet einschätzt. In regelmäßigen Abständen gehen kleinere Muren vom Berg ab und könnten laut Experten Vorboten einer verheerenden Hangrutschung sein. Doch dieser Gefahr scheinen sich viele nicht bewusst. Oder verschließen einige ganz bewusst ihre Augen?

Ist es doch am Leeberg besonders schön und lukrativ – je nach Sichtweise: Die Lage zwischen Tegernsee und Rottach-Egern, der Ausblick, die exklusive Umgebung. Alles Gründe weshalb im am Leeberg ausgewiesen Baugebiet in den vergangenen Jahren vermehrt gebaut worden ist.

“Hier stehen Menschenleben auf dem Spiel”

Der ehemalige Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal, Ferdinand Graf von Spiegel, steht der Baulandausweisung sehr kritisch gegenüber und nahm Kontakt zum Bayerischen Landtag auf. In seinem Antrag fordert er den Baustopp in Hinblick auf das Risiko eines Erdrutsches. „Hier wird nicht nur die Landschaft zerstört. Dort herrscht eine Gefahr, da stehen Menschenleben auf dem Spiel!“, warnt Graf von Spiegel in der Petition.

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Nachdem der Landtag sein erstes Gesuch im August vergangenen Jahres abgelehnt hatte, da die Staatsregierung den Genehmigungsbehörden keinerlei Verfehlung attestierte, ging Graf von Spiegel vergangene Woche in die zweite Runde. Neben einem Baustopp am Leeberg, ist sein weiteres Ziel der Schutz der Häuser. In diesem Bestreben ist ihm nun ein Teilerfolg gelungen.

Die Gemeinde muss zukünftig die Bürger auf die Gefahren hinweisen

Florian Streibl, Vize-Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, nahm am Ausschuss als Berichterstatter teil und fasste das Ergebnis gegenüber der TZ wie folgt zusammen:

Wir mussten den Antrag aus verfassungsrechtlichen Gründen abweisen, der Ausschuss hat aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Gemeinde die Bürger auf mögliche Gefahren durch Hangrutschungen hinweisen muss, schließlich geht es hier um Menschenleben.

Außerdem merkte Streibl an, dass sich durch die Klimaveränderung die Bausituation im Alpenland verschärft.

Wo man früher gefahrlos Häuser bauen konnte, kann heutzutage jederzeit ein Hang abrutschen und diese Häuser regelrecht wegschieben. Die Gemeinde Tegernsee sollte keine Baugebiete in gefährdeten Bereichen ausweisen.

Streibl räumt zudem ein, dass für den Ausschuss nicht einwandfrei Klarheit darüber geschaffen ist, ob überhaupt ein Risiko für die Bewohner der Häuser am Leeberg existiert. Allerdings geht es den Antragstellern nicht nur um die möglichen Gefahren:

Es geht um den Erhalt unserer bayerischen Heimat. Hätten unsere Vorfahren so rücksichtslos gebaut wie dies heute der Fall ist, könnten wir uns nicht mehr an unserer schönen Landschaft erfreuen. Ich möchte kein verbautes bayerisches Monaco am Tegernsee.

“Seit 2 Jahren weisen wir jeden auf die Risiken hin”

Der Anschuldigung, dass die Gemeinde die Risiken, die der Bau am Leeberg birgt verschweige, widerspricht Tegernsees Bürgermeister Peter Janssen vehement. „Seit 2009 haben wir bei jedem Projekt das Landratsamt auf die Risiken hingewiesen.“ so Janssen gegenüber der Tegernseer Zeitung. Und er schließt mit einer interessanten Aussage, die einen Einblick in die Logik von Verwaltungen gibt: “In den meisten Fällen handelt es sich ohnehin um Spekulationsobjekte.”

Sprich es sind Investoren am Werk, die Grund kaufen, Immobilien bauen und diese schnell wieder teuer verkaufen. Und aus dem Grund wird, so die Meinung einiger Experten, der “faktische Baustopp” auch keine langfristigen Auswirkungen haben. Zu begehrt die Lage, zu profitabel die Investitionsmöglichkeit.

Und was wenn doch mal etwas passiert? Dann ist keiner Schuld!

Wie es weitergeht ist vorhersehbar: Den Investoren sind die Risiken bewusst. Die Stadt weist darauf hin. Alles sind aus dem Schneider. Gebaut wird trotzdem. Und im Anschluß schnell weiterveräußert: Ob Häuser oder Eigentumswohnungen – für den Käufer alles schlüsselfertig, ohne langwierige Bodengutachten oder Bauausschuss-Anträge. Und vor allem ohne das unangenehme Gefühl etwas erworben zu haben, das in einem Risikogebiet steht. Denn darauf müsste ja der Investor hinweisen und in dem Moment einen nicht unerheblichen Preisabschlag in Kauf nehmen. Absehbar, dass die Motivation dafür nicht sehr groß sein wird.

Und wenn am Leeberg tatsächlich einmal etwas passiert? Dann beginnt die Suche nach den Schuldigen, die wie so oft im “Sande verläuft”. Übrig sind dann nur noch die, die es schon immer gewusst haben.

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