Drei Beispiele:
Bauernproteste im Tal: von Gummistiefeln und Silo-Ballen

Gummistiefel baumeln über dem Ortsschild in Gmund. Eine neonfarbene Ampel ziert einen Silo-Ballen auf einer Wiese bei Bad Wiessee: Auch im Tal sind die Landwirte sauer und machen sich Luft:

Irgendein Bauer in Gmund hat jetzt ein Paar weniger. Foto: Redaktion.

#1 – Gummistiefel baumeln über dem Ortsschild Gmund

Es reicht, mag sich der Mensch gedacht haben, der sich mit diesen Gummistiefeln jahrelang durch Matsch und Kuhfladen quälte. Diesel-Privileg weg, KFZ-Steuer rauf: Zwei der Gründe, die tausende Bäuerinnen und Bauern im Dezember zum Demonstrieren nach Berlin brachten. Landwirte sehen durch die Sparmaßnahmen der Regierung ihre Existenz gefährdet. “Wenn jemand seinen Betrieb einstellt, dann stellt er die Gummistiefel vor die Tür”, erklärt Brigitta Regauer, Kreisbäuerin Bayerischer Bauernverband Miesbach die Gummistiefel-Symbolik. Die Gummistiefel stehen dafür, dass die Bauern “symbolisch ihren Job an den Nagel hängen” und über ein Ortsschild gehängt, suggeriert die Aktion, dass alle Höfe im Ort demnächst draufgehen werden.

Gmund hat mit Dürnbach und Finsterwald durchaus die Nase vorne, was Bauernhöfe im Tal angeht. Bis 1983 stand am Ludwig-Erhard-Platz ein Hof, der Schmidmüller-Haslauer. Deutschlandweit machen Bauern mit umgedrehten Ortsschildern, Stiefeln und anderen mehr oder weniger kreativen Formaten auf ihre Situation aufmerksam.

#2 – Silo-Ballen: Feindbild Ampel

Eine Ampel in Neon-Farben leuchtet auf einer Wiese in Bad Wiessee. Das Feindbild Ampel-Regierung ist das beliebteste Motiv. Schließlich will die Bundesregierung die Subventionierungen für Agrardiesel sowie die Befreiung von der Kfz-Steuer für land- und forstwirtschaftliche Maschinen streichen. Damit soll die klaffende Lücke im Bundeshaushalt geschlossen werden. Die Bauern befürchten dadurch zusätzliche finanzielle Belastungen. Sie drohen mit weitergehenden Protesten, sollte die Ampel die Maßnahmen umsetzen.

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Immerhin ist hier die Ampel orange; besteht noch Hoffnung? Foto: Redaktion

#3 – Selbstbemalte Banner am Straßenrand

Auch hier hat sich die Landwirtschaft Luft gemacht. Der recht kindliche Schriftzug prangt einem auf dem Weg von der Autobahn Richtung Weyarn entgegen. Die Botschaft: “Es betrifft Alle” wirkt recht dringlich und verweist auf die klassische Argumentation, dass die Landwirtschaft unser tägliches Brot herstellt. Was in Teilen Deutschland richtig ist, ist im Tal nur bedingt wahr: Ein Großteil der Landwirtschaft geht in die Vieh- und Almwirtschaft. Ein weiterer Teil paart die klassische Landwirtschaft mit touristischen Angeboten oder reduziert sich gleich darauf: Urlaub auf dem Bauernhof.

Am Boden im Tegernseer Tal sind schon Generationen an Bauern verzweifelt, der sich partout nicht für den Anbau von Getreide und anderem nutzen lassen wollten. Oder halt nur sehr dürftige Ernten brachte; die Entwicklung der Haglandschaft erzählt auch die Geschichte des Ackerbaus: Die mühsame Arbeit einen Acker zu roden, nur etwas Ernte und kaum Ertrag. Die Äcker wurden zur “Erholung” sich selbst überlassen und schließlich als Weide genutzt.

Selbstgemacht und nur eine Vorsilbe entfernt von der Naziparole: “Deutschland erwache”. Foto: Redaktion.

Hintergrund

Seit Dezember organisieren Bauern deutschlandweit Protestaktionen: Großdemo in Berlin mit symbolträchtigen Bildern vor dem Brandenburger Tor, jüngst haben 1000 Landwirtinnen und Landwirte in Hammelburg Unterfranken den Verkehr lahmgelegt.

Übrigens: In Baden-Württemberg prüft jetzt die Staatsanwaltschaft, wie weit der Protest gehen darf. Hier haben es Ampel-Galgen in die Landschaft und in die Presse geschafft. Ganz ungefährlich ist so ein Traktor-Protest auch nicht: Denn auch zweifelhafte Akteure brauner Gesinnung springen auf den Protest auf. Zwar positioniert sich der Deutsche Bauernverband eindeutig und schreibt auf X (ehemals Twitter), dass sie “für friedlichen und demokratischen Protest!” stehen und sich von “extremen Randgruppen” distanzieren würden, das Feindbild “Ampel” wirkt für Demokratiefeinde dennoch einladend mitzugehen.

Die Proteste der Landwirte richten sich gegen die geplanten Sparmaßnahmen der Bundesregierung, insbesondere die Abschaffung von Subventionen für Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge. Der Deutsche Bauernverband hat weitere Proteste für Januar angekündigt, um gegen diese Maßnahmen zu demonstrieren. Deutschlandweit gibt es etwa 256.000 landwirtschaftliche Betriebe (Quelle: Statista 2022); die Anzahl der Höfe verringert sich kontinuierlich. 83.000 Höfe befinden sich in Bayern, das damit deutschlandweit an der Spitze steht.

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