Bedroht wegen “Schwulen-Krankheit”?

Im Mai letzten Jahres kam es in der Weyarner Asyl-Unterkunft zwischen zwei Somaliern zu einer handfesten Messerattacke. Gestern gab der Angeklagt vor dem Landgericht München irritierende Beweggründe von sich.

Gestern wurde vor dem Landgericht München verhandelt. /Bild: D. Müller

Am 16. Mai 2016 wurde ein 18-jähriger Somalier mit lebensgefährlichen Bauchverletzungen an einer Tankstelle in Weyarn gefunden. Ein Streit zwischen dem 18-Jährigen und seinem 20-Jährigen Mitbewohner in der Weyarner Asylunterkunft eskalierte. Dabei stach der 20-Jährige seinem 18-jährigen Gegner mit einem Küchenmesser in die Bauchgegend. Anschließend flüchtete das Opfer aus der Wohnung, wurde kurze Zeit später in der Nähe einer Tankstelle angetroffen und ins Krankenhaus Agatharied eingeliefert.

“Schwul zu sein, ist der Weltuntergang”

Gestern stand der angeklagte 20-jährige Somalier wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht München II. Der schmächtig wirkende Angeklagte schilderte die Situation vor Gericht etwas anders und gab überraschende Hintergründe an. Mit dem Opfer sei er eigentlich befreundet gewesen, zumindest bis dieser die “Schwulen-Krankheit” bekam. Ständig habe der 18-Jährige seinen Po “angetätschelt” und habe Anzüglichkeiten von sich gegeben. Auch als der Angeklagt seinen Bekannten aufforderte, das zu lassen, machte er weiter. Es ging sogar soweit, dass das Opfer eines Nachts nur mit einer Unterhose bekleidet vor seinem Bett stand. Dabei habe er “den Schock seines Lebens” bekomme, so der 20-jährige Angeklagte.

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Richterin Regina Holstein konnte den Aussagen nicht ganz folgen. Sie hakte etwas genauer nach, warum der Angeklagte in Anbetracht seiner Vorgeschichte denn derart schockiert war. Sie wies daraufhin, dass der 20-Jährige in seinem Heimatland weitaus schlimmeres erlebt habe. Beispielsweise als er von somalischen Kopfgeldjägern in der Sahara gefangen gehalten wurde. Des Weiteren überlebte er die Flucht übers Mittelmeer. Doch diese Ereignisse ließen den Angeklagten scheinbar unbeeindruckt. Der betonte:

Schwulsein ist der Weltuntergang für mich. Das ist für mich schlimmer als die Bootsfahrt oder die Entführung in der Sahara. Wenn in Somalia jemand schwul ist, dann ist er einen Kopf kürzer. So was kann man nicht sein.

Er vermute, sein Bekannter habe sich die “Krankheit” in Europa zugezogen. So schaukelte sich die Stimmung zwischen den beiden ehemaligen Kameraden immer weiter hoch. Am Tattag eskalierte die Situation schließlich. Nach Angaben des Angeklagten war der 18-Jährige an besagtem Tag “unverschämt” ihm gegenüber und fragte ihn, warum er im Wohnzimmer seine dreckigen Schuhe nicht ausziehe. Außerdem soll er seine Mutter beleidigt haben.

Schließlich sei er ausgeflippt und habe seinen Bekannten mit dem Messer attackiert, so der 20-Jährige. Und weiter:

Ich habe ihn aber nur am Arm getroffen. Die Bauchverletzungen hat sich mein Bekannter vermutlich im Gerangel selbst zugefügt. Wenn ich ihn hätte umbringen wollen, dann hätte ich zugestochen. Das habe ich aber nicht. Ich bin kein Mörder.

Er sei wütend auf „den Herrn“, der das vorgelesen habe, sagte er – und meinte damit den Staatsanwalt. Am Schluss der Verhandlung erklärte der 20-Jährige die Gründe für seine Flucht. Demnach habe er in Somalia eine Beziehung zu einem Mädchen aus einer höheren Kaste gehabt. Er selbst gehöre der untersten Kaste an. Das habe die Eltern seiner Freundin gegenüber ihn aufgebracht. Der Prozess dauert an. Der Fall wird in den nächsten Wochen weiterverhandelt.

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