Lokführer unterschätzte Bremsweg

bob uebergang

Wer hatte Schuld an dem BOB-Unfall in Finsterwald, der sich letzten Juli zugetragen hat? Aufgrund einer defekten Schranke streifte ein Zug der Bayerischen Oberlandbahn ein querendes Auto. Passiert war den sich darin befindenden Insassen wie durch ein Wunder nichts. Doch mit den Antworten der Bahn wollen sich die Unfallopfer nicht zufrieden geben.

Mehr als einen Schutzengel hatte ein Ehepaar am 26. Juli vergangenen Jahres. Gegen 19 Uhr waren die beiden Ensdorfer mit ihrem Auto von Gmund in Richtung Finsterwald unterwegs. Auf Höhe der neuen Realschule querten sie den Bahnübergang. Da die Schranke nicht funktionierte, streifte die gerade aus Holzkirchen kommende BOB mit der Zugfront das Heck des PKWs.

Im Zug befanden sich laut Informationen der Polizei etwa 60 Passagiere, die noch am Unfallort von Mitarbeitern der Bayerischen Oberlandbahn betreut wurden. Bei der Beinahe-Katastrophe kam glücklicherweise niemand zu Schaden. Einzig Sachschaden in Höhe von 6.000 Euro entstand an beiden Fahrzeugen. Die Hälfte der Summe muss nun der 67-jährige Fahrer des Autos begleichen – und fühlt sich damit im Unrecht.

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Schwere Vorwürfe der Unfallopfer

Das Ehepaar erhebt schwere Vorwürfe gegenüber den Verantwortlichen. So habe es sich um eine Ausbildungsfahrt gehandelt, bei der ein 49-jähriger Auszubildender den Triebwagen fuhr. Heino Seeger, früherer Geschäftsführer der BOB und seit Mitte letzten Jahres Chef der Tegernsee Bahn, bestätigt dies. Den Vorwurf der Ensdorfer, der 54-jährige Lokführer sei kein Lehrlokführer gewesen, wiegelt er indes ab:

Lehrlokführer lehren vor allem die Theorie. In der Praxis ist es aber durchaus normal, dass Auszubildende nicht nur bei expliziten Lehrlokführern mitfahren.

Desweiteren wirft der Fahrer aus dem Saarland der Bahn vor, dass die Zugleitung davon wusste, dass der Bahnübergang ausgefallen war, dies dem Lokführer jedoch erst nach dem Zusammenstoß mitgeteilt hatte. Auch habe scheinbar eine sich rund 400 Meter vor dem Bahnübergang befindliche Warnlampe den defekten Übergang angezeigt.

Aussagen, die Seeger zwar im Grunde bestätigt. Jedoch müsse man den gesamten Vorfall differenziert betrachten. Laut Seeger habe die Zugleitung vorschriftsgemäß den Stördienst alarmiert, als der Defekt bemerkt wurde.

Der Lokführer hat das Signal gesehen und gebremst. Jedoch unterschätzte der Auszubildende den Bremsweg und löste die Bremse zu früh, sodass der Zug in Schrittgeschwindigkeit auf den Bahnübergang zufuhr und den PKW touchierte.

Außerdem moniert der Fahrer die schlechte Sicht: Seine Frau und er hätten sich dem Bahnübergang in angemessener Geschwindigkeit genähert, aufgrund der vielen Bäume sei die Sicht jedoch versperrt gewesen. Seeger hält dies für eine „Schutzbehauptung“ und verweist auf die geltenden Verkehrsregeln.

„Schienenfahrzeuge haben immer Vorrang“

So sei die Rechtslage an Übergängen grundsätzlich eindeutig. Schienenfahrzeuge haben laut Straßenverkehrsordnung immer Vorrang ‒ unerheblich, ob eine Schranke da ist und ob sie funktioniert. So heißt es in § 19, dass sich ein Auto einem Bahnübergang mit Andreaskreuz nur in mäßiger Geschwindigkeit nähern darf. Wenn ein Zug kommt, müssen Autos oder Fußgänger vor dem Andreaskreuz warten.

Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass die Ermittlungen mittlerweile eingestellt wurden. Das, so der Ensdorfer, sei nun doppelt enttäuschend. Denn auch der Sommerurlaub, den das Paar im Tegernseer Tal verbrachte, bleibt ihnen unschön in Erinnerung. Besonders seine Frau leide noch unter den Nachwirkungen des Unfalls.

Von unserem zweiwöchigen Urlaub, an dessen zweitletztem Tag dieser Unfall passiert ist, blieb wenig Erholung und keine gute Erinnerung an das Tegernseer Tal zurück.

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