Zwei Tatkomplexe verhandelte das Amtsgericht in Miesbach heute. Ein Haushamer hatte zwei Mal brutal zugeschlagen, beide Male mussten seine Opfer ins Krankenhaus. Beide Male nahmen die Taten vor dem Pub „Awa’s“ ihren Anfang und wurden vor dem Bahnhofsplatz ausgeführt.
Der 24-jährige Haushamer stand schon des Öfteren vor Gericht und war auch verurteilt worden. Seine Bewährungshelferin erklärte noch bevor die Verhandlung wirklich begann, dass er unter Alkoholeinfluss die Kontrolle verliere und zum brutalen Schläger werde.
Zur Körperverletzung provoziert
Der Angeklagte beschrieb zunächst die Geschehnisse aus seiner Sicht. Erst ging es um einen Vorfall im vergangenen November. Ein Gast des Pubs habe ihn beim Rauchen vor der Tür angesprochen. „Er hat mich Labersack genannt und beschuldigt, ich würde mir Mädchen mit Drogen gefügig machen“, beschrieb der Beschuldigte den Anfang der Auseinandersetzung. Weiter:
Ich habe dem dann gesagt, er soll mitkommen und mir das nochmal ins Gesicht sagen.
Tatsächlich sei er mit dem Beschuldigten mitgegangen, obwohl er wusste, dass dieser ein Schläger mit Gefängnisvergangenheit war. Am Bahnhof wiederholte er seine Behauptungen und wurde von dem Angeklagten, wie dieser gestand, ins Gesicht geschlagen.
Das Opfer ging beim ersten Schlag zu Boden. Dort wurde der Mann weiter misshandelt. Der Angeklagte machte deutlich vor, wie er den Mann an den Haaren gepackt und mit der Faust weitere fünf, sechs Mal ins Gesicht geschlagen hat. Das Opfer selbst erklärte in der Vernehmung, er sei getreten worden, könne sich sogar noch an die Schuhe erinnern.
Schädliche Männlichkeit
Die Folge: ein Krankenhausbesuch und mehrere Platzwunden, die genäht werden mussten. Warum er denn mit dem Angeklagten mitgegangen sei, wenn er von dessen Vergangenheit gewusst habe, wollte Richter Walter Leitner wissen. Der Geschädigte erklärte:
Ich wollte wohl irgendwie meinen „Mann“ stehen.
Als Angestellter am DB-Bahnhofskiosk habe er den Angeklagten beobachtet. Daraus und aus den Erzählungen von Kunden habe er geschlossen, dass der Haushamer mit Drogen handle und sich Mädchen gefügig mache. Das finde er eine Frechheit.
Das mit dem Angeklagten nicht gut Kirschen essen ist, mussten im Mai vergangenen Jahres auch zwei Brüder aus Oberhaching mit ihrem Fürther Freund erleben, die auf einem Volksfest in Holzkirchen feierten. Zu fortgeschrittener Stunde gerieten sie mit dem Angeklagten aneinander. „Die haben mit einem Bekannten von mir Streit gehabt“, erklärte der Beschuldigte. „Es ging dabei wohl um ein missglücktes Drogengeschäft.“
Wer hat dem Opfer die Nase gebrochen?
Nach einem Wortgefecht kam es zu einem Handgemenge zwischen einem der Brüder und drei anderen Personen, darunter der Angeklagte. Der gab zu, den Oberhachinger ins Gesicht geschlagen zu haben, allerdings sei er zuerst angegriffen worden. Das Opfer trat in dem Verfahren als Nebenkläger auf und fordert 3.000 Euro Schmerzensgeld.
Allerdings ist das Opfer selbst straffällig geworden und musste aus der Justizvollzugsanstalt Laufen der heutigen Verhandlung unter Polizeibewachung zugeführt werden. Der Geschädigte erklärte, er wisse nicht mehr, worum der Streit ging und zeigte sich auch sonst wenig kooperativ.
Trotzdem wurden eine gebrochene Nase sowie ein gebrochener Gehörgang und ein perforiertes Trommelfell ärztlich belegt. Nicht geklärt werden kann, wer für diese erheblichen Verletzungen verantwortlich ist. Denn neben dem Angeklagten haben mindestens zwei weitere Personen auf den Mann eingeschlagen. Der Bruder konnte aufgrund erheblicher Gedächtnislücken nichts zur Wahrheitsfindung beitragen. Der Freund jedoch sagte aus, dass der Angeklagte nicht derjenige gewesen sei, der das Opfer aufs Ohr geschlagen habe. Trotzdem regte Richter Leitner einen Vergleich bezüglich des Schmerzensgeldes an:
Selbst wenn Sie ihn nur geschlagen haben, steht ihm ein Schmerzensgeld zu.
Man einigt sich auf eine Zahlung von 500 Euro. Damit ist aber nur der zivilrechtliche Aspekt geklärt. Acht vorherige Verurteilungen gibt es zu Eigentumsdelikten, aber überwiegend zu Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und Körperverletzung. Richter Leitner fragte den Angeklagten auch nach seinem Drogenkonsum. Dieser gab an, mittlerweile überwiegend Kokain zu konsumieren. Wie er sich das mit einem Azubi-Gehalt leisten kann, blieb ungeklärt.
In ihrem Plädoyer zeigte sich die Staatsanwältin von der Schwere der Tat überzeugt. Der Angeklagte habe sich bewiesenermaßen der vorsätzlichen, gefährlichen und sogar lebensbedrohlichen Körperverletzung schuldig gemacht. Sie glaube dem ersten Opfer, das meint getreten worden zu sein. Damit forderte sie eine Gesamtstrafe von zwei Jahren und 11 Monaten.
Verteidiger befürchtet vollständigen Absturz
Der Verteidiger sah seinen Mandanten provoziert. „Die schwerwiegenden und herablassenden Äußerungen im ersten Fall haben meinen Mandanten ausrasten lassen“, erklärte er. „Im zweiten Fall konnte nicht eindeutig geklärt werden, ob die gravierenden Verletzungen tatsächlich von meinem Mandanten verursacht wurden.“ Eindringlich forderte der Anwalt eine Bewährungsstrafe. Seinem Mandanten drohe sonst der Abrutsch. Er würde sicher seine Ausbildung nicht mehr fortsetzen und auch der Rückhalt durch den Kontakt zu seinem Kind wäre verloren.
Richter Walter kannte den Angeklagten schon aus vorherigen Verfahren. Er spricht von dessen „brutaler Ehrlichkeit“ vor Gericht. Auch heute habe er diese wieder demonstriert, in dem er vorgeführt hatte, wie er den am Boden liegenden geschlagen hatte. Richter Leitner sei aufgrund dieser Schilderung aber auch überzeugt, dass es nicht zu Fußtritten kam:
Der Angeklagte war Boxer. Er kennt die Faust. Er weiß sie einzusetzen.
Richter Leitner und die Schöffen verurteilen den Angeklagten zu einem Jahr und einem Monat Freiheitsentzug ohne Bewährung. „Sie waren auf Bewährung und haben sich davon nicht abhalten lassen“ , begründet Leitner das Urteil. „Ihre Sozialprognose ist auch nicht besser als beim letzten Mal. Da hatten sie schon einen Job. Das Kind war auch schon da. Das hat sie nicht abgehalten. Warum sollte das jetzt anders sein?“
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