Halbstundentakt für die BOB?

Verkehrstechnisch brennt es in Holzkirchen an vielen Orten: von den Staus im Ortskern bis hin zum Parkchaos am Bahnhof. Experten sehen aber auch regional Probleme und raten daher zum Ausbau von Bus- und Bahnnetz. Der Tenor am heutigen Runden Tisch Verkehr lautet daher: Bus und Bahn müssen dem Auto endlich Konkurrenz machen.

Runder Tisch Verkehr 2.0: heute wurde besonders der Schienenverkehr im Landkreis genauer unter die Lupe genommen.
Runder Tisch Verkehr 2.0: heute wurde besonders der Schienenverkehr im Landkreis genauer unter die Lupe genommen.

Neben einigen Holzkirchnern, die schon bald aktiv am Mobilitätskonzept mitwirken sollen, schmieden auch die Kommunalpolitiker in Sachen Verkehr fleißig weiter Pläne. Nachdem der erste „Runde Tisch Verkehr“ vergangenen Herbst vor allem dazu diente, die Problemherde innerhalb Holzkirchens auszumachen, nahm man heute den Schienenverkehr im ganzen Oberland unter die Lupe.

Das „integrative Gesamtmobilitätskonzept“, das die Marktgemeinde derzeit erarbeitet, verlangt auch, sofern es erfolgreich sein soll, „überregional tätig zu werden“, so Bürgermeister Olaf von Löwis. Auf die Gespräche, die am Runden Tisch im Rathaus geführt werden, sollen schließlich auch Maßnahmen folgen – deshalb hatten heute ein Verkehrsexperte sowie Vertreter der BOB und der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) Rede und Antwort zu stehen.

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Wie bereits das letzte Mal ermittelt wurde, hat Holzkirchen vor allem an „Quell- und Zielverkehr“ zu knabbern. Auch beim Blick auf die Nachbargemeinden zeigt sich, dass alle Verkehrsverbindungen nach München überlastet sind. Besonders am Wochenende und in den Ferien ist der Urlaubsverkehr auf den Bundesstraßen in Richtung Süden sehr hoch. Dem könnte besonders mit dem Ausbau des Schienenverkehrs auf einen 30-Minuten-Takt entgegen gewirkt werden, findet das Gremium.

„Von Komfort weit entfernt“

Bürgermeister von Löwis spricht von einer Art „Bewusstseinsschulung“, die unter den Bürgern einsetzen muss: nur wenn andere Verkehrsmittel endlich attraktiver als das Auto werden würden, könne sich auch etwas ändern. Und das könnte vor allem durch ein integratives Zusammenspiel von Bus- und Schienenverkehr passieren.

Bus und Bahn müssen ihr Angebot besser synchronisieren, so die Forderungen der Politiker.
Bus und Bahn müssen ihr Angebot besser synchronisieren, so die Forderungen der Politiker. / Archivbild

Wie Matthias Reintjes vom beauftragten „Stadt- und Verkehrsplanungsbüro Kaulen“ erklärt, könne Holzkirchen sich über seine Schienenverkehrsanbindung nicht beschweren. Davon träume so manch andere Kommune, so der Experte. Während die Fahrzeit in Richtung München mit dem Zug „sehr sehr gut“ ist, wäre man aber gerade in Sachen Bussystem „von Komfort weit entfernt“.

Die unregelmäßige Taktung der Orts- und Regionalbusse sowie die fehlenden einheitlichen Linien- und Tarifsysteme in und um Holzkirchen machen für Reintjes die „Nutzung nur für Insider“ möglich. Das bestehende Bussystem ist für den Experten insgesamt schwer zu überblicken – mal ganz davon abgesehen, dass es sich auch als schwierig erweist, Tickets zu buchen. Hierfür ist gerade ein Manko ausschlaggebend: es gibt kein einheitliches Informationssystem für Fahrgäste, das beispielsweise über BOB-, S-Bahn- und RVO-Verbindungen kombiniert informiert:

Die BOB-Verbindung ist zum Beispiel bei Google nicht hinterlegt: Wenn ich von Holzkirchen nach Bad Tölz will, empfiehlt mir der Routenplaner erst die S-Bahn nach München zu nehmen und dann nach Wolfratshausen zu fahren, um den Bus nach Bad Tölz zu nehmen.

Eine große Rolle für das hohe Verkehrsaufkommen in Holzkirchen spielt aber auch, dass der MVV-Bereich, der grundsätzlich die Basis des öffentlichen Verkehrs im Oberland ist, nur bis Holzkirchen reicht. Dies führe laut den Untersuchungen der Verkehrsexperten dazu, dass der Holzkirchner Bahnhof „als der Bahnhof des Oberlands“ gesehen werden kann: um den günstigeren Tarif zu bezahlen, fahren viele Pendler mit dem Auto nach Holzkirchen und steigen erst dort in den Zug nach München.

In Puncto Lösungsansatz gibt es für die Verkehrsexperten laut Reintjes „keine Denkverbote“ – alles, was denkbar ist, sollte in das Mobilitätskonzept eingebracht werden: von einer Haltestation „Holzkirchen Süd“ bis hin zur Einführung eines Ringsystems für den Busverkehr in Abstimmung mit dem Ortsbus. Da für Reintjes der Verkehr ein „regionales Problem“ sei, müssten Konzepte wie Carsharing oder Rad- und Autoverleihstationen auch über Holzkirchen hinaus angeboten werden.

BOB plant App

Auch Bernd Rosenbusch, Geschäftsführer der BOB, sieht Handlungsbedarf in Sachen Fahrplanauskunft. Schon demnächst will die BOB deshalb eine App anbieten, die einen Störfallmelder beinhaltet und dem Fahrgast zeigt, wie voll die jeweiligen Zugabteile gerade sind. Derzeit steht Rosenbusch in enger Abstimmung mit der DB-Netz, um die Pünktlichkeit der BOB im Oberland zu verbessern und in Zukunft mehr Fahrgäste befördern zu können.

Insgesamt 17 Konzepte für den BOB-Verkehr werden gerade in Zusammenarbeit mit DB-Netz berechnet und ausgewertet, um vor allem den 30-Minuten-Takt zu realisieren. Schon in sechs bis acht Wochen rechnet Rosenbusch mit ersten Ergebnissen, die er mit den Gemeinden dann besprechen will.

„Ein sehr konkretes Angebot“, findet von Löwis, der, wie er zugibt, zwar das Ziel hinter der Verbesserung des Schienenverkehrs erkennt, sich jedoch wie in einer „Sackgasse“ fühlt, da oftmals die richtigen Ansprechpartner nur schwer eruiert werden könnten. In diese Richtung tendieren ebenfalls die Wortmeldungen der Kommunalpolitiker am Runden Tisch Verkehr. Die Hoffnung ist groß, dass die verkehrstechnischen Sorgen der Kommunen im Oberland auch in Berlin gehört werden.

Bürgerorientiert handeln

Doch keine Frage, von der geplanten Elektrifizierung der Strecken, maroden Brücken und Zugübergängen, die geschlossen werden müssten, bis hin zu Bahnhöfen, die saniert und umgebaut werden sollten, gibt es noch viele infrastrukturelle Baustellen um den Personenverkehr auf Schienen im Landkreis Miesbach zu innovieren. „Schließlich kann auch ein PS-starkes Auto auf einem Feldweg nicht schnell fahren“, erklärt Hedwig Schubert von der BEG dem Gremium metaphorisch.

Holzkirchens zweite Bürgermeisterin Elisabeth Dasch ist vor allem wichtig, dass die Konzepte, die am Runden Tisch entwickelt werden, auch wirklich umsetzbar sind und am Ende „nicht in einer Schublade landen“. Gerade von kommunalpolitischer Seite aus, wäre die Bereitschaft da, an den Problemherden zu arbeiten und dann auch Erfolg einzufahren, so Dasch. Auch Klaus Thurnhuber, Kreisrat und Bürgermeister von Warngau, befürwortet die Probleme nach und nach zu lösen:

Dass die Studie zum Halb-Stunden-Takt schon läuft ist eine gute Sache. Davon haben die meisten Menschen hier schon etwas und es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Je attraktiver sich das Zusammenspiel von Fahrplan, Infrastruktur und Tarifen in Zukunft gestalte, desto besser würde es der Bürger auch annehmen, so Thurnhuber zuversichtlich. Auch von Löwis weiß: „Es ist noch viel zu tun“. Schon nach den Pfingstferien will man deshalb mittels Gesprächen mit der BOB und DB-Netz in kleiner Runde wieder anpacken – damit Bus, Bahn und Fahrrad im Landkreis Miesbach dem Kfz-Verkehr bald an den Kragen gehen.

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