Keine ernstzunehmende Alternative

Der Verkehr im Tal ist ein Dauerbrenner: kilometerlange Staus, Urlauberverkehr, scheinbar teurer öffentlicher Nahverkehr. Ideen gibt es zwar etliche, doch eine echte Lösung ist nicht erkennbar. So wäre die Beförderung mit öffentlichen Bussen ein naheliegender Ansatz zur Verkehrsentlastung.

Nur – wie attraktiv ist Busfahren eigentlich? Die RVO selbst findet ihr Angebot gut, viele Bürger klagen jedoch über niedrige Frequenz und hohe Preise.

Ist der Bus für Einheimische eine ernstzunehmende Alternative zum Auto?
Kann der Bus für Einheimische eine Alternative zum Auto sein?

„Wir sind zufrieden“, so Isidor Klarer vom Bereich Verkehr und Marketing beim Regionalverkehr Oberbayern (RVO). Die Auslastung der Busse sei gut, teilt Klarer mit. „Besonders durch die Gästekarten haben wir mehr Kunden gewinnen können.“

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Die Auslastung

Für die Tal-Gemeinden ist die Einführung der kostenlosen Busnutzung für Urlauber ein attraktives touristisches Angebot und bringt gleichzeitig eine gewisse Entlastung der Straßen mit sich. So fuhren die Gäste per TegernseeCard im Jahr 2012 insgesamt 300.000 Mal mit einem öffentlichen Bus. Im Gegenzug zahlt der Urlauber einen Kurbeitrag in Höhe von rund zwei Euro pro Tag.

Und das Angebot werde sehr gut angenommen. „Nur punktuell sind die Fahrzeuge nicht gut besetzt“, erklärt Klarer. Schwache Monate seien beispielsweise März und April sowie November und Dezember. Auch tageszeitenabhängig gäbe es Schwankungen, weiß der RVOler. Doch gerade morgens sowie zwischen 12 und 14 Uhr seien die Busse eigentlich immer voll.

Die Fahrpreise

Wenn man sich die Preise einmal ansieht, erscheint punktuelles Busfahren eher teuer. Dagegen ist die regelmäßige Nutzung ein wenig attraktiver. Eine Kurzstrecke kostet 1,45 Euro. Eine Einzelfahrt von Rottach nach Gmund schlägt schon mit 4,10 Euro zu Buche, hin und zurück ist es genau das Doppelte.

Klarer findet die Preise vertretbar – trotz etlicher Preisanstiege. Jedes Jahr hätte es Steigerungen von drei bis vier Prozent gegeben, erinnert er sich. Doch die Preise für Strom, Instandhaltung, Personal, Wartung und Fahrzeugbeschaffung sowie Diesel würden eben auch steigen. „Und das wirke sich im Endeffekt dann auf die Beförderungspreise aus.“

Angebot am Bedarf vorbei?

Klarer ist trotzdem zufrieden mit den RVO-Preisen und führt an, dass das Fahren mit dem Auto um ein Vielfaches teurer wäre. „Im Gegenzug zum Auto mit Kosten von etwa 350 Euro pro Monat wäre man mit dem Bus extrem günstig unterwegs.“ Er bringt in diesem Zusammenhang die attraktiven Bürgertarife ins Spiel. „Mobil im Tal – auch ohne Auto“ – unter diesem Motto wirbt die RVO auf ihrer Website dafür.

Auf den ersten Blick wirkt das Angebot mit 78,90 Euro für die Monatskarte nicht unattraktiv. Auch eine Zehnerkarte für 37 Euro gibt es, mit der man an zehn frei wählbaren Tagen von A nach B kommen kann. Doch könnte das Angebot eventuell am Bedarf vorbeigehen? Die Dauerkarten erfreuen sich nicht gerade großer Beliebtheit. Ein Erklärungsansatz könnte sein, dass es nur wenige Einheimische gibt, die sich nur rund um den See fahren lassen möchten. An nahtlosen Anschlüssen hapert es dann meist. Eine andere Erklärung wäre, dass die Fahrtzeiten der RVO einfach zu unattraktiv sind.

Sind die Fahrtzeiten der RVO zu unattraktiv?
Die Fahrzeiten der RVO werden oft kritisiert

Wenn man bedenkt, dass man nach 19 Uhr nicht mehr „aus Kreuth herauskommt“, dürfte es wohl kaum verwundern, dass dort hauptsächlich Autos benutzt werden. Will man um den See herum kommen, ist beispielsweise die Verbindung zwischen 18 und 22 Uhr teilweise lückenhaft. Der Fahrgast braucht dann vor allem Geduld beim Warten am Bushäuschen. Die Konsequenz: Einheimische nutzen den Bus nur selten. „Zu dem Preis und bei der Frequenz muss ich nicht in den Bus steigen,“ so Franz Z. aus Rottach-Egern.

Kostenloses Busfahren für Einheimische

Ein an sich logischer Schritt, um die Nachfrage unter den Talbewohnern zu steigern, könnte die Einführung einer Einheimischenkarte sein – gegenfinanziert über einen sehr attraktiven Jahresbeitrag, der zusätzlich durch Steuermittel subventioniert wird. So wie es die Gemeinde Templin nahe Berlin vormacht.

Grundsätzlich ist das „kostenlose“ Busfahren für Einheimische eine Möglichkeit, die sich auch der eine oder andere Tal-Bürgermeister vorstellen kann. Könnte der Bus das Auto aber überhaupt vollständig ersetzen? Rottachs Zweiter Bürgermeister Herrmann Ulbricht ist davon nicht überzeugt. Er glaubt, dass viele trotzdem auch weiterhin das Auto benutzen würden. Beispielsweise zum Einkaufen.

Tegernsee im Vergleich nicht schlechter

Bemühungen, den Verkehr im Tal erträglicher zu machen, gibt es, doch eine große Lösung ist nicht in Sicht. Allerdings sieht es auch in anderen ländlichen Gebieten nicht besser aus. Zwar dürfen am Achensee die Touristen kostenlos mit dem Bus fahren, doch die Einheimischen müssen auch hier bezahlen. Zudem rücken dort bereits um halb acht Uhr abends viele der Busse in ihr Depot ein.

Rund um den Starnberger See sieht es ähnlich aus. Immerhin kommt man hier teilweise mit der S-Bahn weiter. Und auch der Chiemsee ist bustechnisch gesehen keine Attraktion. Die Busse fahren großteils nur im Stundentakt, und um halb acht Uhr abends ist „Schicht im Schacht“.

Innovative Lösung aus der Landeshauptstadt

Wie der Öffentliche Nahverkehr attraktiver werden kann – gerade in einem Wahljahr – machen uns jetzt die Münchner vor. Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung will die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) zum nächsten Fahrplanwechsel im Dezember einen kürzeren Takt im Öffentlichen Nahverkehr einführen. Finanziert wird das nicht nur mit eigenen Geldern, sondern auch mit etlichen städtischen Millionen. So verdoppelt die Stadt ihre Zuschüsse an die MVG. Die örtlichen Stadtteilpolitiker sowie der Fahrgastverband Pro Bahn hatten sich dort für die Ausdehnung mit städtischen Geldern stark gemacht.

Mit dieser größten Angebotsausweitung sollen dann auf einigen Linien zusätzliche U-Bahnen fahren. Auch Trambahnen sollen künftig bis 22 Uhr im Zehn-Minuten-Takt kommen, die U-Bahn-Linie U2 im Nordabschnitt sogar ganztägig im Fünf-Minuten-Takt. Zudem soll es zahlreiche neue Busverbindungen geben, wie etwa einen Express-Bus im Münchner Süden. Insgesamt dehnt die MVG ihr Angebot um 4,6 Prozent aus.

Dieser optimierte Öffentliche Nahverkehr wurde „von langer Hand geplant“. Ohne die Zuschüsse würde das Angebot der MVG allerdings nicht so stark wachsen können, denn Investitionen bedeuten für einen Betrieb immer ein Risiko. Das übernimmt nun aber die Stadt. Man sei davon überzeugt, dass das verbesserte Angebot auch eine bessere Auslastung nach sich ziehen wird. Daher lobte SPD-Stadtrat Nikolaus Gradl das Leistungspaket vor Kurzem auch als „eines der besten, das wir seit Jahren beschlossen haben“.

Wie kann Busfahren attraktiver gemacht werden?
Wie kann Busfahren am Tegernsee attraktiver werden?

Zugegeben, München hat um einiges mehr Einwohner als das Tegernseer Tal. Dennoch: Ist das Finanzierungsmodell eines, das auch für das Tal funktionieren könnte? Sollten Kommunen und RVO gemeinsam über eine Verbesserung des Öffentlichen Nahverkehrs nachdenken?

Uns interessiert Ihre Meinung: Wie sollte das Angebot der RVO gestaltet sein, damit Sie selbst sagen: „Jetzt steige ich um.“?

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