Corona-Ausbruch in Seniorenheimen

Gleich zwei Seniorenheime sind vom Ausbruch des Corona-Virus betroffen. Kurz zuvor sind Teile der Senioren geimpft worden. Gibt es hier einen Zusammenhang?

Genaue Hygieneregeln beim Eingang in die Seniorenresidenz Wallberg in Rottach

In zwei Senioreneinrichtungen im Landkreis kam es seit dem Jahresbeginn zu größeren Corona-Ausbrüchen. In beiden Einrichtungen wurde kurz vorm Ausbruch geimpft. Wie hängen Ausbruch und Impfung zusammen? Diese Frage hat auch die Koordinierungsgruppe des Landkreises stark beschäftigt. Die Ärzte im Gesundheitsamt und die Verantwortlichen des Impfzentrums haben sich daher auf Spurensuche begeben. Pressesprecherin des Landratsamts Sophie Stadler betont: “Das Landratsamt möchte die Ergebnisse transparent offenlegen und jedem Bürger die Möglichkeit geben, sich selbst mit den Informationen auseinanderzusetzen, bevor man sich an wilden Spekulationen beteiligt.”

Das Landratsamt stellt folgende Informationen zusammen:

Zusammenhang der Zahlen: Positive Fälle und Geimpfte

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In der ersten Senioreneinrichtung sind inzwischen insgesamt 41 Bewohner positiv auf das Virus getestet worden. 34 von diesen 41 Bewohnern wurden geimpft. Acht Bewohner sind inzwischen verstorben, wovon sieben geimpft wurden. 24 Mitarbeiter wurden positiv getestet, von denen fünf geimpft wurden.

In der zweiten Senioreneinrichtung sind insgesamt zehn Bewohner in einem stationären und einem ambulanten Wohnbereich positiv getestet worden. Von diesen zehn Bewohnern wurden nur drei geimpft (gemäß Impfstoff-Priorisierung nur im stationären Teil). Von den neun positiv getesteten Mitarbeitern wurde niemand geimpft.

Insgesamt wurden bisher im Landkreis 1.860 Dosen verimpft. Bei den positiv getesteten und zuvor geimpften Bewohnern und Mitarbeitern der beiden Einrichtungen handelt es sich also um 2,25 % aller Geimpften im Landkreis. In den weiteren neun stationären Einrichtungen für Senioren sind bisher keine positiven Fälle bestätigt worden.

Zeitlicher Zusammenhang: Impfung während der Inkubationszeit

Die erste Impfung in der einen Senioreneinrichtung fand am 31.12. statt. An diesem Abend ging auch der erste positive Test beim Gesundheitsamt ein. Am 05.01. fand die erste Reihentestung statt, nachdem zuvor Schnelltests positiv ausfielen. Die erste Impfung in der anderen Senioreneinrichtung wurde am 02.01. vorgenommen. Der erste positive Test eines Bewohners wurde am 08.01. ans Gesundheitsamt gemeldet.

Die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen der Infektion mit dem Virus und dem Auftreten der ersten Symptome, beträgt beim SARS-CoV-2-Virus zwischen zwei und 14 Tagen. Daher müssen Kontaktpersonen auch 14 Tage in Quarantäne, weil sie so lange potentiell ansteckend sind. Aufgrund des engen zeitlichen Abstands zwischen Impfung und Ausbruch ist davon auszugehen, dass sich die Geimpften bereits zum Zeitpunkt der Impfung angesteckt hatten (also während der Inkubationszeit geimpft wurden).

Der volle Impfschutz entfaltet sich erst sieben Tage nach der zweiten Impfung. Die erste Impfdosis, die die Bewohner erhielten, hat nach Auskunft der Impfstoffentwickler wohl keinen Einfluss auf den Verlauf der Infektion. Für die Geimpften kam die Impfung also zu spät.

Personeller Zusammenhang: Gleiches Impfteam vor Ort

In beiden Einrichtungen war größtenteils dasselbe Personal des Impfteams vor Ort. Das Personal wird jedoch täglich getestet. Es gab bisher keinen positiven Befund. Es ist daher unwahrscheinlich, dass die Teams, die die Einrichtungen zum Schutz der Bewohner nur mit Ganzkörper-Schutzausrüstung betreten, das Virus in die Einrichtungen getragen haben.

Medizinischer Zusammenhang: PCR-Test misst keine Antigene

Bei dem verwendeten Impfstoff von BioNTech/Pfizer handelt es sich um einen sogenannten mRNA-Impfstoff. Die mRNA enthält den „Bauplan“ für Virusbestandteile, nämlich für Antigene. Die Zellen produzieren diese Antigene und präsentieren sie an ihrer Oberfläche. Anhand dieser Informationen auf der Oberfläche produziert das Immunsystem wiederum Antikörper zur Abwehr gegen das Virus. Wenn der Körper später mit dem Virus in Kontakt kommt, erkennt das Immunsystem das Antigen und kann somit die Infektion schnell und gezielt bekämpfen. Der Impfstoff bewirkt also, dass die Zellen mit kleinen, unschädlichen Teilchen des Virus konfrontiert werden, sodass diese „lernen“, wie sie das Virus erkennen und angreifen können.

Bei einem Standard-PCR-Test werden nicht die Antigene nachgewiesen, sondern je nach Test mehrere andere Bereiche des „Bauplans“ des SARS-CoV-2-Virus. Das RKI schließt daher aus, dass ein PCR-Test durch eine Impfung positiv wird – einfach, weil er andere Bereiche des Genoms überprüft, als von der Impfung berührt werden. Die Impfung sollte jedoch Auswirkungen auf einen Antikörpertest haben, da die durch die Impfung gebildeten Antikörper im Test nachweisbar sein sollten.

Zusammenhang zwischen Ausbruch und Qualität der Einrichtung

Ist das Virus in einer Pflegeeinrichtung ausgebrochen, ist es aufgrund des Gesundheitszustandes der Bewohner kaum mehr möglich, dieses in den Griff zu bekommen. Es ist nicht fair, einen Zusammenhang zwischen der Qualität der Einrichtung und einem möglichen Ausbruch zu ziehen. Alle Beteiligten geben ihr Möglichstes, Infektionsketten zu unterbrechen und eine weitere Ausbreitung in den Einrichtungen zu verhindern. Das Gesundheitsamt berät die Einrichtungen telefonisch und vor Ort beispielsweise hinsichtlich der Einrichtung von Pandemiezonen, der Verbesserung der Hygienemaßnahmen oder des Personaleinsatzes. Es ist jedoch trotz aller Bemühungen wahrscheinlich, dass es zu Folge-Infektionen und auch Todesfällen kommen kann.

“Der Landkreis ist bisher im Gegensatz zu den meisten anderen Regionen von Ausbrüchen in Pflegeeinrichtungen verschont geblieben. Dass nun ausgerechnet in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gleich zwei Einrichtungen betroffen sind, ist wohl leider ein trauriger Zufall”, so Stadler abschließend.

Alle weiteren Infos und Zahlen findet ihr hier.

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