Wenn auch nicht überraschend, teilen seit gestern ein Großteil der Einzelhändler und Dienstleister und deren Mitarbeiter das Schicksal der Gastronomen und Hoteliers. Sie wurden dichtgemacht. Auch im Tegernseer Tal trifft der Lockdown viele Menschen. Wie sie an ihrem letzten Arbeitstag 2020 damit umgegangen sind…
Auch wenn weiterhin Lebensmittelmärkte, Drogerien, Zeitungs- und Tabak- sowie andere Läden öffnen dürfen, trifft der verschärfte Lockdown viele Gewerbetreibende hart. Seit Mittwoch sind alle Geschäfte des “nicht täglichen Bedarfs” geschlossen. Und das sind genau die Gewerbetreibenden und Dienstleister, die sich nach den harten Einschnitten des Frühjahrs noch eine kleine Erholung durch das Weihnachtsgeschäft erhofft haben.
Dienstag, kurz vor Toresschluss
Auch die Einzelhändler im Tegernseer Tal trifft der zweite Lockdown hart. Sehr hart. Das so herbeigesehnte Weihnachtsgeschäft wird dadurch fast komplett ausgebremst. Existenzen sind bedroht und noch ist trotz baldigem Impfbeginn noch keine Besserung in Sicht. Wir haben mit einigen unserer Dienstleister noch am Dienstag-Abend gesprochen.
18:00 Uhr – 15.12.2020 – Gmund
Vor dem LIONS BARBER SHOP stehen mindestens acht wartende Männer. Und im Laden ist auch schon die erlaubte Personenzahl versammelt. Zwei haben es schon mit Maske auf das Wartesofa geschafft. Drei weitere Kunden werden bedient. Wir lassen die Friseure arbeiten. Kommen vielleicht später noch einmal vorbei.
18:05 – 15.12.2020 – Gmund
In der Drogerie Bayerschmidt steht der Chef hinter der Kasse und die Mitarbeiterinnen verpacken kunstvoll die Weihnachtseinkäufe. Vereinzelt betreten Kunden den Laden. “Wir hatten die letzten beiden Tage bis 20:00 Uhr geöffnet. Das hat sich gelohnt”, erzählt Peter Bayerschmidt. “Besonders am Montag hat man gespürt, dass das Fest näher rückt”, fährt er fort, während er bei einem Kunden kassiert.
Umso trauriger stimmt es ihn, dass jetzt bald alles vorbei sei für 2020. Als alteingesessener Betrieb hätte er zwar durch die nach über 50 Jahren bestehende Stammkundschaft bessere Aussichten als andere Geschäfte, aber auch seine Situation sei grenzwertig. “Diese Zeit ist für alle sehr schwer. Gastronomie und Hotels sind ja schon seit längerem vom Lockdown betroffen – nun auch wir”.
(Anmerkung der Redaktion: Gestern hatten die Parfümerien im Landkreis noch geöffnet, weil die Entscheidung der Regierung hier unklar war. Heute wurde auch hier der Riegel vorgeschoben.)
18:55 Uhr – 15.12.2020 – Bad Wiessee
Bei SPORT ESTNER sind noch ein paar Kunden im Laden. Das Angebot ist groß und bietet vieles, was sich Groß und Klein unter dem Baum wünschen könnte. “Ich bin enttäuscht von unseren Politikern”, sagt Inhaber Johann Estner verbittert. Natürlich habe er mit der erneuten Schließung gerechnet. Allerdings hätte er gehofft, dass diese Maßnahme erst nach dem 20.12. in Kraft treten würde.
Zwar wäre der Umsatz in den letzten Tagen sehr gut gewesen, aber das würde die nun eintretenden Verluste nicht wettmachen. “Existenzbedrohend” nennt Estner die Entscheidungen in Berlin und München. Auf die Frage, ob die versprochenen Hilfen eine Entlastung für seinen Betrieb bedeuten, meinte er abschließend:
Schauen Sie sich doch mal um, die ganze Ware hier bleibt im Laden hängen. Da komme ich mit den Hilfen auch nicht weit. Nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
19:15 Uhr 15.12.2020 – Bad Wiessee
Im Blumenladen UNARTIG wird aufgeräumt. Kunden sind keine mehr da. Trotzdem nimmt sich Geschäftsführer Roman Risken die Zeit, mit der Tegernseer Stimme zu reden. “Erst die Espressobar und jetzt schließen wir den gesamten Laden. Das ist hart. In der Vorweihnachtszeit machen wir Blumenhändler unser bestes Geschäft”, erzählt er.
Allerdings treffe der Lockdown sie nicht unvorbereitet. Sie hätten eigentlich schon auf die Entscheidung der Politik gewartet. “Was sollen wir machen?”, fragt er. “Wir sind das kleinste Rad im Uhrwerk”. Zum Glück habe man aber einen festen Kundenstamm. Die Kunden seien auch schon am Montag durch den Newsletter informiert worden, wie es ab jetzt weitergehe.
19:35 Uhr 15.12.2020 – Tegernssee
Bei SPIELWAREN KRÖMER sind auch um diese für Tegernsee durchaus ungewohnte Ladenöffnungszeit noch Kunden im Laden. Der Umsatz sei in den letzten Tagen gut gewesen, geben die beiden Verkäuferinnen Auskunft. Doch seien sie schon traurig, dass es nun für dieses Jahr vorbei sei. Dabei sei es doch eh schon schwer genug, sich neben den großen Online Anbietern zu behaupten.
Wahrscheinlich werden jetzt noch mehr Einheimische die Weihnachtsgeschäfte im Netz bestellen.
Doch da mischt sich prompt die anwesende Kundin in das Gespräch ein: “Ich kaufe nicht online. Habe ich noch nie und werde ich auch nicht”, verspricht sie. Und führt noch fort, dass sie es einfach liebe, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen und Geschenke zu finden. Das sei im Internet ja so gar nicht möglich. Beim Transport der Einkäufe zum geparkten Auto half ihr eine der Angestellten.
19:55 Uhr – 15.12.2020 – Gmund
Zurück in Gmund. Vor dem LIONS BARBER SHOP warten immernoch mindestens fünf geduldige Männer auf ihren letzten Haarschnitt im Jahr 2020. Von einer Mitarbeiterin der Parfümerie Bayerschmidt haben wir erfahren, dass die “fleißigen Jungs” vom Barber Shop über ihre sozialen Kanäle versprochen haben, allen die Haare zu schneiden, die noch eine neue Frisur vor dem Jahreswechsel benötigen. Das sagt alles! Wir lassen die Barber in Ruhe ihr Versprechen einlösen…
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