Das 12. Bergfilm-Festival in Tegernsee war von Kontrasten geprägt. Gestern war der große Abschluss im Barocksaal. Für den neuen Tegernseer Bürgermeister gleichzeitig die Chance, nach vorn zu blicken.
Stille. Man kann nicht alle Fragen wie aus der Pistole geschossen beantworten. Heinz lässt sich Zeit, in Ruhe zu überlegen. Und was er denkt, spiegelt sich in seiner Mimik wider. Da braucht es keine Worte, nur Zeit, um in Ruhe zu beobachten, wie sich die Mundwinkel bewegen und wie die Augen, die zweifelsohne schon sehr viel gesehen haben, aufblitzen.
Diese Zeit lässt Filmemacher Benedikt Kuby seinem Publikum in der Dokumentation „Der Bauer bleibst Du“ – nicht nur einmal, sondern 104 Minuten lang. „Es ist eine Kamera, die Gesichter zum Sprechen bringt, auch wenn gerade kein Wort gesprochen wird“, schreibt die international besetzte Jury in ihrer Begründung. Der Film erfasst die Welt dieses Bauern mit einer außergewöhnlichen Sensibilität, es gibt keine Stelle, die gestellt oder unglaubwürdig wirkt. „Es ist selten, dass eine Jury einfach nur fasziniert ist“, schildert Juror Helmut Scheben.
Doch bei diesem Film war es so, und es war sofort allen klar, dass der Große Preis der Stadt Tegernsee an diese Produktion gehen muss.
Der Kontrast zu „Cerro Torre – Nicht den Hauch einer Chance“, dem Gewinner des Preises des Deutschen Alpenvereins für den besten Alpinfilm, könnte kaum größer sein, sei es in Bezug auf das Budget, die Crew, die Machart. Einzige Gemeinsamkeit: Beide Filme bewegen die Zuseher zutiefst. „Cerro Torre ist fast wie ein Blick in die Zukunft des Bergfilms“, so Festival-Direktor Michael Pause vom Bayerischen Rundfunk. „Daran wird man sich künftig orientieren.“
Der Inhalt des Films ist vielschichtig: Gezeigt wird nicht „nur“ die erste freie Begehung des Cerro Torre, sondern auch die Entwicklung des Extremkletterers David Lama vom Wunderkind zum reifen Alpinisten. Momente des Scheiterns werden ebenso thematisiert wie die spannende Geschichte dieses Berges. Behutsam wird außerdem die Leistung des Kamerateams am Cerro Torre mit eingeflochten. „Von Heldentum ist dabei wohltuend wenig die Rede, obwohl die Leistung aller Beteiligten heldenhaft ist“, so die Jury in ihrer Begründung.
Preis für „Die Butterlampe“ – und für die Arbeit der Jury
Dass die international besetzte Jury völlig unabhängig von den Veranstaltern agiert, zeigt die Preisvergabe in der Kategorie „Lebensraum Berg“: „Die Butterlampe“ von dem tibetischen Filmemacher Hu Wei wurde eigentlich aus dem Wettbewerb genommen, da der Berg in diesem kurzen Film über einen tibetischen Wanderfotografen keine Rolle spielt. „Da wir uns klar als Bergfilm-Festival positionieren, legen wir auf dieses Detail natürlich auch besonderen Wert“, begründet Festival-Direktor Michael Pause diese Entscheidung.
Im Hochland von Tibet gedreht, sah die Jury den Bezug zum „Berg“ hingegen sehr wohl als gegeben und setzte den Film auf die Siegerliste. „Es ist für uns selbstverständlich, dass hier die Jury das letzte Wort hat und nicht das Organisationsteam oder ich als Direktor“, erklärt Pause.
Regelrecht vom Winde verweht wurden wohl einige Gäste zu Beginn des Festivals, als in manchen Filmsälen Plätze unbesetzt blieben. Doch mit der strahlenden Herbstsonne füllten sich auch die Kinos wieder nach und nach. Mit einem neuen Besucherrekord ist in diesem Jahr trotzdem nicht zu rechnen. Der Tegernseer Bürgermeister Johannes Hagn zeigt sich trotz allem zufrieden mit dem Verlauf:
Es war Spitzenklasse und es hat sich wieder gezeigt, dass sich die Stadt Tegernsee als Veranstalter voll auf das Organisationsteam rund um Festival-Direktor Michael Pause verlassen kann. Zweifellos: Er ist das Gesicht dieses Festivals.
Außer Frage stehe, dass das Bergfilm-Festival auch unter seiner Regie Bestand habe. „Ich stehe voll und ganz dahinter.“ Ziel sei es, in Europa mit den renommierten Bergfilm-Festivals in Trient und Graz gleichzuziehen und trotzdem den besonderen Charme zu wahren. „Die Leute müssen sich darum reißen, hier dabei sein zu dürfen“, hofft Hagn. Auf dem Weg dorthin müsse vor allem in die Technik investiert werden – „da ist noch Luft nach oben“.
Hier noch alle Siegerfilme der 12. Ausgabe des Bergfilm-Festivals:
Großer Preis der Stadt Tegernsee
»Der Bauer bleibst Du« von Benedikt Kuby (Deutschland)
Preis des Deutschen Alpenvereins für den besten Alpinfilm in der Kategorie »Erlebnisraum Berg«
»Cerro Torre – Nicht den Hauch einer Chance« von Thomas Dirnhofer, Philipp Manderla (Österreich)
Bester Film in der Kategorie »Lebensraum Berg«
»La lampe au beurre de Yak (Die Butterlampe)« von Hu Wei (Frankreich)
Bester Film in der Kategorie »Naturraum Berg«
»Dar Josejo-ye Palang-e Irani (Persischen Leoparden auf der Spur)« von Fathollah Amiri (Iran)
Otto-Guggenbichler-Nachwuchspreis
»Vigia« von Marcel Barelli (Schweiz)
Lobende Erwähnungen (undotiert)
»The Sensei« von Josh Lowell, Peter Mortimer, Nick Rosen (USA)
»Bylot Island« von Sébastian Devrient (Schweiz)
»High Tension (Hochspannung am Everest)« von Josh Lowell, Peter Mortimer, Nick Rosen, Zachary Barr (USA)
Publikumspreis
»Der Bauer bleibst Du« von Benedikt Kuby (Deutschland)
SOCIAL MEDIA SEITEN