Durchschnittlich alle vier Minuten trifft ein Notruf in der Zentrale des Oberbayerischen Polizeipräsidiums ein. Deren Chef Robert Kopp, wollte diese Zahl im Februar letzten Jahres mit einer Kampagne weiter erhöhen und den Bürgern so die Scheu vor der 110 nehmen. „Jede Sekunde entscheidet“, erklärte Robert Kopp letztes Jahr. Er hatte mit einer ähnlichen Aktion in München bereits gute Erfahrungen gemacht. Jetzt sollte die „Notrufoffensive 110″ auch in Oberbayern Süd umgesetzt werden: “Leider stellen wir immer wieder fest, dass Leute nicht anrufen”, so der Polizeipräsident, „obwohl es angebracht wäre.“
Aktion soll Leute motivieren
In den meisten Fällen würden sich die Leute nicht trauen, um die Nummer nicht unnötig zu benutzen, so Kopp. “Viele kennen aber auch die Notrufnummer der Polizei einfach nicht”. Dabei seien die Anrufe, die in der Notrufzentrale eingehen, ein unverzichtbarer Beitrag zur Verbrechensaufklärung, aber auch zur Gefahrenabwehr, betonte Kopp zum Start der Aktion.
So wurden letzten Februar im ganzen Gebiet des Polizeipräsidiums, dass mit 9.178 Quadratkilometern dreimal so groß wie das Saarland ist und rund 1,25 Millionen Einwohner zählt, Wahrnehmungsplakate angebracht und Flyer verteilt. Auch in den sozialen Netzwerken auf Facebook und Twitter wurde die Kampagne veröffentlicht. Einen konkreten Anlass gab es für die Aktion 2016 nicht, doch laut Kopp bemerkten die Beamten voriges Jahr ein “Abrutschen des Sicherheitsgefühls” bei den Bürgern.
Doch trauen sich durch die Aktion jetzt wirklich mehr Bürger die 110 zu wählen? “Ja” sagt der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Andreas Guske und erklärt:
Die Leute haben heute weniger Scheu vor der 110. Meldungen über verdächtige Wahrnehmungen haben deutlich zugenommen. Toll ist beispielsweise, dass uns Bürger anrufen, wenn sie unbekannte Personen im Garten des Nachbarn beobachten.
Auch nach der Aktion würde man durch die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei versuchen, die Botschaft in die Köpfe der Leute zu bringen, dass solche Notrufe wirklich wichtig seien, so Guske. Es gebe sogar eine sogenannte “110-Belohnung”.
Vorbildliches Verhalten lohnt sich
Heißt, die Beamten versuchen Bürger, die einen Notruf tätigen, richtig reagieren und damit zur Aufklärung eines Falles beitragen, zu belohnen. Dabei werden dem Anrufer 110 Euro und ein Dankschreiben überreicht. “Es ist nur eine kleine Anerkennung und symbolisch gedacht”, so Guske. Doch nicht immer könne die Belohnung ausgesprochen werden. Oft seien die Bürger, die sich melden auch Zeugen vor Gericht und dürften als Person nicht in die Öffentlichkeit gezogen werden. Die Belohnung durch die Polizei gebe es dann im Nachgang.
“Wir können nicht ohne die Bürger und sie nicht ohne uns. Wir sind ein Team”, so Guske. Vor allem beim Thema Wohnungseinbruch sei die Polizei auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen und könne Fälle schneller auflösen, wie ein Beispiel im letzten Jahr zeigte.
Nicht gleich auflegen
In der Rosenheimer Innenstadt kam es 2016 zu einem versuchten Wohnungseinbruch, der durch einen Anruf vereitelt werden konnte. Nachbarn hatten unter „110“ die Polizei verständigt. Umgehend wurde eine Streife zu einem Einfamilienhaus geschickt, in das gerade eingebrochen wurde. Die Beamten konnten den Einbrecher samt seiner Beute noch im Haus stellen und verhaften. Guske betont:
Bürger brauchen auch keine Angst zu haben, dass durch den Notruf irgendwelche Kosten verursacht werden. Ob ein Notfall oder eine wichtige Information vorliegt, ist subjektiv. Deswegen gehen wir von der Einstellung des Anrufers aus. Das ist wichtig. Nur bei gezielten Falschmeldungen an die Polizei gibt es Probleme.
Melden könne man alles, was einem verdächtig erscheine. Von fremden Personen, verdächtig geparkten Autos oder auffälligen Geräuschen mitten in der Nacht. „Wenn Bürger sich Sorgen machen, kommen wir”. Die Notrufzentrale sei rund um die Uhr mit mindestens zehn Beamten besetzt, erläuterte Polizeidirektor Gerhard Schusser letztes Jahr. Einen Tipp gibt er, falls die Leitungen doch mal besetzt sind:
Nicht direkt auflegen, wenn man in der Warteschleife ist.
Bei einem erneuten Anruf müsse man sich quasi wieder anstellen. Nur in dem äußerst seltenen Fall, dass man ein Besetzt-Zeichen höre, müsse man erneut anrufen.
So war also nicht nur die Vorreiter-Aktion in München ein Erfolg, sondern auch bei uns im Oberland. Zum Schluss gibt Pressesprecher Guske noch einen Hinweis an die Bürger: “Anrufen, anrufen, anrufen!”
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