“Damals verlor ich einen guten Freund”

“Wir haben uns durch das Fliegen kennengelernt. Hannes war ein sehr gewissenhafter und akkurater Pilot. Bei ihm habe ich mich immer sicher gefühlt und auf unseren gemeinsamen Flügen hatten wir jedesmal viel Spaß. Es ist nicht nur ein großartiger Pilot von uns gegangen, sondern ich habe auch einen tollen Menschen und sehr guten Freund verloren.”

Verena Ehmann 2007 in Augsburg mit der Maschine von Hannes H. die drei Jahre später in Warngau abstürzen sollte. /Bild: Ehmann, privat
Verena Ehmann 2007 in Augsburg, mit der Maschine von Hannes H. kurz vor einem gemeinsamen Flug. Nur drei Jahre später sollte die Maschine in Warngau abstürzen / Bild: Ehmann, privat

Die aktuellen Bilder sind nicht leicht für Verena Ehmann. Nachdem der Untersuchungsbericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) zu dem Flugunglück 2010 in Warngau veröffentlicht wurde, ist die Tragödie von damals wieder ins Bewusstsein der Tegernseerin gerückt.

Den Unfall wird Ehmann wahrscheinlich nie vergessen. Doch mittlerweile hat sie den nötigen Abstand gewonnen und kann über das Erlebte sprechen, wie sie selbst sagt. Im September 2010 musste sie mit ansehen, wie ihr guter Freund Hannes H. vor ihren Augen, in einem brennenden Flugzeug zu Boden stürzte:

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Ich kann mich an vieles nicht mehr erinnern. Ich weiß nur noch, dass ich meinen Sohn am Kragen gepackt habe und geschrien hab: “Hannes ist ausgestiegen”. Danach war ich gnädigerweise im Schockzustand.

Jetzt, sechs Jahre später, vermutet sie aber, dass Hannes H. zum Aussteigen gar keine Möglichkeit mehr geblieben sei. “Ich denke er war durch den Aufprall sofort tot, sonst wäre er ausgestiegen und hätte den Fallschirm gelöst. Das hätte ihm in dieser Höhe zwar ein paar Knochenbrüche gekostet, aber es wäre möglich gewesen”.

Sie und der Pilot hatten sich durch das Fliegen kennengelernt. Ehmann, leidenschaftliche Passagierin bei Kunstflügen, wollte unbedingt mal mit einer Maschine vom Typ “FH Extra” fliegen – “und Hannes hatte so eine”, erzählt sie. Damit begann die enge Freundschaft. Gemeinsame Flüge nach Augsburg wurden zum Hobby, bei dem sie mit der Zeit ihre ganz eigenen Rituale entwickelten: “Traditionsgemäß sind wir von Augsburg heim, immer in Rückenlage geflogen”, erinnert sich Ehmann lachend.

Tegernseerin stellte Kontakt zu Motorfliegerclub her

Hannes’ Traum wäre immer eine eigene private Kunstflugstaffel gewesen. So gründete er mit drei weiteren Piloten – darunter auch Alex S. – die Staffel “Gravity 9”. Ehmann kannte die Gruppe und fand die Kunststücke toll zum anschauen. Deswegen erzählte sie Alois Wiefern, Vorstand des Warngauer Motorfliegerclubs von der Staffel und stellte den Kontakt her. So entstand erst die Idee zu der Flugshow in Warngau.

An besagtem Tag, den 18. September 2010, hatten die anderen Kollegen der “Gravity 9” keine Zeit. Daher kam Pilot Hannes H. nur mit seinem Freund Alex S. in Warngau an, der sich bereit erklärt hatte, bei der Show mitzumachen, so Ehmann. “Man hat gemerkt, Hannes freut sich auf die Show”.

Kurz vor dem Flug gingen die Piloten ihr Programm nochmal hochkonzentriert am Boden durch. Eine Trockenübung, an die sich Ehmann noch ganz genau erinnert:

Das sieht immer etwas lustig aus, wenn die Piloten da in Kreisen und Kurven rumrennen, aber so können sie im Kopf die Formationen durchgehen und nochmal genau abspielen, wann sie das Lenkrad wie halten müssen. An dem Tag ist mir aufgefallen, dass Hannes extrem lange dafür brauchte und das Programm immer wieder durchgegangen ist.

Da sie die beiden aber nicht aus ihrem Konzept bringen wollte, rief sie ihm kurz vor dem Start nur “fly save” und “wir sehen uns am Sonntag” zu und stellte sich in die Zuschauerreihen. Dann geschah das Unglück.

In Rückenlage von Augsburg heim: Das Lieblingsritual von Hannes H. und Verena Ehmann. /Bild: Ehmann, privat
In Rückenlage von Augsburg heim: Das Lieblingsritual von Hannes H. und Verena Ehmann / Bild: Ehmann, privat

Nach dem Unfall machte sich Ehmann lange Vorwürfe, den Kontakt zwischen Hannes und den Warngauern hergestellt zu haben. Doch nach der langen Zeit hat sie mittlerweile erkannt, dass hier zwei erwachsene Piloten in ihre Flugzeuge gestiegen sind, die wussten auf welches Risiko sie sich einlassen.

Jeder Sport hat sein Risiko – nur der Flugsport verzeiht einen Fehler vielleicht ein einziges Mal oder eben gar nicht.

Von den Vorwürfen aus dem Unfallbericht der BFU, dass der verfügbare Flugraum zu klein gewesen wäre, sei sie sehr überrascht gewesen. In ihren Augen habe der Veranstalter alle Sicherheitsrichtlinien befolgt und alle nötigen Genehmigungen und Papiere eingeholt. Das sieht auch Vorstand Alois Wiefern so:

Das der Vorführraum zu klein gewesen ist, sehen wir anders. Die Waldgrenze war viel weiter hinten, als eigentlich gesetzlich gefordert. Das Programm haben wir uns auf Video im Vorfeld angeschaut, das war damals auch noch keine Verpflichtung, sich das einmal vorfliegen zu lassen. Wir wollten einfach nur eine schöne Veranstaltung machen. Es ist für uns äußert schwierig, dass jetzt alles wieder aufgefrischt wird. Für mich persönlich sind Flugshows Geschichte. Ich werde in dieser Richtung nichts mehr machen.

Wie die stellvertretende Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft München II, Andrea Grape, auf Nachfrage bestätigt, laufe in dem Fall von Warngau derzeit kein Ermittlungsverfahren. Der Untersuchungsbericht würde der Staatsanwaltschaft noch nicht vorliegen. Ein Referent prüfe aber, ob hier in der Vergangenheit schon mal gegen Unbekannt ermittelt worden sei.

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