Das Fremde findet langsam seinen Platz

Aktualisierung vom 30. Mai / 16:31 Uhr
Händeringend sucht das Landratsamt derzeit nach Orten, an denen Asylbewerber untergebracht werden können.

Für mindestens 150 Neuankömmlinge brauchen die Behörden in diesem Jahr Platz. 30 Flüchtlinge sollen in Weyarn Platz finden. Im August könnte dann auch der Platz für weitere 50 in Holzkirchen bereit sein.

Auf dem Feld gegenüber des neuen Gymnasiums könnten Unterkünfte für Asylbewerber entstehen.
Auf dem Feld gegenüber des Gymnasiums sollen die Container für die Unterbringung der Asylbewerber stehen.

Die mobilen Unterkünfte für die rund 50 Flüchtlinge sollen an der Ecke Rosenheimer / Erich-Kästner-Straße entstehen. Der Grund für die Verzögerung liegt darin, dass das Grundstück in der Nähe des neuen Gymnasiums noch nicht für Wohnen ausgelegt ist.

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So muss die Gemeinde wie im April berichtet zuerst für das Areal einen Bebauungsplan aufstellen. Laut Landratsamt sei mit der Erteilung des endgültigen Baurechts nicht vor Mitte Juli zu rechnen. Die 50 Personen könnten dann eventuell schon im August in den Containern einziehen.

Dabei erklärte Holzkirchens Integrationsbeauftragte, Maria Korell bereits im April auf Nachfrage gegenüber der Holzkirchner Stimme, dass die Unterbringung in Wohncontainern alles andere als schlecht sei.

Das hört sich viel schlimmer an, als es ist. Die Asylbewerber sollen anständig leben – besser in einem sauberen Container als in einem sanierungsbedürftigen Haus.

Mittlerweile stehen auch die 40 vom Landratsamt organisierten Container bereit. Ab Ende Juni sollen diese dann nach Holzkirchen gebracht und auf dem Grundstück zwischengelagert werden.

Ursprünglicher Artikel vom 10. April mit der Überschrift: “30 Asylbewerber kommen nach Thalham”
Die Aufnahme von Flüchtlingen ist ein sensibles Thema. Dem Unbekannten begegnen viele noch mit Vorbehalten. 200 Asylbewerber, verteilt auf neun Gemeinden, leben derzeit im Landkreis Miesbach. In Holzkirchen wurde bislang noch kein einziger Flüchtling aufgenommen – die Suche nach einem geeigneten Standort war schwierig. Doch nun deutet sich eine Lösung an: Im Sommer will man knapp 50 Flüchtlinge gegenüber des neuen Gymnasiums unterbringen.

Seit Mittwoch sind Asylbewerber in der Miesbacher Turnhalle untergebracht.
Im vergangenen September waren Asylbewerber unter anderem in der Miesbacher Turnhalle untergebracht.

Im Landkreis befinden sich derzeit 200 Asylbewerber, davon die meisten in Miesbach (58), Fischbachau (36) und Hausham (35). Doch bislang wurde noch kein einziger Flüchtling in Holzkirchen aufgenommen. Der Grund dafür ist die schwierige Herbergssuche. Zunächst suchte man bei privaten Grundstücksbesitzern – jedoch ohne Erfolg. „In Holzkirchen gibt es einfach keinen Wohnraum“, erklärt Holzkirchens Integrationsbeauftragte, Maria Korell.

Schließlich sollten Asylbewerber im Dezember letzten Jahres am Ladehof, also am Bahnhof in der Nähe des Skateparks, in Wohncontainern untergebracht werden. Diese Wohncontainer seien nicht schlecht, wie Korell sagt. „Das hört sich viel schlimmer an, als es ist. Die Asylbewerber sollen anständig leben – besser in einem sauberen Container als in einem sanierungsbedürftigen Haus.“

Die Möglichkeit am Bahnhof erschien vielversprechend, scheiterte jedoch an den Lärmschutzbedingungen. So hätten die Wohncontainer von einem vier Meter hohen Schutzwall umzäunt werden müssen, um den Bahnhofslärm abzuschirmen. Dies forderte die Immissionsschutzbehörde.

Doch die damit verbundenen Kosten wären für Landkreis und Gemeinde zu hoch gewesen, immerhin werden von der Regierung Oberbayerns lediglich die Unterbringungskosten erstattet. Außerdem wäre für den Wall eine Extra-Statik sowie eine Genehmigung der Bahn nötig gewesen, was zu einem langwierigen Prozedere hätte führen können. Der Aufnahmeprozess hätte sich dadurch zusätzlich verzögert. So ging die Suche erneut los.

Neuer Standort

Nun gibt es einen neuen möglichen Standort für die Unterkünfte: So sollen die Container gegenüber des neuen Gymnasiums errichtet werden, wie Gabriele Dorby vom Landratsamt bestätigt. Hierzu bedarf es allerdings eines Bebauungsplanes. Das Verfahren führt Holzkirchen selbst durch. „Erst wenn das Verfahren abgeschlossen ist, kann mit der Errichtung der Container begonnen werden. Dies wird wohl im Sommer soweit sein“, so Dorby.

Bürgermeister Josef Höß hatte stets betont, dass jede Gemeinde, also auch Holzkirchen, ihren Beitrag zur Flüchtlingshilfe leisten müsse. Eine Meinung, die die Gemeinderatsmitglieder teilen. „Jeder Beschluss zu diesem Thema fiel im Gemeinderat einstimmig“, betont Korell. Überhaupt sei die Bereitschaft zur Flüchtlingsaufnahme vor Ort sehr groß:

Es gibt viele Ehrenamtliche, die nur darauf warten, dass es los geht. Mehr als 30 Vereine engagieren sich für die Aufnahme von Asylbewerbern in Holzkirchen. Das läuft ganz toll hier im Ort.

Auf die Flüchtlinge sei man „hervorragend“ vorbereitet. Wie Korell sagt, habe man bereits eine Willkommensmappe auf Englisch als „Ersthilfe“ erstellt. Zudem freue sich ein großer Pool an Ehrenamtlichen darauf, den Flüchtlingen bei der Bewältigung des Alltags zu helfen. Das Angebot reiche von der Sprachförderung über Sportangebote bis hin zur ärztlichen Betreuung.

Zur Professionalisierung der Hilfeleistung ist außerdem eine Steuerungsgruppe geplant. Diese soll unter anderem die Hilfeleistung der Ehrenamtlichen koordinieren. Für fachkundige Unterstützung sorgt insbesondere auch Claudia Ueffing, Professorin für angewandte Sozialwissenschaften an der Fachhochschule München. Ueffing begleitet das Integrationsprojekt und bringt Fachwissen mit. „Wir sind richtig gut aufgestellt“, sagt Korell, die sich über das „Know-How“ der Professorin freut.

Die Angst vor dem Unbekannten

Dabei ist, dieser positiven Grundstimmung zum Trotz, das Thema Asylbewerber durchaus ein sensibles. Dass die Aufnahme von Fremden auch Ängste wecken kann, zeigte sich beispielsweise in Dürnbach, wo die Anwohner letztes Jahr Forderungen stellten. Viele fürchteten Aggressionen, die aufkämen, wenn viele Menschen auf engstem Raum zusammen wohnten. Eine Anliegerin fürchtete sich vor „lauter Männern.“

Auf dem Feld gegenüber des neuen Gymnasiums könnten Unterkünfte für Asylbewerber entstehen.
Auf dem Feld gegenüber des neuen Gymnasiums könnten Unterkünfte für Asylbewerber entstehen.

Wie steht es mit solchen Ängsten in Holzkirchen? Korell sagt, dass offiziell nichts Negatives an sie herangetragen worden ist. Dennoch wisse sie, dass natürlich darüber geredet werde. Allerdings leben in Holzkirchen ohnehin schon Menschen aus 78 Nationen zusammen, der Ausländeranteil beträgt mindestens acht Prozent. „Holzkirchen ist ein gutes Beispiel dafür, dass man mit einer großen Nationenvielfalt friedlich zusammenleben kann“, sagt Korell. Es sei wichtig, dass sich die Kulturen gegenseitig kennenlernten.

Aus welchen Ländern die Asylbewerber stammen und wie lange sie bleiben, ist momentan noch nicht bekannt. Doch Korell ist sich sicher: „Das wird ein Thema sein, dass uns bleibt.“

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