Das Geschäft mit dem Kürbis

Derzeit sieht man sie oft an der Straße: Die Kürbisverkaufsstände. Anders als beim Supermarkt kauft man hier mit gutem Gewissen ein. Direkt vom “kleinen Bauern” an der Ecke. So zumindest der erste Eindruck. Tatsächlich ist der Kürbis an den Ständen nur wenig regional. Und der “kleine Bauer” ist in Wirklichkeit ein Konzern.

An der B318 gibt es gleich zwei Stände, an denen man Kürbiss kaufen kann
An der B318 gibt es gleich zwei Stände, an denen man Kürbisse kaufen kann

Schmackhaft und rund, der Kürbis hält gesund, so heißt es. Und vor allem gehört er einfach zur herbstlichen Jahreszeit. Sorten wie Hokkaido, Muskat de Provence, Butternut und den Halloween-Kürbis findet man nicht nur im Supermarkt, sondern auch am Straßenrand.

Ein mobiler Kürbisstand am Ortsrand von Warngau wird von der Familie Lohner betrieben. Seit 1986 kultivieren sie neben Spargel auch Kürbisse. Ein kleiner Familienbetrieb aus der Region, möchte man meinen. Doch der Schein täuscht. Hinter den mobilen Kürbisständen steckt ein großer Konzern. „Wir sind Marktführer in ganz Bayern auf diesem Gebiet“, weiß Peter Gutmann vom Spargelhof Lohner.

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Und auch aus der Nachbarschaft ist der Betrieb nicht wirklich. Der Sitz ist im bayrischen Inchenhofen zwischen Schrobenhausen und Aichach. Der Grund ist, dass Spargel und Kürbisse bei uns kaum angebaut werden. In der Hallertau hingegen, wo vor allem der Hopfen gut gedeiht, sprießt auch der Spargel aus dem Boden.

„Schwarze Schafe sind immer dabei“

„Der Anbau von Spargel und Kürbissen im Wechsel bietet sich uns geradezu an“, weiß Gutmann. Auf ihrem fünf Hektar großen Areal bauen die Lohners deswegen nach der Spargelernte Kürbisse an. „Kürbis ist die ideale Folgefrucht, sie gibt die Energie wieder an den Boden zurück“, erklärt er die Akquise.

Verkauft wird dieses “willkommene Nebenprodukt” dann an Verkaufsständen wie in Warngau. Verkäufer sucht man hingegen vergebens. Dafür fordert ein Schild zum Bezahlen auf:

Wir vertrauen auf Ihre Ehrlichkeit. Die Produktion ist mit viel Handarbeit und Maschineneinsatz und daher mit hohem Kostenaufwand verbunden. Bitte seien sie so ehrlich und zahlen sie die vollen Geldbeträge in die Kasse.

Doch die Praxis sieht oft anders aus. „Nur 50 bis 60 Prozent unserer Kunden sind ehrlich und bezahlen den vollen Betrag für die Ware“, schätzt Peter Gutmann vom Inchenhofener Kürbislieferant. Die ehrlichen Kunden zahlen somit für die Unehrlichen mit.

„Schwarze Schafe“ gäbe es immer, glaubt Gutmann. Der Verkauf an den mobilen Ständen lohnt sich für den Konzern trotzdem. So habe einmal ein sehr ehrlicher Kürbiskäufer angerufen und um die Bankverbindung der Firma gebeten. „Er habe kein Bargeld bei sich und würde das Geld für die Kürbisse gerne überweisen“, erinnert sich Gutmann.

B318 als lukrativer Standort

„Den Warngauer Stand betreut unser Chef Sepp Lohner sogar selbst.“, sagt Peter Gutmann. Der Standort an der B318 erweise sich als idealer Platz an „einer viel befahrenen Straße und guten Parkmöglichkeiten“. Dass sich der Stand umsatzstark zeigt, liegt wohl auch daran, dass auf der Strecke viele Pendler aus dem Tegernseer Tal nach München fahren. Hierzu kommen auch die vielen Ausflügler aus dem Raum München, die Richtung Alpen unterwegs sind.

So hält ein Münchner Ehepaar „ganz spontan aus Lust am Kürbis an“. Bei den zwei US-Amerikanern Simon und Susan, die in München studieren, kommen sofort heimatliche Gefühle auf: „Bei uns verkaufen die Farmer auf dem Land auch die Kürbisse zur Halloween-Zeit“. Dass die Kürbisse nicht aus der unmittelbaren Region kommen, verstehen sie nicht. Eine junge Mutter beklagt sich derweil über einen anderen Stand:

Die meisten Exemplare sind schon halb verrottet und als Massenprodukte genauso teuer wie im Biomarkt.

Dennoch kauft sie ihrem Sohn den Kürbis zum Schnitzen am Straßenrand. Sie schmunzelt, „er ist zwar nicht Bio, aber es ist ein anderes Gefühl ihn hier zu kaufen als im Supermarkt – irgendwie spannender“. Genau das ist wohl das Erfolgsrezept der mobilen Kürbisstände.

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