Zusehends tragen die Holzkirchner Unternehmen immer weniger zum Finanzhaushalt bei. Um die versiegenden Einnahmequellen zu ersetzen, setzt man in der Marktgemeinde auf Wachstum – im Gewerbe und von der Anzahl der Einwohner. So sollen sich beispielsweise im neuen Gewerbegebiet Föching weitere Unternehmen ansiedeln – und mit ihnen “hochqualifizierte” Arbeitskräfte. „Bosch“ machte den Anfang. Stichwort: Einkommenssteuer.
Bürgermeister und Gemeinderat entscheiden, falls Grundstückseigner, welche Betriebe zum Zug kommen. Weniger Einzelhändler- oder Logistik-Unternehmen sollen sich in Holzkirchen ansiedeln. Der Fokus liegt eher auf Forschungs-, Entwicklungs-, Handwerks- und Produktionsunternehmen.
Hochbezahlte Fachkräfte kommen auf diese Weise nach Holzkirchen. Das lässt sich die Gemeinde einiges kosten, da sämtliche Infrastrukturbereiche ausgebaut werden müssen. Auch neues Bauland wird ausgewiesen, sowie der Ort mehr und mehr verdichtet. Ein finanzieller Teufelskreis.
Rasanter Flächenverbrauch
Derzeit wächst Holzkirchen jährlich um rund 100 Einwohner. Das Ziel, das im Jahr 2005 gesteckt wurde, wird damit deutlich unterschritten. Die magische Grenze von 200 neuen Einwohnern pro Jahr soll vor allem durch attraktiven Wohnraum erreicht werden. Der könnte dann auch in Erlkam, am Flachsfeld, auf dem Bauhof- und Postbräu-Areal entstehen.
Fast fertig sind inzwischen rund 60 Wohnungen auf dem ehemaligen Baywa-Gelände. Bürgermeister Olaf von Löwis nennt den Schlüssel zum Vorgehen „kontrolliertes Wachstum“. Durch Verdichtung will man der Wohnungsknappheit entgegenwirken. Dass das allen Schichten zu Gute kommen wird, davon ist Löwis überzeugt:
Bis jetzt haben wir eine finanzstärkere Klientel angezogen. Als Förster wünsche ich mir in Holzkirchen – so wie im Wald – eine ‘wohlsortierte’ Mischung mit verschiedenen Bürgergruppen. Das könnten wir durch mehr Geschossbau erreichen. Aber das ist kein Wunschkonzert.
Dass Wohnen in Holzkirchen kein Wunschkonzert ist, zeigen auch die neuerrichteten Wohnungen auf dem Baywa-Gelände. Zwischen 4.500 und 5.000 Euro kostet hier der Quadratmeter Wohnfläche. Für „Normalos“ kaum erschwinglich, beklagen sich viele Einheimische. Trotzdem waren die meisten Wohnungen schon vor Fertigstellung des Rohbaus verkauft, berichtete Rene Höber, Projektleiter des Bauträgers Thomas Vilgertshofer GmbH, auf Nachfrage der Holzkirchner Stimme. Für Höber ein Indiz, dass Wohnraum im Ort dringend benötigt werde.
Im Zuge der Ortsverdichtungsmaßnahmen, sollen auch auf dem angrenzenden Grundstück der Schreinerei Vogel 36 neue Eigentumswohnungen entstehen. Langfristig will die Gemeinde eine Umgestaltung der Münchner Straße in Angriff nehmen. Die neuen Wohngebäude können rückwärtig erschlossen werden, sodass der Fußgängerhöhenweg auf absehbare Zeit autofrei werden könnte. Auch ein Anliegen der Regierung von Oberbayern, die die Gemeinde aufgefordert hat, mehr städtebauliche Förderung in Anspruch zu nehmen.
Holzkirchens Vorzüge: die Alpen vor der Haustür, Nähe zur Großstadt München, vielfältige Freizeitangebote, guter Schulstandort sowie optimale Verkehrsanbindungen. Das lässt die Kosten für Wohnraum – ob gemietet oder gekauft – in die Höhe schnellen. Wer nicht in das Raster für eine Sozialwohnung fällt, muss oft horrende Summen berappen. Die Baugenossenschaft Holzkirchen will für moderate Preise sorgen: rund sieben Millionen Euro wurden ausgegeben, um Mietblocks in der Tegernseer Straße zu renovieren. Im Gespräch sind auch Neubauten auf einem 1.400 Quadratmeter großen Areal an der Birkenstraße.
Weitere Projekte geplant
Lieber den Innenraum des Orts verdichten, als weiter in die Breite gehen und Wiesen verlieren, so das Credo vieler Gemeinderäte. „Das Bauhofgelände hinter der Polizei und Feuerwehr ist in Gemeindebesitz und zudem zentrumsnah“, weiß Robert Wiechmann (Die Grünen). Er plädiert für die Förderung des Mietsektors und „gegen die Subvention von Einheimischen-Programmen“. Man wolle Wohnen und nicht Bauen ermöglichen, so Wiechmann.
Doch nicht nur der Bauhof soll umziehen, eventuell auch der Wertstoffhof, das Eisstadion und die dazugehörige Parkfläche. Auf dem Postbräu-Areal könnten schon Mitte nächsten Jahres die Bauarbeiten starten. Die Gemeinde plant auf ihren angrenzenden Grundstücken nachzuziehen. Zwar stellt das für Karl Herbst vom Bauamt vorerst noch „Zukunftsmusik“ dar, insgesamt könnten hier aber rund 100 neue Wohnungen entstehen. Die Bebauung wird aber „separat passieren“, erklärte Herbst der HS.
Geht es also weg von der Beschaulichkeit eines Marktes hin zur Anonymität einer Stadt? Auch 2015 wird der Bauboom in Holzkirchen anhalten – alles andere als ein “Wunschkonzert” für viele Einwohner.
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