Vom rosaroten Scheich-Haus zum lindgrünen Kloster

Das Umdenken in den Gemeinden in Fragen der Gestaltungssatzung nimmt im Tal weiter Fahrt auf. Besonders die Stadt Tegernsee drückt aufs Gaspedal. Wohin geht die Reise?

Vielen Tegernseer ein Dorn im Auge – das rosarote Scheichhaus in Tegernsees Süden / Quelle: Redaktion

In der letzten Stadtratssitzung haben die Tegernseer Räte die überarbeitete neue Gestaltungssatzung verabschiedet. Diese tritt umgehend nach Erlass in Kraft. Neuregelungen wird es besonders bei der Größe von Photovoltaikanlagen (PV) auf den Hausdächern geben. Zudem werden die im Rat, wie sich in der Sitzung deutlich herauskristallisierte, immer noch kontrovers diskutierten PV-Balkonanlagen für Mieter (wir berichteten) in Zukunft erlaubt sein.

Ergänzend werden die Regelungen für Stellplätze in der Stadt angepasst, die Beleuchtungsfrage in die Satzung aufgenommen und verschiedene Neuregelungen, die die Gartengestaltung betreffen, aktualisiert. Für Häuslebauer wird die neue Gestaltungssatzung bei Inkrafttreten auf der Internetseite der Stadt veröffentlicht.

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Farblich alles erlaubt?

Allerdings wird man in den neuen Vorgaben vergeblich nach Regeln für die Farbgestaltung für die Gebäude in Tegernsee suchen. So groß die “Harmonie” bei den funktionellen, bautechnischen und energetischen Fragen war, so weit gingen die Meinungen bei der Festlegung der farblichen Gestaltungsvorgaben in der Stadt auseinander. Als logische Konsequenz wird es auch dazu keinen Passus in der neu gefassten Gestaltungssatzung geben. Jedenfalls vorerst nicht, wie Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) erklärt:

Ich bin an den RAL Farben gescheitert. Aber wir haben ein Buch zu Farblehre bestellt.

Das Scheitern gibt Tegernsees Bürgermeister freimütig zu. Seit dem Krieg lebe man in Tegernsee nun ohne einen in der Gestaltungssatzung festgelegten Farbkatalog für die Fassadengestaltung. Für alle, die es nicht wissen: Die RAL-Farben umfassen das gesamte Spektrum der bekannten Farben. Insgesamt 2.540 Farbtöne. In der Klassik Variante sind es nur 216 unterschiedliche, doch davon allein beziehen sich 14 auf die Nicht-Farben Schwarz und Weiß. RAL 1021 (Rapsgelb) ist beispielsweise die Goldfarbe in der deutsche Flagge. Hingegen ist RAL 3024 die Farbe, die den bundesdeutschen Feuerwehrautos die leuchtend rote Farbe verleihen.

Einige Stadträte, unter ihnen Markus Staudacher (Grüne), haben bis zur Abstimmung über die Neufassung der Gestaltungssatzung um die Aufnahme der städtischen Farbvorgaben gekämpft. So ist für Staudacher eigentlich nur ein Weiß oder ein gebrochenes Weiß tragbar im Stadtbild. Und eben das Kloster-gelb als Tegernsee-spezifische Farbe. Zusätzlich verweist Staudacher auf die Handhabung der Fassadengestaltung in den Nachbarseegemeinden.

Rottach, Kreuth und Bad Wiessee reglementieren die Farbauswahl in ihren Gestaltungssatzungen.

Staudacher hat auch durchaus Beispiele für Farbausrutscher in petto. So ist für ihn die Villa in Tegernsee Süd von Mohammed Sahoo Al Suwaidi (s.o.) ein Negativbeispiel für eine Farbwahl in der Stadt Tegernsee. “Ich denke, wir sollten solchen Geschmacksverirrungen einen Riegel vorschieben.” Das nächste Haus sei dann vielleicht grasgrün oder lila. Florian Kohler (Bürgerliste) war der Meinung, dass es darum gehen sollte, allzu aggressive und intensive Farben aus dem Stadtbild zu verbannen.

Auch Thomas Mandl (SPD), ist überzeugt, man solle sich in der Gestaltungssatzung auf nur zwei Farben festlegen. Eben die, die am besten zur Tradition des Ortes passen würden. Einen eher launigen Beitrag in der Diskussion streute noch Andreas Feichtner (CSU):

Wusstest ihr eigentlich, dass das Kloster auch schon mal lindgrün war?

Allen Geschmacksvorlieben zum Trotz wies Andreas Obermüller (FWG) darauf hin, wie schwierig es tatsächlich sein werde, eine rechtssichere Formulierung für die Tegernseer Farbenlehre zu entwickeln: Es sei ja ganz toll, was man sich im Stadtrat so ausdenke, aber ob ein solcher Passus dann im Zweifelsfall auch vor Gericht standhalte sei, wie alle wissen, eine ganz andere Sache. “Sehr schwierig, das rechtssicher zu formulieren und zu begründen”, erklärte Obermüller.

Nach einigen weiteren Diskussionen zu ‘Was ist noch ok oder was geht eher gar nicht?’ nahm Bürgermeister Hagn den Faden wieder auf. “Da wir hier auf keine kompromissfähige Lösung kommen, schlage ich vor, das Thema mit in unsere geplante Klausurtagung zu nehmen.” Der Rathaus-Chef versprach, wenn möglich, einen Farbfachmann einzuladen. Dann könne man die Thematik in aller Ruhe gemeinsam klären. Anschließend verabschiedete das Gremium mehrheitlich die neue Gestaltungssatzung.

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